Der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer und LHStv. Christian Stöckl (mit FFP2 Maske) bei Pressekonferenz
APA/FRANZ NEUMAYR
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Coronavirus

Lockdown in Salzburg bis Weihnachten geplant

Das Land Salzburg wird angesichts der stark steigenden CoV-Infektionen ab Montag bis voraussichtlich Weihnachten in einen „Gesamtlockdown“ gehen, sagte Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) am Donnerstag.

Haslauer bestätigte den harten Lockdown ab nächster Woche für Salzburg dem ORF. Die Regelung werde für die gesamte Bevölkerung und für alle Bereiche gelten: „Wir haben heute erneut eine enorme Zahlenentwicklung. Wir sehen keine Alternative zu einem Lockdown mit Beginn nächster Woche mehr.“

Durch den Lockdown darf der private Wohnbereich nur mehr als folgenden Gründen verlassen werden: Deckung der Grundbedürfnisse, Abwendung von Gefahr, Hilfe für Andere, berufliche Tätigkeit und Ausbildungszwecke, eine Impfung sowie physische und psychische Erholung im Freien. Restaurants und Hotels haben zu, auch der Einzelhandel ist geschlossen. Ausgenommen sind nur der Lebensmittelhandel, Drogerien, Apotheken und andere Betriebe für den täglich notwendigen Bedarf. Die Produktion in Betrieben laufe weiter, so Haslauer. Die Regeln seien angelehnt zum Beispiel an die „Osterruhe“ in Ostösterreich heuer im Frühjahr.

Ziel: „Bis Weihnachten wieder aufsperren“

Der Lockdown solle „mindestens drei, eher vier Wochen dauern“ – das sei die Empfehlung der Fachleute, sagte Haslauer. Die Lockdown-Verordnung, die das Gesundheitsministerium auf Ersuchen der Länder erlasse, könne nur für zehn Tage erlassen werden. Eine Verlängerung sei aber möglich und wahrscheinlich – je nachdem, wie sich die Lage darstelle. Das Ziel sei, „dass wir vor Weihnachten noch aufsperren können“. Das könne er aber nicht garantieren, sagte Haslauer. Das liege an der Zahl der Impfungen und der Infektionssituation.

Landeshauptmann Wilfried Haslauer zum Lockdown

Warum in Salzburg für alle eine Lockdown gilt, erläutert Landeshauptmann Wilfried Haslauer im Studio.

Die Zahl der Coronavirus-Neuinfektionen spricht für sich: In Salzburg kamen in den vergangenen 24 Stunden rund 2.500 positive Fälle dazu – ein neuer Höchstwert. „Das ist einfach zuviel. Ich habe darum gekämpft, dass wir nicht in einen Lockdown gehen. Bei diesen Zahlen ist aber eine Überlastung der Krankenanstalten absehbar“, sagte Haslauer. Die zuletzt gesetzten Maßnahmen von Bund und Land Salzburg würden nicht so schnell greifen, wie man erhofft hätte.

Haslauer: Betreuung in Schulen nur wenn nötig

Haslauer betonte am Donnerstagnachmittag auch, dass in den Schulen eine Betreuung nur für jene angeboten werden solle, „die eine Betreuung benötigen oder Lernschwächen haben.“ Er begründete das mit der „extremen Entwicklung“ der Ansteckungen bei Kindern und Jugendlichen: „Bei den Fünf- bis 15-Jährigen liegt die Inzidenz bei 2.500 und steigt weiter.“

Der Unterricht solle mehrheitlich wieder im Homeschooling stattfinden, so Haslauer am Nachmittag.

Faßmann beharrt auf Unterricht in Schulen

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) beharrte dagegen darauf, dass die Schulen in Salzburg trotz Lockdowns geöffnet bleiben. Es solle lediglich eine „Entdichtung“ stattfinden – dadurch, dass ein Teil der Schüler ins Distance Learning wechseln sollen. Das sei aber freiwillig.

Bildungslandesrätin Daniela Gutschi (ÖVP) appellierte Donnerstagabend dazu, die Kindern „sofern irgendwie möglich, nicht in die Schule zu schicken“ – mehr dazu in Verwirrung um Schulunterricht trotz Lockdowns (salzburg.ORF.at; 18.11.2021).

Auch Salzburgs Schulsprecher hatten sich Donnerstagvormittag gegen Schulschließungen ausgesprochen. Sollte es wirklich nicht anders gehen, forderten sie, dass die Schließungen zeitlich befristet werden und die Abschlussklassen sowie die erste Klassen Priorität bei der Rückkehr bekommen. Die Schülervertreter sahen trotz der hohen Zahlen noch Chancen, den Unterricht weiter in Präsenz abzuhalten – wenn statt einem PCR-Test drei pro Woche gemacht würden.

Kindergarten-Kinder „nach Möglichkeit zu Hause betreuen“

Die Kindergärten im Land Salzburg bleiben ebenfalls im Notbetrieb geöffnet. Nur jene Eltern sollten ihre Kinder dorthin schicken, die eine Betreuung unbedingt benötigen – etwa, weil sie im Gesundheitsbereich arbeiten. Das betonte Familienlandesrätin Andrea Klambauer (NEOS) am Donnerstag. Die Eltern sollten ihre Kinder bis Weihnachten „nach Möglichkeit zu Hause betreuen. Nachdem das Contact Tracing zusammengebrochen ist, führte kein Weg mehr an diesen Maßnahmen vorbei. Die Kinder haben noch keinen Impfschutz und wir sind für sie und die Mitabeiterinnen verantwortlich.“

Die Eltern, die jetzt ihre Kinder wieder daheim betreuen, würden „zumindest finanziell entlastet“, so Klambauer: In dieser Zeit würden die Betreiber der Kindergärten auch ersucht, auf das Einheben der Kindergartenbeträge zu verzichten. Mit den Gemeindekindergärten und den Kinderbetreuungseinrichtungen der Stadt Salzburg sei das auch so vereinbart worden.

