Salzburgs Bevölkerung war, wie weite Teile Österreichs, vom „Anschluss“ an Hitlerdeutschland überwiegend begeistert. Und auch hier erfasste die nationalsozialistische Ideologie bald das ganze öffentliche Leben. Die Kultur habe eine besonders große Rolle gespielt. Historiker präsentierten Dienstagabend die Ergebnisse von 16 Jahren Forschung.
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Wissenschaft

Salzburg als Brutstätte „brauner“ Kultur

Salzburgs Bevölkerung war im März 1938, wie weite Teile Österreichs, vom „Anschluss“ an Hitlerdeutschland überwiegend begeistert. Und auch hier erfasste die nationalsozialistische Ideologie bald das ganze Leben – in Salzburg besonders auch das kulturelle. Historiker präsentierten Dienstagabend die Ergebnisse von 16 Jahren Forschung.

2008 beschloss die Stadt Salzburg, ihre eigene Vergangenheit im Nationalsozialismus zu erforschen. So begann damals das Stadtarchiv, die dunklen Kapitel systematisch aufzuarbeiten. Nun ist das Projekt abgeschlossen. Herausgekommen ist eine Buchreihe mit acht Bänden.

Penible NS-Bürokratie begünstigt Forschung

Die Nazis hatten auch Salzburg fest im Griff – und damit auch die Festspiele und den Mozartkult. Auf dem Residenzplatz gab es eine große Bücherverbrennung. Frauen und Männer von Universitäten und Archiven sowie Zeitzeugen haben an der Entstehung der Salzburger NS-Dokumentation mitgewirkt.

Die Suche nach Zeitzeugen wurde dabei immer schwieriger, sagt die Historikerin Sabine Veits-Falk, Leiterin des Salzburger Stadtarchivs: „Natürlich war uns bewusst, dass uns allmählich diese Menschen wegsterben. Es wurden noch Interviews für das Projekt geführt. Manchmal sind wir auch zu spät gekommen.“

Salzburgs Bevölkerung war, wie weite Teile Österreichs, vom „Anschluss“ an Hitlerdeutschland überwiegend begeistert. Und auch hier erfasste die nationalsozialistische Ideologie bald das ganze öffentliche Leben. Die Kultur habe eine besonders große Rolle gespielt. Historiker präsentierten Dienstagabend die Ergebnisse von 16 Jahren Forschung.
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Bücherverbrennung auf dem Salzburger Residenzplatz

Schriftverkehr mit Hinterbliebenen der Mordopfer

Von grausamer Nützlichkeit für die Forschung war auch die von den Nationalsozialisten penibel betriebene Bürokratie.

Selbst die mörderischen Verbrechen der Euthanasie seien in allen Einzelheiten festgehalten worden, betont der Historiker Peter Kramml: „Die Akten dieser Schicksale sind erhalten, wirklich akribisch bis zur Abrechnung der Urne, die man den Hinterbliebenen hinterlassen hat. Da war dann eine kleine Karte des Stiefvaters eines getöteten Mädchen. Da ist dann auch die Mutter verschwunden. Und er schreibt dann dem Magistrat der Stadt: Habt ihr sie jetzt auch umgebracht?“

Umstrittene Straßen-Namen weiter virulent

Mit den nun vorgelegten acht Bänden über die Salzburger NS-Geschichte soll die Aufarbeitung nicht enden. Zentrales Thema bleibe die anhaltende Ehrung von bekannten Nazi-Größen durch Straßennamen. Diese sorgen fast acht Jahrzehnte nach Kriegsende immer noch für Diskussionen.

Dem Nationalsozialismus – von 1945 bis in die Gegenwart – widmet sich sogar ein eigener Band der nun vorgelegten Sammlung. Insgesamt umfasst die Buchreihe zum Nationalsozialismus in der Stadt Salzburg knapp 3.400 Seiten.