Metzgereien, Bäckereien und kleine Nahversorger im Salzburger Bergland ringen wegen der CoV-Krise wirtschaftlich ums Überleben. Das betrifft Gemeinden außerhalb der Ballungszentren, wo es kaum Supermärkte gibt. Viele stellen auf Kurzarbeit um, schränken Geschäftszeiten ein, während große Handelsketten von Kunden zum Teil überrannt werden.
Bäckerei Bauer/Mühlbach
Bäckerei Bauer/Mühlbach
Wirtschaft

Schwere Krise für Nahversorger durch CoV

Metzgereien, Bäckereien und kleine Nahversorger im Salzburger Bergland ringen wegen der CoV-Krise wirtschaftlich ums Überleben. Das betrifft Gemeinden außerhalb der Ballungszentren, wo es kaum Supermärkte gibt. Viele stellen auf Kurzarbeit um, schränken Geschäftszeiten ein, während große Handelsketten von Kunden zum Teil überrannt werden.

Die Bäckerei der Familie Bauer gehört selbst wohl schon länger nicht mehr zu den Kleinbetrieben. Sie beliefert von ihrer Zentrale in Mühlbach am Hochkönig (Pongau) insgesamt zehn Filialen. Donnerstag hat Juniorchef Wolfgang Bauer für seine 91 Angestellten beim Arbeitsmarktservice die Kurzarbeit beantragen müssen:

„Keiner hat so viel finanzielle Kraft, dass er das überstehen wird, wenn es so weitergeht. Unser Umsatz ist auf drei Prozent des Normalbetriebs geschrumpft. Wir möchten unsere guten Mitarbeiter aber auf alle Fälle halten, sind weiter sehr auf sie angewiesen, könnten sie allein aber jetzt nicht voll bezahlen. Darum haben wir den Antrag gestellt. In vielen Betrieben der Bergregion gibt es derzeit große Existenzängste.“

„Harte Auflagen, wenig Hilfe, große Probleme“

Auch der Metzgermeister Bernhard Urban in St. Johann (Pongau) bestätigt grundlegende Probleme für Nahversorger. Die vielen neuen Vorschriften durch Corona von staatlichen Behörden her, aber auch von der eigenen Innung, seien teils sehr schwer verständlich geschrieben. Es gebe auch generell viele Unklarheiten. Behördliche Maßnahmen müssten Kleinbetriebe deshalb schärfer umsetzen, damit es keine rechtlichen und hygienischen Probleme gibt, sagt Urban. Auch das treibe die Kosten in die Höhe.

Der junge Bäckermeister Bauer in Mühlbach vermisst in Reden von Politikern auf Landes- und Bundesebene klare Hinweise auf die verbliebenen Nahversorger in den Gemeinden. Das sieht auch der Bergbauer Robert Zehentner so, Pionier der agrarischen Selbstvermarktung und Senior-Geschäftsführer der Tauernlamm-Genossenschaft in Taxenbach (Pinzgau).

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tauernlamm.at
Schafe und Lämmer in den Hohen Tauern mit glücklichem Leben. An dessen Ende sind sie Lieferanten für hochwertige Lebensmittel aus der Region

Die Salzburger Tauernlamm-Genossenschaft hat fast 500 Zulieferer in ihrem Netzwerk. Die meisten sind Bergbauern und andere lokale bzw. regionale Erzeuger: „Medial wird sehr stark berichtet, welches Gedränge es in den Handelsketten durch Corona gibt. Stichwort Hamsterkäufe. Es wird aber dauernd darauf vergessen, dass wir auf dem Land auch noch kleiner strukturierte Metzger und Bäckereien haben für die Nahversorgung der Bevölkerung. In unseren Geschäften ist derzeit sehr wenig los.“

Hilft Politik nur Supermärkten und Handelsketten?

Die Genossenschaft betreibt selbst zwei Geschäfte, eines in Taxenbach und eines in Rauris. In beiden wird neuerdings täglich viel früher zugesperrt, weil kaum noch Kunden kommen. Zehentner versucht im Unterpinzgau nun, mit einem neuen Modell die Corona-Krise zu bekämpfen. Tauernlamm bietet einen neuen Zustelldienst für Lebensmittel. Neben heimischem Lammfleisch, Rindfleisch, Wild und Fleischprodukten liegt ein Schwerpunkt auch bei frischem Gemüse für private Haushalte in der Region.

