Birnhorn Südostwand Leoganger Steinberge Natürliche Eisblöcke vom längst verschwundenen „Birnhorn-Gletscher“ bei Leogang (Pinzgau) wurden im 19. Jahrhundert in weiten Teilen Europas zur Kühlung von Lebensmitteln verwendet – auch von Privaten. Das hat der Historiker Robert Streibel herausgefunden. Bisher war nur bekannt, das Bierkeller und Brauereien in Österreich und Bayern hier ihr Eis beschafften.
Flugbild: Gerald Lehner
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Kultur

Birnhorn-Natureis: Einst Verkaufsschlager in Europa

Natürliche Eisblöcke vom längst verschwundenen „Birnhorn-Gletscher“ bei Leogang (Pinzgau) wurden im 19. Jahrhundert in weiten Teilen Europas zur Kühlung von Lebensmitteln verwendet. Das hat der Wiener Historiker Robert Streibel auf den Spuren von jüdischen Holocaust-Opfern herausgefunden.

Bisher war nur bekannt, dass bayerische Brauereien in den Leoganger Steinbergen ihr Eis beschafften – an der Landesgrenze Salzburgs zu Hochfilzen in Tirol. Der Wissenschafter stieß in Österreichs Bundeshauptstadt bei der Arbeit über ein ganz anderes Thema auf diese historischen Spuren. Er erforschte in den letzten Jahren die Geschichte des Hauses in der Wiener Teinfaltstraße 3. Insgesamt 21 seiner Bewohner – jüdische Frauen, Männer, Jugendliche und Kinder – wurden bis 1945 von den Nationalsozialisten ermordet.

Pinzgauer Eis bis Prag, Dresden, Breslau mit der Bahn

In dem mondänen Bürgerhaus im ersten Wiener Gemeindebezirk lebten bis zur gewaltsamen Auslöschung bevorzugt Künstler, Rechtsanwälte und Inhaber von Handelsbetrieben. Im Umfeld dieser Familien und Firmen findet sich ein ganzes Panoptikum österreichischer Biografien und Identitäten. Und ein Detail betrifft auch diese Geschichte des Salzburger Pinzgaues. So befand sich im 19. Jahrhundert in dem Wiener Haus auch die Geschäftsführung der „Österreichischen Eiswerke“.

Die Ö1-Redakteurin und gebürtige Salzburgerin Ulrike Schmitzer hat dazu vor kurzem in Wien eine Radiosendung der Reihe „Salzburger Nachstudio“ bundesweit publiziert.

Auf salzburg.ORF.at erschien schon im Frühling 2021 ein Feature über die Rolle des Leoganger Eises bei der Bierkühlung in Bayern. Die Links dazu finden Sie unten …

„Diese boten damals Natureis international an und hatten Filialen in Prag, Budapest, München, Frankfurt, Dresden und Breslau“, sagt der Historiker Robert Streibel. Es gab schon damals öfter milde Winter. Und wenn man keinen Nachschub aus Teichen im Umfeld von Wien bekam, wich man auf Eis aus dem Salzburger Hochgebirge aus.

Umbruch durch Carl Linde kam langsam

Es war die Zeit, als Kühlschränke und Kühlkeller im modernen Sinn noch kaum verbreitet und für viele viel zu teuer waren. Der deutsche Ingenieur Carl von Linde hatte die von ihm erfundene Kältemaschine erst im Jahr 1876 marktreif gemacht. Bis sie dann auf breiter Basis und nahezu weltweit verwendet werden konnte, dauerte es noch Jahrzehnte. Viele mussten sich weiterhin mit natürlichem Eis behelfen.

Noch bis ins frühe 20. Jahrhundert beschickten Brauereien, Lebensmittelindustrien und Privathaushalte ihre Kühlschränke und Keller für die warme Jahreszeit mit Blöcken. Sie wurden im Winter mit der Eisenbahn in die Städte geliefert und dort in kalten Kellern oder unterirdisch für den Endverkauf deponiert.

Deutsches Volksblatt  5. Juni 1889 Birnhorn Südostwand Leoganger Steinberge Natürliche Eisblöcke vom längst verschwundenen „Birnhorn-Gletscher“ bei Leogang (Pinzgau) wurden im 19. Jahrhundert in weiten Teilen Europas zur Kühlung von Lebensmitteln verwendet – auch von Privaten. Das hat der Historiker Robert Streibel herausgefunden. Bisher war nur bekannt, das Bierkeller und Brauereien in Österreich und Bayern hier ihr Eis beschafften.
privat
„Kristallhell und äußerst kühlkräftig, auch im Abo für Privathaushaltungen“ – Werbeanzeige der Österreichischen Eiswerke – „Deutsches Volksblatt“, 5. Juni 1889

Beständiger Nachschub aus alpinen Depots

Wichtige Bezugspunkte und Reserve-Depots für die „Österreichischen Eiswerke“ mit Sitz in Wien befanden sich an der Bahnlinie zwischen Zell am See (Pinzgau) und Wörgl (Tiroler Unterland) – nämlich am Fuß des 2.634 Meter hohen Birnhorns in Leogang und im nahen Hochfilzen.

