Hände, die ein Wahlkuvert in die Wahlurne stecken
Arnaud Jaegers on Unsplash
Arnaud Jaegers on Unsplash
Politik

S-Link-Befragung: Klare Mehrheit der Gegner

Die Bevölkerung der Stadt Salzburg hat Sonntag die geplante Regionalstadtbahn S-Link mehrheitlich abgelehnt. 58,3 Prozent sind gegen das milliardenschwere Projekt. Die Wahlbeteiligung lag bei 22,35 Prozent – höher als beim Thema Mönchsberggarage. Das Ergebnis ist für die Stadtpolitik nicht bindend.

Zudem kündigte die Landesregierung schon vor Wochen eine landesweite Befragung zum umstrittenen Vorhaben bis Mitte 2024 an – dann mit politisch verbindlichem Resultat, wie betont wird.

Genau 113.578 Personen waren am Sonntag in der Stadt Salzburg stimmberechtigt und konnten auf dem Stimmzettel die Frage „Soll für das Bahnprojekt S-Link ein unterirdischer Tunnel vom Hauptbahnhof zum Mirabellplatz und unter der Salzach hindurch bis in den Süden der Stadt Salzburg gebaut werden?“ mit Ja oder Nein beantworten.

Höhere Beteiligung als beim Thema Mönchsberggarage

Von den 25.269 gültigen Stimmen waren 10.536 (41,7 Prozent) für und 14.733 (58,3 Prozent) gegen das Projekt. Die Beteiligung lag damit knapp höher als bei der Bürgerbefragung zum Ausbau der Mönchsberggarage im Juni 2022 (21,98 Prozent). Damals stimmten 84,4 Prozent gegen die Erweiterung – die daraufhin von der Stadtpolitik mit erstaunlicher Schnelligkeit „beerdigt“ und abgesagt wurde. Man müsse die direkte Demokratie dringend beachten, hieß es damals.

ÖVP: Schnöll betreibt Projekt weiter

Man nehme den Ausgang dieser Befragung zum Bahnprojekt S-Link nun „als erstes Stimmungsbild wahr“, schrieb Salzburgs Vizeregierungschef und Verkehrsreferent Stefan Schnöll (ÖVP) auf Instagram in seiner ersten Reaktion. Er gilt als vehementer Befürworter des S-Links.

„Irreführende Fragestellung“

„Die Beteiligung war sehr gering. Ich bin dennoch sehr überrascht, wie viele Menschen trotz der irreführenden Fragestellung und des verfrühten Zeitpunktes der Befragung ein Zeichen für das Projekt gesetzt haben“, so Landeshauptmann-Stellvertreter Schnöll.

Bürgermeister: „Erstes Stimmungsbild“

Salzburgs Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) sagte dem ORF in einer ersten Stellungnahme, die Befragung habe ein gutes und erstes Stimmungsbild gebracht: „Sie kam aber zu früh, denn es gibt noch zu wenig Informationen über das Projekt.“

SPÖ fordert Einstellung des Projektes

Vizebürgermeister Bernhard Auinger betonte gegenüber dem ORF, diese Befragung am Sonntag habe ein klares Votum der Stadtbevölkerung gebracht. Und wenn andere Politiker in Zukunft glauben, über die Menschen in der Stadt drüberfahren zu können, dann werde er sich wehren.

Der S-Link sei ein „Milliardengrab“ für das Geld der Steuerzahler, so Auinger dann noch in einer nachgereichten Aussendung. Das Ergebnis sei ein erster Showdown für die Befürworter des S-Links.

„Die SPÖ in der Stadt Salzburg fordert nun, das demokratische Ergebnis zu akzeptieren, die Planungen zu stoppen und den Bau abzusagen. Als einzige Partei haben wir die Kosten-Nutzen-Relation kritisch hinterfragt. Eine wissenschaftliche Analyse hat unsere Bedenken zusätzlich untermauert.“

S-Link-Betreiber wollen nachliefern

Die Betreibergesellschaft des S-Links reagierte auf das Ergebnis mit der Ankündigung, dass bis zur landesweiten Befragung der Bevölkerung alle nötigen Informationen über das Projekt auf dem Tisch liegen würden, damit sich jeder informieren könne.

Rogler weiter dagegen: „David gegen Goliath“

Wilfried Rogler von der überparteilichen Bürgerinitiative der Projektgegner fordert, dass die Meinung der Stadtbevölkerung nun ernst genommen werden sollte: „Entgegen ersten Aussagen diverser Politiker nach diesem Ergebnis.“ Salzburg sei keine Stadt der Verhinderer. Dieses Klischee werde den Bürgerinitiativen immer zu Unrecht in die Schuhe geschoben: „Die Stadt wäre längst zerstört, wenn es uns nicht gäbe.“ Man werde sich weiter gegen den S-Link wehren: „Das ist David gegen Goliath. Wir geben nicht auf. Und wir fordern, dass wir so viele Mittel bekommen wie die Befürworter. Bisher ist die Verteilung sehr unfair.“

Mackinger: „Nur Minderheit hat abgestimmt“

Gunter Mackinger vom Netzwerk der S-Link-Befürworter sieht das erreichte Ergebnis positiv: „Es hat insgesamt jetzt nur eine Minderheit abgestimmt, ein Prozent der von dem Projekt betroffenen Bevölkerung in Salzburg. Wir hatten nicht die schlechteren Argumente. Die Politik muss aber bis zur landesweiten Befragung die Kommunikation über den S-Link entscheidend verbessern.“

Grüne: „Noch viele Fragen offen“

Das Ergebnis der Abstimmung zeige, „dass offenbar noch viele Fragen zum S-Link offen sind – besonders bei der künftigen Organisation des Verkehrs an der Oberfläche“, so reagierte Anna Schiester von der grünen Bürgerliste auf diese demokratische Befragung des Wahlvolkes. Ihre Partei hatte sich vor der Befragung vehement für das Projekt ausgesprochen.

Aus vielen Gesprächen wisse man, so die Politikerin, dass sich viele vor allem eine Verkehrsberuhigung an der Oberfläche und damit mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer wünschen: „Genau das wäre die große Chance des Projekts. Weniger Blechlawine, weniger Stau, mehr Platz für den O-Bus.“

NEOS kritisieren „abgehobene Politik“

Dieser Sonntag sei ein schlechter Tag für die direkte Demokratie in der Stadt Salzburg, heißt es von NEOS-Spitzenkandidat Lukas Rupsch: „Die Bürgerbefragung zeigt an der Wahlbeteiligung, dass weder die Gegner noch die Befürworter mobilisieren konnten. Das ist das denkbar schlechteste Ergebnis für beide Seiten.“

Diese geringe Beteiligung sei ein schlechtes Vorzeichen für die kommende Gemeinderatswahl in der Stadt Salzburg: „Offenbar hebt sich die Politik immer mehr von den Menschen ab und agiert über sie hinweg“, so Rupsch.