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Flugbild: Gerald Lehner
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Politik

Neues Gesetz soll Ausverkauf der Heimat stoppen

Nach dem vernichtenden Prüfbericht des Rechnungshofes über die Grundverkehrskommissionen im Pinzgau wollen Landespolitiker mit neuen Gesetzen den „Ausverkauf der Heimat“ stoppen. Der Landtag soll Spekulation und illegale Zweitwohnsitze als Gesetzgeber noch heuer „effektiv bekämpfen“. Den Druck erhöht hat auch ein Urteil des Höchstgerichtes.

Es geht um ein neues Salzburger Grundverkehrsgesetz und die weitere Novelle des erst 2018 unter der damals zuständigen Regierungspolitikerin Astrid Rössler (Grüne) erneuerten Raumordnungsgesetzes. Freitag präsentierte der nunmehr ressortzuständige Landesrat Josef Schwaiger (ÖVP) die aus seiner Sicht nötigen Reformpläne bei einem Pressegespräch – nachdem Teile der Bevölkerung in den Bergregionen schon seit Monaten und Jahren gegen den Ausverkauf der Heimat an Spekulanten, Investoren und Großgrundbesitzer protestiert hatten.

Rechtliches Erdbeben in vergangenem Juli

Den nun angekündigten Gesetzesänderungen ging im Sommer ein juristisches Erdbeben voraus: Der Verfassungsgerichtshof in Wien hob im vergangenen Juli die nachträgliche Legalisierung von rund 3.000 Zweitwohnsitzen in Salzburg durch das Raumordnungsgesetz von 2018 auf. Dieses Gesetz verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, so die Höchstrichter. Landesrat Schwaiger sprach in seiner Reaktion auf das Urteil von 1.500 Wohnsitzen, die dadurch wieder illegal seien.

Welche Änderung erzwang das Höchstgericht?

Das neue Paket soll noch heuer im Landtag beschlossen werden und im Jahr 2023 in Kraft treten. Es definiert laut Landesrat „klar und deutlich, wer unter welchen Bedingungen zukünftig Grün- und Bauland in Salzburg erwerben kann und wie dieses genutzt wird“. Erstmalig würden nun „Grundverkehrsgesetz, Baurecht und Raumordnungsgesetz ineinander greifen“.

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Landauf und landab wachsen Chalet-„Städte“ neben traditionellen Salzburger Bergdörfern aus dem Boden – seit vielen Jahren unter den Augen von Politik und Verwaltungsbehörden

Keine Enteignungen, stattdessen Geld zurück

Das neue Gesetz sei so definiert, dass de facto keine zusätzlichen Chaletdörfer und Zweitwohnsitze mehr entstehen können, sagt Landesrat Schwaiger. Beim Kauf von Liegenschaften und Wohnungen sei künftig eine Positiverklärung zur Nutzung als Hauptwohnsitz erforderlich.

Der Käufer oder die Käuferin müsse nachweisen, dass sich sein Lebensmittelpunkt auch dort befindet. Falls innerhalb der vorgegebenen Frist der Hauptwohnsitz nicht nachgewiesen werde, gehe man behördlich in die Versteigerung. Der Käufer werde nicht enteignet, er bekomme sein Geld zurück. „Die Mechanismen sind scharf gestellt“, so Ressortchef Schwaiger.

Zweitwohnsitzbeschränkungsgemeinden werden ohne Ausnahme festgelegt. Zweitwohnungen, die nach dem 1. März 1993 und vor dem 1. Jänner 2019 als solche genutzt werden, können nur noch an Angehörige übertragen werden. Im „grauen Grundverkehr“ werden auch Fristen für die Aufnahme der Nutzung gesetzt: ein Jahr für ein bebautes Grundstück, fünf Jahre bei umfassender Sanierung eines Gebäudes, sieben Jahre für unbebaute Grundstücke.

Rechnungshof kritisierte illegale Machenschaften

Novelliert werden soll auch die Grundverkehrskommission. Der Landesrechnungshof hatte 2022 unter anderem kritisiert, dass diese im Pinzgau das Gebot der Rechtsstaatlichkeit „weitgehend missachtet“ hätte. Dokumentationen bei den Entscheidungen über Grundverkäufe fehlten oder seien mangelhaft gewesen.

