Das Innere der Gedenkstätte für die Opfer der Brandkatastrophe in Kaprun
ORF/Peter Obermüller
ORF/Peter Obermüller
Chronik

Kaprun-Unglück: Chronologie der Ereignisse

Als am 11. November 2000 kurz nach 9.00 Uhr die Alarmierung bei der Feuerwehr in Kaprun (Pinzgau) eingeht – ein Brand am Kitzsteinhorn – ahnt noch niemand, welche Ausmaße dieses Feuer annehmen würde: 155 Menschen sterben – die größte zivile Katastrophe Österreichs in der Zweiten Republik.

Am 11. November um 9.02 Uhr setzt sich die voll besetzte Standseilbahn an einem strahlend schönen Samstag bei der „Gletscherdrachen-Talstation“ in Richtung Alpincenter auf 2.452 Metern Höhe in Bewegung. Nach 1.132 Metern Fahrt bleibt der Zug auf Grund eines Lecks in der Bremshydraulik im unteren Drittel des Tunnels stehen – es ist 9.10 Uhr.

Der Zugführer meldet der Bergstation Feuer im hinteren Teil der Seilbahn. Er erhält noch die Anweisung, die Türen der Bahn manuell zu öffnen, dann reißt der Kontakt ab. Einem Fahrgast im hintersten Zugabschnitt gelingt es, mit einem Skistock ein Fenster einzuschlagen. So bringen sich einige Menschen in Sicherheit. Insgesamt können nur zwölf Menschen leicht verletzt dem Inferno entkommen.

Sendungshinwei: Salzburg heute, 11.11.2020

Um 13.00 Uhr gibt der damalige Salzburger Landeshauptmann Franz Schausberger (ÖVP) in einer ersten Pressekonferenz in Kaprun bekannt, dass „mit Ausnahme jener Personen, die sich befreien konnten, höchstwahrscheinlich niemand überlebt hat“. Auch in der Bergstation der Standseilbahn kommen aufgrund der extremen Rauchentwicklung drei Menschen ums Leben. Insgesamt sterben bei der Brandkatastrophe 155 Menschen. Eine dreitägige Staatstrauer wird angeordnet.

Pressekonferenz Kaprun Kitzsteinhorn Unglück Brandkatastrophe
APA/Robert Jäger
In den Tagen nach der Brandkatastrophe sind hunderte Journalisten aus aller Welt in Kaprun. Die 3.000-Einwohner-Gemeinde erlangt international traurige Bekanntheit

Am 16. November ist die Bergung aller Leichen, die sich in Zug und Tunnel befanden, abgeschlossen. Unter den 155 Toten sind mehrere Kapruner, sowie Touristen aus Österreich, Deutschland, Slowenien, Tschechien Großbritannien, den Niederlanden, den USA und Japan.

Erst Wochen später, am 30. Jänner 2001, wird das Zugswrack aus dem Tunnel geborgen. Untersuchungen von Brandexperten aus Österreich und Deutschland folgen.

Am 6. September 2001 wird die offizielle Unglücksursache bekannt gegeben. Demnach löste ein vorschriftswidrig eingebauter defekter Heizstrahler in der Seilbahn das Unglück aus. Einen Tag später, am 7. September 2001, weist die Kapruner Gletscherbahnen AG jegliche Schuld an der Brandkatastrophe zurück. Ein jahrelanger Rechtsstreit ist die Folge.

Unter großem Medienrummel wird am 18. Juni 2002 der Strafprozess eröffnet – wegen des großen Interesses im Saal des Salzburger Kolpinghauses statt im Landesgericht. 16 Personen sind angeklagt, darunter auch die Geschäftsführung der Gletscherbahnen, Beamte des Verkehrsministeriums und des Technischen Überwachungsvereins (TÜV). Sie müssen sich wegen fahrlässigen Herbeiführens einer Feuersbrunst und fahrlässiger Gemeingefährdung verantworten.

Richter Manfred Seiss beim Auftakt zum Kaprun Strafprozess 2002 – mit zahlreichen Fotografen und Kameraleuten
APA/Hans Klaus Techt
Unter sehr hohem medialen und öffentlichen Interesse beginnt der Prozess am 18. Juni 2002 am Landesgericht Salzburg. Aus Platzgründen findet die Verhandlung im Salzburger Kolpinghaus statt

Am 20. Februar 2004 geht der Prozess mit Freisprüchen für alle Angeklagten zu Ende. Für acht Beschuldigte kommt es aber am 26. September 2005 zu einer Berufungsverhandlung am Oberlandesgericht Linz. Am 27. September 2005 endet diese mit der Bestätigung der Freisprüche für alle acht Angeklagten. Die Beweisanträge der Staatsanwaltschaft werden abgewiesen.

Am 11. September 2004 wird die offizielle Gedenkstätte für die Opfer der Brandkatastrophe eröffnet. Sie befindet sich bei der Talstation der einstigen Standseilbahn.

Kaprun: Eine Chronologie

Im Juli 2007 warten die Hinterbliebenen der Kaprun-Opfer immer noch auf Entschädigungszahlungen. US-Anwalt Ed Fagan organisierte Sammelklagen, aber ein Mandant nach dem anderen verlässt ihn. Im Mai muss er Konkurs anmelden. Ein US-Gericht weist nun alle Klagen aus den USA ab. In einem Fonds warten 16 Millionen Euro auf die Verteilung an die Kläger.

Am 17. Juni 2008 gibt es eine Einigung auf Entschädigungszahlungen. Der Vorsitzende der Vermittlungskommission, Klaus Liebscher, teilt mit, dass man mit allen 451 Anspruchsstellern eine „vorbehaltlose Zustimmung“ erzielt habe. Insgesamt wird der Vergleichsbetrag in der Höhe von 13,9 Millionen Euro ausgezahlt.

Im Sommer 2012 wird die Zufahrtsrampe der Standseilbahn zum Tunneleingang vollständig abgebaut, der Tunnel der einstigen Bahn verschlossen.

Die Tunneleinfahrt der Kapruner Gletscherbahn
APA/Pictures unlimited / J.Fesl
Archivaufnahme aus 2000 – heute ist der Tunnel verschlossen, die Zufahrtsrampe abgebaut

Nach langer Schockstarre zurückgekämpft

Was Kaprun und das Skigebiet betrifft, so kämpften sich Gemeinde und Gletscherbahnen nach langer und tiefer Schockstarre zurück. Bereits im Folgewinter 2001/02 wurde der einstige „Gletscherdrache“ durch eine neue Gondelbahn ersetzt. Die Winterurlauber kehrten zurück, der Tourismus lief wieder an.

Insgesamt investierte die Gletscherbahnen Kaprun AG in den Jahren von 2001 bis heute rund 220 Millionen Euro in neue Lift- und Bahnanlagen und in die Qualitätsverbesserung. Herzstück wurde dabei die neue zwölf Kilometer lange Verbindung vom Ortszentrum Kaprun über den Maiskogel direkt in das Gletscherskigebiet. Insgesamt investierte das Unternehmen in die „3K K-onnection“ – bestehend aus zwei Seilbahnanlagen – rund 80 Millionen Euro. Sie wurde im November 2019 eröffnet.

Kaprun: Zurück ins Leben