Es gebe viele ältere Menschen im Bergland, die nicht jeden Tag selbst zum Einkaufen fahren können und aus Gründen des Gesundheitsschutzes das jetzt auch weniger oder nicht tun sollten. Oder auch junge Familien, die nicht so mobil seien, so Zehentner: „Wir bieten das nun für Taxenbach, Embach und Lend an und arbeiten mit der Gemeinde Taxenbach direkt zusammen. Wenn jemand frisches Obst und Gemüse braucht, dann besorgt das eine Mitarbeiterin der Gemeinde, bringt es zu unserem Geschäft, und unser Personal stellt es zu.“

Gastronomie geschlossen: 80 Prozent der Kunden weg

Zehentner sagt, wenn es Bedarf gebe, würden private Haushalte auch bis hinauf nach Bruck an der Glocknerstraße von der Tauernlamm beliefert: „Wir haben unsere Mitarbeiter an allen Standorten auf jeweils zwei Teams aufgeteilt, falls es bei uns eine Infektion mit Corona geben sollte. Dann steht immer noch ein zweites Team zur Verfügung.“

Noch ein paar Zahlen aus Innergebirg: Weil Gasthäuser, Restaurants und Hotels wegen der Corona-Krise geschlossen werden mussten, hat die Tauernlamm-Genossenschaft mehr als 80 Prozent ihrer bisherigen Geschäftskunden verloren. Bäcker Bauer in Mühlbach hat mit seiner Familie und der Belegschaft bis zu Corona täglich ca. 10.000 Semmeln (aus der Sicht vieler Ski-Gäste waren es „Brötchen“) für zehn eigene Filialen gebacken. Nun sind es nur noch 700 pro Tag.

Reaktionen aus der Politik

Aus dem Büro des Salzburger Landeshauptmannes und Wirtschaftsreferenten Wilfried Haslauer erhielt der ORF auf Anfrage die Antwort, man sei dankbar für den Hinweis auf diese Probleme. In Zukunft werde in der Krisenbewältigung verstärkt auch auf die Rolle der Nahversorger für die Bevölkerung hingewiesen. Das sagte uns auch Christian Stöckl, Vize-Regierungschef und Gesundheitsreferent des Landes Salzburg. Auf Bundesebene kam aus dem Umfeld von Bundeskanzler Sebastian Kurz (alle drei ÖVP) die Antwort, dass auch die Regierung in Wien dieses Thema verstärkt kommunizieren wolle.

Maximiliane Laserer, Branchensprecherin der Lebensmittelerzeuger und Juristin in der Salzburger Wirtschaftskammer, sagte dem ORF, ihre Institution versorge die kleinen und mittleren Betriebe draußen nahezu täglich mit wertvollen Informationen. Sie appelliere dringend an die regionale Wirtschaft, diese fachliche Post genau zu lesen. Das Material werde stets via E-Mail ausgeschickt.

Gratis-Gebäck für Einsatzkräfte

Wolfgang Bauer Bäckermeister in Mühlbach am Hochkönig mit Mitarbeiter des Roten Kreuzes
privat
Der Mühlbacher Bäcker Bauer mit einem Mitarbeiter des Roten Kreuzes in Bischofshofen

Der Meister geht nun dazu über, die Rettungs- und sonstigen Blaulicht-Einsatzkräfte täglich mit Brot- und Gebäck zum Jausnen zu beliefern – für die Teams kostenlos, „als Dank für ihre großen Mühen zum Wohl der Bevölkerung“, so Bauer. Das betrifft alle acht Gemeinden, in denen er eigene Filialen betreibt.

Gerald Lehner, ORF Radio Salzburg


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Um Konsumenten mehr Informationen über Öffnungszeiten und Sortimente bei Ab-Hof-Verkäufen oder Bauernmärkten im Land Salzburg gebündelt zu geben, bietet die Salzburger Landwirtschaftskammer täglich mehrmals aktualisierte News und Hinweise auf einer eigenen Website: „Salzburg schmeckt“

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