Heinrich Schellhorn bei Interview im „Salzburg heute“-Studio
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Politik

Pflegeskandal: Grüne verlieren zentrale Figur

Die Kritik nach dem Pflegeskandal im SeneCura-Seniorenheim in Salzburg-Lehen kostet den Sozialreferenten und Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn (Grüne) seine Ämter in Landesregierung und Partei. Er verkündete Freitagmittag seinen Rücktritt. Nachfolgerin wird die bisherige Stadträtin Martina Berthold.

Wie der 61-Jährige am frühen Nachmittag bei einem Pressegespräch sagte, ziehe er damit die Konsequenzen für die vor zwei Wochen bekanntgewordenen Missstände in einem SeneCura-Pflegeheim in der Stadt Salzburg. Am frühen Abend teilten die Grünen mit, dass die bisherige Stadträtin Martina Berthold die Nachfolgerin von Schellhorn in der Landesregierung werde. Die Amtsübergabe soll am 9. November erfolgen.

Berthold hatte schon von 2013 bis 2018 eine Legislaturperiode als Landesrätin in der Regierung gesessen, ehe sie in die Stadtpolitik wechselte.

Schon länger Gerüchte

Gerüchte über einen zwangsweisen Rückzug Schellhorns gab es schon seit Erscheinen des Berichts der Volksanwaltschaft zu dem SeneCura-Heim. Darin wurden nicht nur schwere Pflegemängel kritisiert – mit unterernährten, verwahrlosten und bis auf die Knochen wundgelegenen alten Menschen – sondern auch die Heimaufsicht des Landes Salzburg. Diese sei nicht eingeschritten, sondern habe es bei Empfehlungen bewenden lassen, so die Volksanwaltschaft. Und die Heimaufsicht gehört zum Sozialressort von Schellhorn.

Deswegen gab es schon länger vereinzelte Rücktrittsforderungen an Schellhorn – zum Beispiel von der Salzburger FPÖ. Diese hatte der Sozialreferent in einem „Salzburg heute“-Interview am 8. September jedoch zurückgewiesen.

Martina Berthold bei ORF Interview
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Die grüne Stadträtin Berthold folgt Schellhorn nach

Koalitionspartner Haslauer lobt Schellhorn

Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) sagte zum Rücktritt seines Vizeregierungschefs und Koalitionspartners: „Ich persönlich bedauere den Abgang von Heinrich Schellhorn. Wir haben uns menschlich gut verstanden und konstruktiv zusammengearbeitet.“

Klambauer: „Schätze ihn sehr“

Ähnlich reagierte Schellhorns zweite Koalitionspartnerin, die Landesrätin Andrea Klambauer (NEOS): „Ich habe mit ihm sehr gut und lösungsorientiert zusammengearbeitet. Auf der persönlichen Ebene schätze ich sein freundliches Wesen und seine Verlässlichkeit.“

SPÖ: „Rücktritt zwei Wochen zu spät“

Die Salzburger SPÖ teilte dazu mit, Schellhorns Rücktritt sei unvermeidbar gewesen, mache den Pflegeskandal aber nicht ungeschehen. Landesparteichef David Egger sieht die Nachfolgerin des grünen Parteichefs gefordert, „umgehend den hinterlassenen Scherbenhaufen zusammenzuräumen“.

Schellhorns Abschied komme zwei Wochen zu spät und scheine nicht wirklich freiwillig zu erfolgen: „Immerhin übernimmt er nun die Verantwortung, dafür verdient er Respekt. Das Austauschen von Köpfen reicht jedoch nicht. Nach der Landtagswahl braucht es bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte und mehr Ressourcen für die Heimaufsicht.“

FPÖ: „Regierungspartner putzen sich ab“

Die Salzburger Freiheitlichen mit Parteichefin Marlene Svazek kritisieren die führende Regierungsmacht ÖVP sowie die NEOS als Teil der Koalition. Diese Parteien würden sich an Schellhorn abputzen und nichts gegen die massiven Missstände im gesamten Pflegebereich tun. Grundlegende Reformen und bessere Bezahlung der Pflegekräfte seien dringend notwendig.

Kritik an Jobwechsel von Berthold

Der Salzburger Vizebürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ) kritisierte den absehbaren Wechsel der grünen Stadträtin Martina Berthold in die Landesregierung – als Nachfolgerin von Schellhorn: „Sie und ich haben gerade im Bildungsbereich viele gemeinsame Herausforderungen zu bewältigen.“ Bei zahlreichen anstehenden Projekten dürfe es wegen dieser Personalrochade bei den Grünen zu keinen Verzögerungen kommen, forderte der rote Vizebürgermeister.

NEOS fordert Rücktritt von SPÖ-Hagenauer

Auch die für Pflege und Soziales zuständige SPÖ-Stadträtin Anja Hagenauer müsse nach diesem Skandal zurücktreten – nicht nur der Grüne Schellhorn. Das fordert der NEOS-Mandatar Lukas Rößlhuber: „Ich respektiere die Entscheidung von Heinrich Schellhorn, er stolperte aber über einen roten Pflegeskandal. Nun wird es Zeit, dass auch die rote Stadträtin Hagenauer die Konsequenzen zieht! Sie muss zurücktreten.“

Salzburger Pflegeskandal: Schellhorn tritt zurück

Die Kritik nach dem Pflegeskandal im Senecura-Seniorenheim in Salzburg-Lehen kostet den Sozialreferenten und Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn (Grüne) seine Ämter in Landesregierung und Partei. Er verkündete heute seinen Rücktritt.

Grüner Spitzenkandidat für Landtagswahl weg

Die Personalrochade stellt die Grünen im Vorfeld der am 23. April 2023 kommenden Landtagswahl vor große Probleme. Schellhorn war erst am 2. Juli bei der Landesversammlung mit mehr als 91 Prozent der Stimmen zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl gewählt worden. Seine Nachfolgerin Berthold äußerte sich Freitagabend in „Salzburg heute“ zu den Vorgängen:

Baustadträtin Berthold zu Schellhorns Rücktritt

Baustadträtin Martina Berthold von der Bürgerliste ist zu Gast im Studio und spricht über den Rücktritt von Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn (Grüne). Die Kritik nach dem Pflegeskandal im Senecura-Seniorenheim in Salzburg-Lehen kostet Schellhorn seine Ämter in Landesregierung und Partei. Er verkündete Freitagmittag seinen Rücktritt.

Von Hallein aus gestartet

Schellhorn war seit Juni 2013 Mitglied der Salzburger Landesregierung – und seitdem auch für das Sozialressort zuständig. Im Landesparteivorstand der Salzburger Grünen saß er seit 2005. Seine politische Karriere startete der gebürtige Zillertaler in der Stadtgemeinde Hallein (Tennengau). Dort saß er zwischen 1994 und 2004 in der Stadtregierung.