Der SPÖ-Landtagsklub hatte den Rechnungshof Ende 2019 mit der Überprüfung der Tätigkeit der Kommissionen beauftragt und nach Vorliegen des Berichtes eine Sachverhaltsdarstellung bei der Justiz eingebracht. Die Oberstaatsanwaltschaft Linz ermittelt derzeit in dieser Causa.

Landesweite Kommission: Bezirkskaiser entmachtet?

Die Novelle sieht eine weisungsfreie und landesweit zuständige Grundverkehrskommission unter der Leitung eines Grundverkehrsbeauftragten statt bisher fünf Bezirkskommissionen vor. Das vereinfache den Vollzug von Rechtsgeschäften, sagte Schwaiger. Wenn das Gesetz beschlossen wurde, könne ein Beauftragter bestellt werden.

„Schlupflöcher der Vergangenheit schließen“

In dem Gesetzespaket wird der „grüne Grundverkehr“ (landwirtschaftliche Flächen) und der „graue Grundverkehr“ (Bauland und Immobilien) neu geregelt. Salzburg sei hier österreichweit Vorreiter, betonte der Landesrat. Die Schlupflöcher der Vergangenheit seien geschlossen, „so konsequent wie wir ist kein anderes Bundesland“.

Die Devise lautet: Bauernland soll in Zukunft in Bauernhand bleiben. Was den „grünen Grundverkehr“ betrifft, so muss der Käufer ein Bewirtschaftungskonzept vorlegen, die Nutzungspflicht beträgt 15 Jahre. Bei einer erklärungswidrigen Nutzung droht die Versteigerung. 75 Prozent des Grundstückes müssen selbst bewirtschaftet werden.

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Großgrundbesitzer in Schranken weisen?

Die räumliche Nähe ist für einen privilegierten Erwerb durch Landwirtinnen und Landwirte ausschlaggebend, diese beträgt 20 Kilometer zur landwirtschaftlichen Nutzfläche und 60 Kilometer für Forst- und Almflächen.

Zudem wird Großgrundbesitz durch einen Einheitswert definiert und statt des bisher verwendeten ortsüblichen Preises ein Bodenrichtpreis eingeführt, der sich am Ertragswert orientiert.

Neue Bauvorschriften

Mit Grund und Boden werde sparsam umgegangen, sagte der Landesrat. Das Heben des Dachstuhles um 75 Zentimeter schaffe in einem Mehrgenerationenwohnhaus eine vollwertige zweite Wohnung. Baulandsicherung mit verdichtetem Wohnbau gewähre günstiges Bauen und leistbares Wohnen. Als Beispiel führte Schwaiger die Überbauung eines Supermarktes in Obertrum im Flachgau an. Über der Verkaufsfläche von 998 Quadratmetern Verkaufsfläche entstehen im Obergeschoß 2.000 Quadratmeter Fläche für förderbares Wohnen. Salzburg habe, was den Bodenverbrauch betrifft, schon seine Hausaufgaben gemacht. Obwohl Salzburg knapp fünf Prozent des Dauersiedlungsraumes Österreichs aufweise, „haben wir mit einem Anteil von einem Prozent den geringsten Bodenverbrauch im Bundesländervergleich“.

SPÖ vermisst Mitsprache der Sozialpartner

Bei dem Pressegespräch wurde auch erklärt, dass man auf einige Kritikpunkte zum Entwurf des Gesetzespaketes eingegangen sei. Von der SPÖ im Landtag wurde unter anderem kritisiert, dass Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer aus der Grundverkehrskommission „hinausgeworfen wurden“. Die Sozialpartner seien nun in der „Ausnahmekommission“ im „grauen Grundverkehr“ vertreten, sagte dazu ein Mitarbeiter der zuständigen Abteilung. Wenn beispielsweise ein Zahnarzt seine Ordination in einer gewidmeten Wohnung hat und die Ordination ein Nachfolger übernehmen will, müsste ein Hauptwohnsitz angemeldet werden. Dazu kann die Kommission eine Ausnahme erteilen.