Im erweiterten Stadtratskollegium war man sich Montag weitgehend einig. Der Makartsteg soll künftig Mark-Feingold-Steg heißen.
Eine Umbennung der Churfürststraße kommt für alle Fraktionen nach dem Vortrag des Direktors des Stadtarchivs nun eher nicht in Frage.
Preuner: „Steg prominenter als Straße“
Während es neben dem Makartsteg auch noch den fast angrenzenden Makartplatz und den Makartkai in Salzburg-Lehen gibt, wäre mit einer Umbennung der Churfürststraße auch das Andenken an das Kurfürstentum Salzburg vorüber, sagt Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP): „Feingold war ein Brückenbauer, hat sich in seinem ganzen Leben dafür eingesetzt. Der Makartsteg ist wesentlich prominenter positioniert als die Churfürststraße. Und wenn man künftig über den Marko-Feingold-Steg drübergeht, dann kann man damit wesentlich besser die Geschichte erzählen als mit einer einzelnen Hausnummer in der Churfürst-Straße.“
Drei Parteien: Kein Beschluss gegen Witwe
Allerdings haben sich KPÖ, Grüne und SPÖ am Montag klar dafür ausgesprochen, keine politische Entscheidung gegen den Willen der Witwe zu treffen, sagt Vizebürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ): „Man kann auf beiden Seiten des Stegs in schönen Stelen das Wirken von Marko Feingold in mehreren Sprachen darstellen. Man kann den Steg auch als Ausstellungsfläche verwenden. Auch das ist ein neuer Aspekt, der heute gekommen ist. Gegen den Willen von Frau Feingold das durchzudrücken, das wäre mir echt ein Schritt zu viel, muss ich ganz ehrlich sagen.“
Hanna Feingold: „Steg als sehr vergängliche Notlösung“
Eine Umbennung des Makartstegs wäre jedenfalls gegen ihren Willen, das machte Hanna Feingold am Montag klar: „Wo ich kein Haus und keine Adresse habe, das wäre ein Federstrich, um das bei Bedarf wieder abzuschaffen. Der Makartsteg ist in meinen Augen keine Ehrung für meinen Mann, sondern eine Notlösung.“
Und auch wenn der Makartsteg von Touristen stark frequentiert wird, bleibe er für die Salzburger nach so vielen Jahrzehnten wohl immer der Makartsteg, so die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde: „Das wird sicher hundert Jahre dauern, bis das im Gedächtnis der Salzburger ist. Wenn es überhaupt so lange hält.“
Eine längere politische Diskussion über die Umbennung wird es wohl nicht mehr geben, wenn es nach Bürgermeister Preuner geht: „Wir haben uns eine breite Mehrheit gewünscht. Es gibt jetzt eine knappe. Und dann müssen wir der knappen zum Durchbruch verhelfen.“
Bereits nächste Woche könnte im Gemeinderat der endgültige Beschluss über eine Umbennung des Makartstegs fallen.
Was bisher geschah
Der Salzburger Marko Feingold war mit 106 Jahren der älteste Überlebende des Holocaust in Österreich und Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in der Landeshauptstadt. Der Modehändler und Sozialdemokrat hatte die vier NS-Todeslager Auschwitz, Neuengamme, Dachau und Buchenwald überlebt. Er half nach dem Krieg tausenden jüdischen Emigranten und trat bis zuletzt als Aufklärer, Mahner und Versöhner in Erscheinung.
Befürworter und Gegner
Die Witwe von Marko Feingold, Hanna Feingold, wünscht sich weiterhin eine Umbenennung der Churfürststraße in die Marko-Feingold-Straße. Zuletzt habe es Widerstand gegen eine Umbenennung der Churfürststraße gegeben, heißt es aus der Stadtregierung. In verschiedenen Medien erschienen Leserbriefe von Gegnern. Daneben gibt es zahlreiche Menschen in Salzburg, die für eine Umbenennung der Churfürststraße sind.
Blicke ins Archiv: Neuer Vorschlag für Straßenbenennung
Die Stadt Salzburg hat im Juli 2020 den insgesamt 442. Stolperstein bekommen – zur Erinnerung an den Rabbiner von Salzburg, der 1938 von den Nazis vertrieben wurde. Gleichzeitig gab es in der Diskussion um eine Straße für den 2019 verstorbenen Marko Feingold eine Wendung – mehr dazu in salzburg.ORF.at (16.7.2020)
Feingolds letzte Debatte
mit Salzburger Politikern fand im Herbst 2018 zu diesem Thema statt – via salzburg.ORF.at und ORF Radio Salzburg:
- Existenz der Jüdischen Gemeinde bedroht
Die Israelitische Kultusgemeinde Salzburg wird immer kleiner und ist in ihrer Existenz bedroht. Die meisten Mitglieder sind schon älter oder hochbetagt. Salzburgs Juden hoffen auf Hilfe der Politik, um ein künftiges Ende ihrer Gemeinschaft abzuwenden – mehr dazu in salzburg.ORF.at (29.10.2018)
- Gemischte Reaktionen: Israelische Experten für Salzburg?
Salzburgs SPÖ auf Landesebene, Grüne, NEOS, Teile der ÖVP und die Uni machen nun Vorschläge, um die gealterte Israelitische Kultusgemeinde zu retten. Einige Politiker befürworten den Zuzug junger Wissenschaftler und Techniker aus Israel – mehr dazu in salzburg.ORF.at (12.2.2019)
- Seine Stimme nachhören
Marko Feingold als Gast im Radio Cafe von ORF Salzburg zu seinem 105. Geburtstag – gesendet am 26.5.2018. Story mit Link zu MP3-Stream der längeren Sendung
- Gedenken an jüdische Flucht über die Alpen
Einer unglaublichen Flucht über das Hochgebirge beim Krimmler Tauernpass wird alljährlich in Salzburg gedacht. Im Sommer 1947 waren rund 5.000 Juden vom Pinzgau über die Alpen marschiert. Fluchthelfer war damals Marko Feingold, Überlebender von vier NS-Konzentrationslagern – mehr über eine dieser Gedenkveranstaltungen in salzburg.ORF.at (23.6.2017)
- Gedenkturnier für jüdische Fußballer
Im Herbst 2011 ging es ihm um die Erinnerung an jüdische Salzburger Fußballer der Zwischenkriegszeit, die in Konzentrationslagern umkamen. Jugend heute in Europa: Feingold machte im Herbst 2011 in Hallein den Anstoß für ein besonderes Fußballturnier. Es spielten Tennengauer Teams gegen eine jüdische Kinder-Mannschaft aus München – mehr dazu in salzburg.ORF.at (30.10.2011)