Ruhe bewahren und warm halten, viel mehr kann und sollte man nicht tun, wenn man festsitzt. Wer schon eine Stunde in einer Gondel wartet, der ist psychisch belastet. Es sei auch eine schwierige Aufgabe für Retter, sagt Markus Lechner von Schmittenhöhe-Bahnen in Zell am See: „Das ist bei manchen Gästen viel Angst dabei. Die muss man gleich im ersten Moment schnappen mit ruhiger Stimme und beruhigen.“
Es ist eng, kalt und ausgesetzt. Für manche Fahrgäste knifflig ist das Abseilen, wie Statistin Manuela Gruber schildert: „Der Retter kommt von oben, entriegelt die Tür und kommt in die Gondel hinein. Mit ein bissel Überreden bin ich dann heraus zum Abseilen.“
„Abseilaktionen extrem selten nötig“
Thomas Reisch schult als Experte die Einsatzkräfte vieler Bergbahnen bundesweit. Er gehört zu den Entwicklern dieser Methodik: „Es hätte wenig Sinn für Fahrgäste in Gondeln, mit dem Handy die Betriebsleitung anzurufen. Dort tut man ohnehin schnellstmöglich, was zu tun ist. Anrufe verzögern nur die Hilfe.“
Technische Probleme oder Wetterstürze könnten für kürzere und längere Stillstände bei Liften sorgen. Bernhard Auernigg ist stellvertretender Betriebsleiter in Zell: „Ein solcher Fall mit dem Abseilen von so vielen Menschen wäre das Allerletzte, was wir tun müssten. Wir haben auch mechanischen Notbetrieb für die Bahnen. Da kann es dann sein, dass sich Fahrgäste eine Stunde lang in den Gondeln befinden. Sie kommen dann langsamer, aber sicher in die Bergstation.“ Angst sei fehl am Platz. Vollständige Stillstände seien sehr selten, betont auch Bergungsexperte Reisch: „Wir hatten bisher in 20 Jahren noch keinen einzigen Großeinsatz. Es gab immer nur Übungen und Schulungen.“
Spezielles Rettungsgerät aus der Schweiz
Auch auf der Kabinenbahn zur Bischlinghöhe bei Werfenweng (Pongau) wurde vor einigen Tagen der Ernstfall geübt – wie in den meisten Skigebieten Österreichs mit einem in der Schweiz entwickelten Rettungsgerät:
Intensives Training
In Werfenweng sind ehrenamtliche Einsatzkräfte der Bergrettung aus Bischofshofen und Werfen mit ÖBRD-Einsatzleiter Hannes Laner für die Evakuierung der örtlichen Kabinenbahn zuständig. Mit dem Schweizer Gerät können sie sich auf dem stählernen Tragseil selbständig und ohne Fremdsicherung von Gondel zu Gondel bewegen, um die Fahrgäste zu befreien.
Genormt und behördlich genehmigt
Das Gerät dient nur für die Fortbewegung der Rettungsleute, nicht für die der Seilbahnpassagiere. Diese werden aus ihren Gondeln dann stufenweise auf sicheren Boden abgeseilt, wo schon andere Helfer für die weitere Versorgung und den Weg ins Tal warten. Für das Abseilen hat jeder „fliegende“ Helfer einen eigenen Sack mit Sicherungs- und Seilmaterial bei sich – alles genormt und technisch von Behörden geprüft und genehmigt. Dazu kommt ein spezieller Abseilgurt für die Fahrgäste, den man diesen in der Kabine noch in Sitzposition anlegen kann.
Was sagen Praktiker?
Das Handling des Schweizer Gerätes auf dem Tragseil der Gondelbahn sei im ersten Training gar nicht so einfach, sagen Teilnehmer, die zum ersten Mal dabei sind. Wie fast überall müsse man auch hier durch Üben eine gute Automatisierung erreichen, damit jeder Handgriff sitzt. Gewöhnungsbedürftig sei die Handbremse beim Hinunterfahren zwischen den Gondeln, wenn der Trassenverlauf sehr steil ist.
Auch das rasche Einlegen der Vorrichtung auf dem Tragseil bei den Seilbahnstützen brauche Übung. Für Notfälle hat das Gerät in den Rollen eine zusätzliche und automatisch einsetzende Fliehkraftbremse, damit der Mann oder die Frau von den Einsatzkräften nie zu schnell werden kann.
Seilbahn auf der Bischlinghöhe in Werfenweng
Frühere Pionierarbeit in Tirol
Bevor die Schweizer Entwickler das System zur vollen technischen Reife führten, entwickelte der Tiroler Bergretter sowie professionelle Berg- und Skiführer Peter Veider mit anderen Tirolern erste Prototypen. Veider war früher auch Geschäftsführer der Tiroler Bergrettung.
Ganze Bahn unter dreieinhalb Stunden evakuiert
Auf der Schmittenhöhe in Zell am See waren bei dieser Übung insgesamt zwölf Bergetrupps unterwegs: Personal von Bergbahnen, Bergrettung, Bundesheer, Rotem Kreuz und Polizei. Alle Gondeln konnten innerhalb der vorgegebenen dreieinhalb Stunden evakuiert werden. Für Fahrgäste gilt laut Liftbetreibern: Keine Angst vor Seilbahnen – und zur Sicherheit: Nie mit voller Blase einsteigen!