Gericht

15-Jähriger tot: Bedingte Haft für Polizisten

Zu zwei Monaten Haft auf Bewährung – wegen fahrlässiger Tötung – ist jener Polizist am Mittwoch vom Bezirksgericht Tamsweg verurteilt worden, der vor 15 Monaten einen 15-jährigen Mopedlenker im Lungau überfahren und getötet hat. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der Polizist bekannte sich vor Gericht nicht schuldig. Er bestritt, bei der Verfolgungsjagd einen zu geringen Sicherheitsabstand eingehalten zu haben. Andere Polizisten, die im Unfallfahrzeug waren, sprachen vor Gericht von mindestens drei Autolängen Abstand zum Mopedlenker. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Verteidiger des Polizisten meldete volle Berufung an. Die Bezirksanwältin gab keine Erklärung ab.

Der Beschuldigte drückte bei Prozessbeginn sein „tiefstes Bedauern“ gegenüber der Familie des toten Burschen aus.

Anklage: „Keine gebotene Sorgfalt“

Die Bezirksanwältin warf dem Beschuldigten vor, er habe die im Straßenverkehr gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen. Der Abstand des Polizeifahrzeuges zum Mopedlenker sei zu gering gewesen. Verteidiger Kurt Jelinek konnte das nicht nachvollziehen. Sein Mandant sei im gleichbleibenden und ausreichenden Abstand hinter dem „auffrisierten“ Moped hergefahren.

ABD0011_20230222 – TAMSWEG – …STERREICH: Am Bezirksgericht Tamsweg muss sich am Mittwoch, 22. Februar 2023, ein Polizist wegen des Vorwurfs der fahrlŠssigen Tštung verantworten. Im Bild: Der Angeklagte vor Beginn des Prozesses. – FOTO: APA/VERA REITER
APA/Vera Reiter
Der angeklagte Polizist am Mittwoch vor dem Bezirksgericht in Tamsweg

Anwalt: „Sorgfaltsmaßstab überstrapaziert“

„Aufgrund der Besonderheiten dieses Sturzes ist es zu dem Unfall gekommen. Der Sorgfaltsmaßstab wird hier überstrapaziert“, so Anwalt Jelinek. Sein Mandant habe Erste Hilfe geleistet und mit der Reanimation des Verunfallten begonnen, die zunächst auch erfolgreich verlaufen sei, dann sei der Bursch leider verstorben. „Aus strafrechtlicher Sicht ist mein Mandant freizusprechen“, forderte der Rechtsanwalt.

Andere Polizisten als Zeugen

In dem Streifenwagen saßen neben dem Lenker noch ein weiterer Polizist auf dem Beifahrersitz und eine Polizistin auf der Rückbank. Die beiden wurden als Zeugen von Bezirksrichterin Elvira Gonschorowski-Zehetner einvernommen. Der damalige Beifahrer erklärte, der Lenker des VW-Busses sei im gleichbleibenden Abstand nachgefahren, ohne den Mopedfahrer zu bedrängen: „Das Ziel der Nachfahrt war, ihn irgendwann sicher anhalten zu können.“

Heftige Kritik der Familie an Exekutive

Die Mutter des Verstorbenen hatte der Polizei vorgeworfen, sie hätte damals anders reagieren können. Weil den Beamten der Name des Lenkers ihrer Meinung nach bekanntgewesen sei, hätte man die Verfolgung abbrechen können. „Er hätte seine Strafe bekommen, das Mofa wäre abgenommen worden, und die Sache wäre erledigt gewesen“, sagte die Frau der „Kronen Zeitung“. Und Opferanwalt Stefan Rieder sagte, „hätte die Polizei ihn nicht derart verfolgt, wäre der Bursch nicht so schnell gefahren und auch nicht gestürzt“.

Rieder ortete Sorgfaltsverstöße bei der Polizeiarbeit und sogar einen gewissen „Jagdtrieb“ bei den Beamten, wie er im Vorfeld des Prozesses erklärte.

Langes Tauziehen der Justiz

Um diesen Todesfall wurde in der Justiz schon lange gerungen. Zuerst wurden die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Polizisten überhaupt eingestellt. Der Anwalt der Hinterbliebenen erreichte jedoch die Wiederaufnahme. Dann wurde der Polizist wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Das Bezirksgericht Tamsweg sah aber grob fahrlässige Tötung, damit wäre das Salzburger Landesgericht zuständig gewesen.

In Tamsweg viel geringerer Strafrahmen

Der Verteidiger des Polizisten erreichte in der Folge dennoch, dass der Fall endgültig in Tamsweg verhandelt wird. Am Landesgericht hätten dem Polizisten bei einem Schuldspruch wegen grob fahrlässiger Tötung bis zu drei Jahre Haft gedroht. Beim Bezirksgericht mit „einfacher“ fahrlässiger Tötung reicht in solchen Fällen die Strafdrohung bis zu einem Jahr Gefängnis.