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Politik

Deutsches Eck: Ärger über Polizeiwillkür

Autofahrer seien beim kleinen deutschen Eck auf das persönliche Ermessen deutscher Bundespolizisten angewiesen, kritisieren Salzburger Berufspendler. Selbst offizielle Ausnahmegenehmigungen seien keine Garantie, dass man von Unken nach Salzburg fahren kann, so die Kritik.

Betroffen sind etwa 1.500 Berufstätige aus dem Mitterpinzgauer Saalachtal. Sie fordern jetzt von der deutschen Politik eine faire Korridorlösung. Seit Mitte März wird an den Grenzübergängen ja wegen der Coronavirus-Pandemie kontrolliert. Die Pinzgauer Pendler fühlen sich dabei von der deutschen Bundespolizei und der bayerischen Polizei schikaniert.

„Umwege bis zu 150 Kilometer“

So arbeitet Rudolf Dankl aus Unken zum Beispiel bei der Firma Denzel in der Stadt Salzburg als Logistikleiter: „Es hängt von der persönlichen Befindlichkeit des deutschen Beamten ab, ob man durchfahren darf oder nicht. Es kann passieren, dass man mit den nötigen und korrekten Papieren – dem Durchfahrtsschein für Pendler, Meldezettel und Ausweis – am Morgen problemlos durchkommt. Am Abend kann es sein, dass der nun anwesende Beamte dann sagt, nein, sie sind nicht berechtigt zum Durchfahren. Also machen wir dann einen stolzen Umweg von 150 Kilometern.“

Grenzübergang Unken Mitterpinzgau Saalachtal – Beim Grenzverkehr des kleinen Deutsche Ecks seien Autofahrer rein auf persönliches Ermessen von deutschen Bundespolizisten angewiesen, kritisieren Salzburger Berufspendler. Seit Beginn der CoV-Krise blockiert Deutschland dort den Verkehr.  Ausnahmegenehmigungen sei längst keine Garantie, dass man auch durchkomme, sagen Pendler.
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Österreichische Seite der Grenze bei Unken, Blick in Fahrtrichtung Bad Reichenhall und Salzburg

Krebskranker muss zwei Stunden Umweg fahren

Auch nicht aufschiebbare Fahrten etwa ins Landeskrankenhaus nach Salzburg sind betroffen, wie eine Landwirtin aus dem Mitterpinzgau erzählt: „Mein Mann ist krebskrank und muss immer wieder ins Spital nach Salzburg. Einmal mussten wir jetzt schon über den Pongau fahren. Normalerweise fährt man von Unken 35 bis 40 Minuten maximal. Nun sind wir mehr als zwei Stunden für eine Strecke auf dem Weg. Die Krankheit ist schon schlimm, und jetzt noch diese zusätzliche Belastung.“ Der Umweg führt dann entweder über die Hochkönigstraße oder über Zell am See (Pinzgau).

Ärger über Willkür deutscher Grenzbeamter

Wegen der Coronavirus-Pandemie gibt es auch wieder Grenzkontrollen zwischen Salzburg und Bayern. Pendler, die vom Pinzgau über das kleine deutsche Eck nach Salzburg fahren, fühlen sich der Willkür von deutschen Grenzbeamten ausgesetzt. Trotz gültiger Passierscheine hänge der Grenzübertritt vom Ermessen der Beamten ab. Das betrifft etwa 1.500 Pendler aus dem Saalachtal. Sie fordern nun eine Korridorlösung.

Pinzgauer fühlen sich schikaniert

Passierscheine für „Schlüsselarbeitskräfte“ aus Österreich, die über das kleine deutsche Eck fahren müssen, sollten die Durchfahrt möglich machen. Davon betroffen sind zum Beispiel Mitarbeiter von Blaulichtorganisationen, medizinisches Personal und wichtigen Unternehmen der öffentlichen Infrastruktur. Das sei zwischen Politikern beider Staaten vereinbart, betont auch der Unkener Bürgermeister Florian Juritsch (ÖVP): „Wenn man alle nötigen Dokumente hat, dann liegt es aber noch immer im Ermessen des diensthabenden Beamten. Das ist ein grundsätzliches Problem.“

Es seien untragbare Zustände, betont auch Computerexperte Axel Färbinger. Er sitzt für die ÖVP im Unkener Gemeinderat: „Das sollte nicht alles auf dem Rücken unserer Pendler ausgetragen werden. Es betrifft auch die nicht mehr berechenbare Fahr- und Arbeitszeit für Pendler. Sie müssen um 6.30 Uhr wegfahren, wenn sie um 9.00 Uhr mit der Arbeit anfangen. Sie könnten ja zurückgewiesen werden.“

Briefe nach Berlin und Wien für Korridorlösung

Die Pinzgauer wollen nun eine Lösung für die Fahrt über das kleine deutsche Eck erwirken, wie der Bürgermeister schildert: „Wenn die Grenzkontrollen nicht aufgehoben werden, dann wünschen wir uns eine Korridorlösung wie vor dem EU-Beitritt. Das hat damals ja auch wunderbar geklappt.“

Ein offener Brief an die Bundesregierungen von Deutschland und Österreich mit der Forderung für diese Korridorlösung wurde schon verfasst und wird demnächst nach Berlin und Wien abgeschickt.

Auch Salzburger SPÖ fordert Umdenken

Auch die Salzburger SPÖ verlangt einheitliche und faire Regeln für die Grenzübertritte zwischen Salzburg und Bayern. An den Kontrollstellen werde es sehr unterschiedlich gehandhabt, wer durchfahren darf und wer nicht – deshalb müssten einheitliche und klar verständliche Regeln ausgearbeitet werden, so die Sozialdemokraten.

Stellungnahmen von zuständigen Behörden in Bayern und dem deutschen Innenministerium in Berlin stehen noch aus. Dort sitzt mit Horst Seehofer (CSU) schon länger ein Bayer an den Schalthebeln.

Neuester Stand: Chaos offenbar beendet

(ergänzt am 21. April 2020): Für Pendler über das kleine deutsche Eck soll es ab Mittwoch deutliche Erleichterungen geben. Das deutsche Innenministerium in Berlin hat zugesagt, den Korridor nun für alle Berufspendler zu öffnen – mehr dazu in salzburg.ORF.at (21.4.2020)