Thomas Bernhard
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Vor 90 Jahren wurde Thomas Bernhard geboren

Ein Ausnahmeliterat würde am Dienstag seinen 90. Geburtstag feiern: Thomas Bernhard, der für seine Bücher und Theaterstücke genauso berühmt ist wie für seine Skandale. Eines seiner großen Themen als Schriftsteller war Salzburg und die tiefe Hassliebe, die Bernhard mit der Stadt verband.

Thomas Bernhard wurde am 09. Februar 1931 in den Niederlanden geboren, seine Mutter war die Tochter des Salzburger Schriftstellers Johannes Freumbichler. Der leibliche Vater des späteren Ausnahmeliteraten stammte aus Henndorf (Flachgau) und war der Tischler Alois Zuckerstätter. Zu seinem Vater hatte Bernhard keinen Kontakt.

Bernhard zog mit vier Jahren nach Seekirchen

Bereits mit einem halben Jahr kam Bernhard zu seinen Großeltern in Wien in Pflege. Bis zu seinem vierten Lebensjahr wohnte er in Wien-Ottakring, dann übersiedelten die Großeltern mit dem Bub nach Seekirchen am Wallersee (Flachgau). In Salzburg ging Bernhard ins Internat und nahm Gesangsunterricht.

Traumatische Kindheit in Büchern thematisiert

Über seine traumatische Kindheit schrieb Bernhard später in seinen fünf autobiografischen Büchern. In „Die Ursache“ schrieb Bernhard 1975 über Salzburg:

„Meine Heimatstadt ist in Wirklichkeit eine Todeskrankheit, in welche ihre Bewohner hineingeboren und hineingezogen werden, und gehen sie nicht in dem entscheidenden Zeitpunkt weg, machen sie direkt oder indirekt früher oder später unter allen diesen entsetzlichen Umständen entweder urplötzlich Selbstmord oder gehen direkt oder indirekt langsam und elendig auf diesem im Grund durch und durch menschenfeindlichen architektonisch-erzbischöflich-stumpfsinnig-nationalsozialistisch-katholischen Todesboden zu Grunde.“

„Es kann nur eine Hassliebe sein“

Der Schriftsteller sagte damals im ORF-Interview: „Mit mir und Salzburg ist alles in Beziehung. Aber es kann nur eine Hassliebe sein, weil ich ein lebendiger Mensch bin. Anders ist es nicht möglich. Oder ich lasse mich einverleiben, tanze da mit und gebe mich vollkommen auf – baue Salzburg aus Papiermaschee und Zuckerguss auf und gebe mich auf. Das will ich nicht.“

Vor 90 Jahren wurde Thomas Bernhard geboren

Ein Ausnahmeliterat würde am Dienstag seinen 90. Geburtstag feiern: Thomas Bernhard, der für seine Bücher und Theaterstücke genauso berühmt ist wie für seine Skandale. Eines seiner großen Themen als Schriftsteller war Salzburg und die tiefe Hassliebe, die Bernhard mit der Stadt verband.

Oft als Nestbeschmutzer beschimpft

Thomas Bernhard war definitiv kein Sonnenschein, er war eher bekannt für seine galligen Sprüche teils unter der Gürtellinie der Volksseele. Als Nestbeschmutzer wurde er zu Lebzeiten gern bezeichnet, Österreich als Land der Spießer und Scheinheiligen wird in seinen Stücken ebenso wie in seinen Romanen thematisiert. „Die Gegnerschaft ist das einzige, was mich befähigt das zu machen, was ich mache. Nur aus dem Hass gegen das Publikum kann ich etwas schreiben, was vielleicht irgendwann einmal in zehn-20 Jahren das Publikum interessiert.“

Halbbruder erzählt vom Leben an der Seite von Thomas Bernhard

Zwei neue Bücher gedenken dem Leben und Werk Thomas Bernhards. In seinen Stücken beschimpft er wortgewaltig das Publikum und wird dafür gefeiert und gehasst. Woher aber kam all die Wut, woher die Menschenverachtung? Tiefe Einblicke gewähren die Memoiren seines Halbbruders und Leibarztes Peter Fabjan, der diese erstmals in Buchform packt.

Halbbruder nähert sich dem schweren Leben mit Humor

Erzählt wird in den Büchern von den schwierigen und vielfach belasteten familiären Verhältnissen, genauso wie von der Kriegskindheit und Bernhards Kampf gegen die Lungenkrankheit. Mit dem Stilmittel des Humors nähert sich diese Publikation dem Mysterium Thomas Bernhard. Es gleicht einer witzig-bösen Tour durch das Leben des Übertreibungskünstlers: Von den Anfängen als Zeitungsjournalist, über literarische Erfolge und persönliche Feindschaften.

Theatererfolg „Heldenplatz“

Einer der größten Skandale in der österreichischen Theatergeschichte war die Uraufführung von Thomas Bernhards Stück „Heldenplatz“ am Wiener Burgtheater. Das Drama sorgte bereits Wochen vor der Premiere für Proteste. Thomas Bernhard erzählt in seinem Stück „Heldenplatz“ von einer Familie, die auch Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg keinen Frieden mit der Heimat findet.

Ein Mathematik-Professor nimmt sich das Leben, indem er sich aus seiner Wohnung auf den Heldenplatz stürzt. Für seine Frau sind die Sieg-Heil-Rufe auch 50 Jahre nach dem Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland nicht verstummt. Jetzt ist das Stück im Salzburger Landestheater zu sehen.

Online-Premiere Heldenplatz im Landestheater

Es war einer der größten Skandale in der österreichischen Theatergeschichte: die Uraufführung von Thomas Bernhards Stück „Heldenplatz“ am Burgtheater. Das Drama sorgte bereits Wochen vor der Premiere für Proteste. Jetzt ist das Stück im Salzburger Landestheater zu sehen.

1988: Protestaktionen bei Uraufführung

Thomas Bernhards Drama wurde 1988 uraufgeführt. In diesem Jahr wurde des 50. Jahrestages des Anschlusses an Hitler-Deutschland gedacht. Die Uraufführung selbst wurde von Protestaktionen immer wieder unterbrochen. Am Ende gipfelte der erwartete Skandal aber in einen der größten Theatererfolge – und einen der letzten Erfolge Bernhards, der kurz darauf am 12. Februar 1989 verstarb.

„Er hat auf nichts und niemanden Rücksicht genommen“

Für Literaturwissenschaftler und Bernhard Biograph Manfred Mittermayer legte der Ausnahme-Schriftsteller den Grundstein für eine neue Entwicklung von Literatur. „Auf der einen Seite bleibt eine ganze Entwicklung von literarischen neuen Tendenzen, die er durch seine Texte, seine Sprache und seine Themen möglich gemacht hat. Auf der anderen Seite bleibt ein Habitus eines unabhängigen Geistes zurück, der als Auto und Künstler seiner Zeit den Spiegel vor hält und dabei auf nichts und niemanden Rücksicht nimmt.“

Mittermayer ist Literaturwissenschaftler und Autor, zugleich aber auch ein außergewöhnlicher Literaturvermittler. Im Zentrum seiner Forschungsarbeit und zahlreicher Publikationen steht seit vielen Jahren der Schriftsteller Thomas Bernhard.