Dokumentationszentrum auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden, im Hintergrund der Untersberg
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Politik

Großes Interesse an „neuem“ Obersalzberg

Seit nicht ganz zwei Wochen ist das um 30 Millionen Euro neugebaute Dokumentationszentrum auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden (Bayern) in Betrieb. Die Ausstellung „Idyll und Verbrechen“ zeigt die zweite Machtzentrale des NS-Regimes – und das Interesse ist groß.

Adolf Hitler mietete den Berghof auf dem Obersalzberg zunächst als Ferienquartier. Ab 1933 wurde der Hof aber nach und nach zum zweiten Regierungssitz des Naziregimes. Seit 25 Jahren betreibt deshalb der Freistaat Bayern ein Dokumentationzentrum auf dem Berg. Das wurde aber derart von Besuchern überlaufen, dass es sechs Jahre lang neu gebaut wurde. Am 27. September war die Eröffnung – mehr dazu in Obersalzberg: Neue Ausstellung über Hitlers Zentrale (salzburg.ORF.at; 27.9.2023).

Die neue, moderne Dokumentationsstätte auf dem Obersalzberg hat als Dauerausstellung „Idyll und Verbrechen“. Gleich zu Beginn sind Hitlers Verbrechen gemeinsam mit Bildern seines Berghofs zu sehen: „Der Obersalzberg wird oft verstanden als der Urlaubsort von Adolf Hitler. Auch bis in die Nachkriegszeit, bis in die heutige Zeit hält sich dieses Gerücht, kann man schon sagen“, sagt die Historikerin Nadine Tauchner von der Dokumentation Obersalzberg.

Fotostrecke mit 10 Bildern

Farbaufnahme von Adolf Hitler mit NS-Parteifunktionären beim Berghof auf dem Obersalzberg
Dokumentation Obersalzberg
Der Berghof war viel mehr als ein „Urlaubsquartier“ für Adolf Hitler – das versucht die Ausstellung zu zeigen
Aufnahme des alten Berghofs auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden
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Aufnahme des alten Berghofs – vor dem Umbau – auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden
Benito Mussolini und Adolf Hitler bei Treffen auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden
Dokumentation Obersalzberg
Benito Mussolini und Adolf Hitler bei Treffen auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden
Adolf Hitler in einer Loge des Salzburger Landestheaters – bei Aufführung der Salzburger Festspiele
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Adolf Hitler im August 1939 in einer Loge des Salzburger Landestheaters – bei einer Aufführung der Salzburger Festspiele
Salzburger jubeln Adolf Hitler zu, der auf dem Balkon des  Salzburger Landestheaters steht
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Salzburger jubelten damals Adolf Hitler auf dem Balkon des Salzburger Landestheaters zu
Adolf Hitler bei Geheimbesprechung in zivil mit der deutschen Armeespitze im Berghof auf dem Obersalzberg vor dem Angriff auf Polen
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Nur wenige Tage nach der Aufführung lud Hitler die deutscher Wehrmachtführung zu einem Geheimtreffen (in zivil) auf den Obersalzberg, um den Angriff auf Polen zu besprechen
Berghof auf dem Obersalzberg nach Bombardement durch die US Luftwaffe
Dokumentation Obersalzberg
Der Berghof wurde 1945 von US-Bombern zerstört, dann abgefackelt und schließlich 1952 gesprengt
Ruinen von alten Stützmauern des Berghofs am Obersalzberg bei Berchtesgaden
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Nur noch einige Ruinen von alten Stützmauern sind erhalten
Besucher in Ausstellung im neuen Dokumentationszentrum auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden
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Mehr als 2.000 Besucher kamen in den ersten Tagen in die Ausstellung im neuen Dokumentationszentrum auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden
Dokumentationszentrum auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden aus der Luft
Dokumentation Obersalzberg
Des neue Gebäude wurde am 27. September offiziell eröffnet

Viele Verbrechen hier beschlossen – so der Überfall auf Polen

Von den vielen Massenverbrechen des Nazi-Terrors gebe es kaum eines, das nicht mit dem Obersalzberg verknüpft sei, schildert die Historikerin: „Wir haben 125 Erlässe, Gesetze, die hier auch geplant und durchgesetzt wurden. Beispielhaft kann man nennen, zu Beginn der Diktatur schon, die Zerschlagung der Gewerkschaften. Dann aber auch hier wird der Zweite Weltkrieg de facto beschlossen, der Befehl, der Angriff auf Polen. Dann wird hier auch der Angriff auf die Sowjetunion geplant. Einschlägige Gesetze, Erlässe, die auch den Vernichtungskrieg gegen die Zivilbevölkerung schon mit reinplanen. Aber auch Dinge wie zum Beispiel die sogenannte ‚NS-Euthanasie‘, ein Mordprogramm gegen Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung."

Auf dem Obersalzberg im grenznahen Berchtesgaden ist die Erweiterung des Dokumentationszentrums über die nationalsozialistische Gewaltherrschaft nun fertiggestellt und eröffnet worden. Kosten: 30 Millionen Euro.
Flugbild: Gerald Lehner
Hier auf dem Obersalzberg standen einst auch die Villen von Hitlers Komplizen – neben seinem eigenen Anwesen

August 1939: Jubel für Hitler beim Salzburger Landestheater

Mehrere Stationen der Ausstellung führen auch nach Salzburg. So besuchte Hitler im August 1939 die Salzburger Festspiele, „lässt sich dort fotografieren, lässt sich auch bejubeln am Balkon von den Salzburgern und Salzburgerinnen“, so die Historikerin. „Ein paar Tage später ist das Treffen mit den Wehrmachtsoffizieren, also der Führung der Wehrmacht, in der eben Adolf Hitler verkündet, jetzt diesen Angriffskrieg auf Polen zu starten.“

Der Berghof selbst steht nicht mehr. Er wurde bei einem US-Bombenangriff zerstört und dann von den fliehenden SS-Truppen noch abgefackelt. 1952 mussten die Ruinen gesprengt werden. Heute sind nur noch dahinterliegende Stützmauern zu sehen.

Großes Interesse an neuer Dokumentation Obersalzberg

Täglich mehr als 2.000 Besucherinnen und Besucher

Seit der Eröffnung vor zehn Tagen besuchen täglich mehr als 2.000 Interessierte die Dauerausstellung auf dem Obersalzberg. Das ist für Historikerin Tauchner ein Auftrag: „Also einer der Gründe dafür, dass solche Propagandabilder heute in unserer Ausstellung nur noch im Zusammenhang mit den Verbrechensbildern gezeigt werden, ist, um zu verhindern, dass unter anderem auch Ewiggestrige sich davor hinstellen können und sozusagen mit einem Propagandabild posieren. Die Verbrechen scheinen immer durch, die Propaganda steht nicht ohne die Verbrechen.“

Die erhaltene Bunkeranlage ist der größte Teil der neuen Dokumentation. Und genau dort haben die letzten Überlebenden des Nazi-Terrors das letzte Wort: „Zu wissen, was geschehen ist, und dafür Sorge zu tragen, dass es sich niemals, niemals wiederholt.“