Der einst legendäre „Birnhorn-Gletscher“ speiste sich aus gigantischen Mengen Lawinenschnee, der jeden Winter durch die Südostwand des riesigen Massivs ins Tal donnerte.

Und noch immer donnert – hier Fotos vom 7. Februar 2023:

Fotostrecke mit 7 Bildern

Birnhorn Melcherloch Melkerloch Südostwand Leoganger Steinberge Natürliche Eisblöcke vom längst verschwundenen „Birnhorn-Gletscher“ bei Leogang (Pinzgau) wurden im 19. Jahrhundert in weiten Teilen Europas zur Kühlung von Lebensmitteln verwendet – auch von Privaten. Das hat der Historiker Robert Streibel herausgefunden. Bisher war nur bekannt, das Bierkeller und Brauereien in Österreich und Bayern hier ihr Eis beschafften.
Flugbild: Gerald Lehner
Birnhorn Südostwand Leoganger Steinberge Natürliche Eisblöcke vom längst verschwundenen „Birnhorn-Gletscher“ bei Leogang (Pinzgau) wurden im 19. Jahrhundert in weiten Teilen Europas zur Kühlung von Lebensmitteln verwendet – auch von Privaten. Das hat der Historiker Robert Streibel herausgefunden. Bisher war nur bekannt, das Bierkeller und Brauereien in Österreich und Bayern hier ihr Eis beschafften.
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Birnhorn Südostwand Leoganger Steinberge Natürliche Eisblöcke vom längst verschwundenen „Birnhorn-Gletscher“ bei Leogang (Pinzgau) wurden im 19. Jahrhundert in weiten Teilen Europas zur Kühlung von Lebensmitteln verwendet – auch von Privaten. Das hat der Historiker Robert Streibel herausgefunden. Bisher war nur bekannt, das Bierkeller und Brauereien in Österreich und Bayern hier ihr Eis beschafften.
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Birnhorn Südostwand Leoganger Steinberge Natürliche Eisblöcke vom längst verschwundenen „Birnhorn-Gletscher“ bei Leogang (Pinzgau) wurden im 19. Jahrhundert in weiten Teilen Europas zur Kühlung von Lebensmitteln verwendet – auch von Privaten. Das hat der Historiker Robert Streibel herausgefunden. Bisher war nur bekannt, das Bierkeller und Brauereien in Österreich und Bayern hier ihr Eis beschafften.
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Birnhorn Südostwand Leoganger Steinberge Natürliche Eisblöcke vom längst verschwundenen „Birnhorn-Gletscher“ bei Leogang (Pinzgau) wurden im 19. Jahrhundert in weiten Teilen Europas zur Kühlung von Lebensmitteln verwendet – auch von Privaten. Das hat der Historiker Robert Streibel herausgefunden. Bisher war nur bekannt, das Bierkeller und Brauereien in Österreich und Bayern hier ihr Eis beschafften.
Flugbild: Gerald Lehner
Birnhorn Südostwand Leoganger Steinberge Natürliche Eisblöcke vom längst verschwundenen „Birnhorn-Gletscher“ bei Leogang (Pinzgau) wurden im 19. Jahrhundert in weiten Teilen Europas zur Kühlung von Lebensmitteln verwendet – auch von Privaten. Das hat der Historiker Robert Streibel herausgefunden. Bisher war nur bekannt, das Bierkeller und Brauereien in Österreich und Bayern hier ihr Eis beschafften.
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Modell einer Kompressionskältemaschine (1929) von Carl von Linde (Deutsches Museum, München )
Wolfgang Sauber/wikipedia/CreativeCommonsAttribution-Share4.0International
Kältemaschine des Carl von Linde, Vorläufer-Technologie der heutigen Kühlschränke. Modell im Deutschen Museum München

Zweithöchste Felswand der Ostalpen

Der kristallklare Rohstoff aus den Leoganger Steinbergen türmte sich beim Birnbachloch am Fuß dieser Wand auf. Es ist die zweithöchste Felswand der Ostalpen – nach dem Watzmann im sehr nahen Berchtesgadener Land von Oberbayern.

Aus dem Lawinenschnee entstand über die Sommermonate das begehrte Eis. Arbeiter schnitten es im folgenden Winter und Frühling in Blockformen aus. Sie ließen diese Fracht dann weiter ins Tal und für die Verladung zur Leoganger Bahnstation gleiten – über spezielle Holzrutschen. Das war über Jahrzehnte ein einträgliches Geschäft für die ganze Region.

Eisblöcke als heiße Ware

Bisher war nur bekannt, dass das Leoganger Eis von Brauereien in weiten Teilen der Habsburgermonarchie, Bayern und Franken bestellt wurde. Dass es auch in viel weiteren Teilen Europas für den Betrieb von Kühlschränken in Privathaushalten und in der Lebensmittelindustrie verwendet wurde, geriet im Lauf der Zeit und in den vielen Politik- und Kriegswirren des 20. Jahrhunderts in Vergessenheit – auch im Salzburger Pinzgau.