Lockdown für Salzburg ab Montag

Wirtschaft, Arbeiterkammer, Kultur fordern Hilfen

Angesichts der Ankündigung des Lockdowns kommen sowohl aus der Wirtschaft, von der Arbeiterkammer, vom Tourismus und aus der Kultur Forderungen nach neuerlichen Hilfsprogrammen: Kurzarbeit, Umsatzersatz und andere Hilfen müssten wieder aufgelegt werden – mehr dazu in Lockdown: Ruf nach Hilfen (salzburg.ORF.at; 18.11.2021).

Landeshauptmann Haslauer betonte, dass es Hilfsprogramme geben werde. Das sei auch mit dem Finanzministerium abgestimmt.

Grüne: „Leider zu spät“, SPÖ: „Man hat viel verabsäumt“

Der grüne Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn forderte so einen Lockdown schon länger. Zu der Ankündigung jetzt sagte es: „Das ist keine Befriedigung für mich. Es ist der richtige Schritt – leider zu spät. Das hätte man schon früher machen müssen. Das war unausweichlich – davon habe ich immer gesprochen. Ich hoffe, dass der Lockdown wirklich auch wirkt und wir die Infektionszahlen und damit den Belag in den Spitälern herunterbringen.“

Auch für SPÖ-Landesparteichef David Egger ist das Zusperren „eigentlich schon längst überfällig. Was wir wissen ist, dass eigentlich schon im Sommer die Maßnahmen nicht ergriffen worden sind, man hat viel versäumt. Der Lockdown trägt eine eindeutige Handschrift – und zwar die der ÖVP. Das ist die des Landeshauptmannes und des Landesrates (Christian) Stöckl (ÖVP). Man hat viel verabsäumt in der Vergangenheit und die Leidtragenden sind jetzt die Salzburgerinnen und Salzburger. Die Landesregierung hat 20 Monate Zeit gehabt, die Lehren zu ziehen – und nichts ist passiert.“

Es gelte jetzt, das Land Salzburg „auf krisenfeste Beine zu stellen“, ergänzte Egger. „Und dazu braucht es auch Investitionen – besonders im Gesundheitswesen.“ Die SPÖ beantragte am Donnerstag auch eine Landtags-Sondersitzung zum CoV-Krisemanagement – mehr dazu in CoV-„Versagen“: SPÖ beantragt Sonder-Landtag (salzburg.ORF.at; 18.11.2021).

FPÖ: „Lockdown wäre vermeidbar gewesen“

Für die FPÖ-Landeschefin Marlene Svazek „wäre dieser Lockdown mit Sicherheit vermeidbar gewesen. Es hätte gar nicht soweit kommen müssen.“

Impfung „einziger Ausweg“

Einziger Ausweg aus der Pandemie sei die Impfung, betonten sowohl Haslauer als auch Landesgesundheitsreferent Christian Stöckl (ÖVP) mehrfach – deshalb sei er auch für ein „finanzielles Belohnungssystem“ für Impfungen, sagte Haslauer. Daran werde gerade gearbeitet.

Das Land Salzburg werde auch zusätzliche Impfaktionen anbieten – so zum Beispiel am Samstag in einer „Hercules“-Maschine des Bundesheeres am Salzburger Flughafen, sagte Landesimpfkoordinator Rainer Pusch. Im Land Salzburg werde an „sieben Tagen pro Woche geimpft“.

Verfassungsexperte ortet Verpflichtung zu Lockdown

Eine rechtliche Verpflichtung für einen kompletten Lockdown angesichts überlasteter Spitäler ortet der Verfassungsexperte und Rechtsanwalt Christian F. Schneider gegenüber der Tageszeitung „Die Presse“ (Donnerstag-Ausgabe). Wenn der Zusammenbruch des Gesundheitssystems droht, wie es derzeit in Salzburg der Fall sei, werde aus der Kann-Bestimmung eines Lockdowns für alle im Covid-19-Maßnahmengesetz eine Muss-Bestimmung, so die Argumentation.

Laut dem Verfassungsgerichtshof bestehe in solchen Fällen kein freies Ermessen, sondern ein gesetzlich gebundenes, so Schneider. Dafür sprächen auch die grundrechtlichen Schutzpflichten des Staates, Gesundheitsgefährdungen hintanzuhalten.

14 Tage-Trend zeigt steil nach oben

Die Corona-Ampel leuchtet in ganz Österreich weiterhin tiefrot. Das Bundesland Salzburg liegt mit einer Sieben-Tages-Inzidenz von mehr als 1.700 weiter österreichweit an der Spitze. Der Ampel-Kommission zufolge zeigt der 14 Tage-Trend in allen Bundesländern steil nach oben. Viele Länder haben mittlerweile Probleme mit dem Contact-Tracing – auch in Stadt und Land Salzburg ist die Kontaktnachverfolgung aufgrund der hohen Anzahl an Neuinfektionen nicht mehr bewältigbar.

Das Land fordert indes weitere 200.000 Salzburger auf, sich noch heuer den Auffrischungsstich zu holen. 50.000 Salzburger haben das bereits getan, sagte der Leiter der Landesstatistik, Gernot Filipp. Die Auffrischungsimpfung gibt es aktuell für alle ab 18 Jahren bereits vier Monate nach dem Zweitstich.