Waldrappen im Zugflug
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Tiere

Waldrappe ziehen nach Norden statt Süden

Eine ungewöhnliche Reise lässt sich aktuell beobachten. Am Samstag setzte sich eine Gruppe von mindestens 18 Waldrappen von Salzburg aus in Bewegung. Anstatt nach Süden zu fliegen, zog es sie jedoch in den Norden.

Zwei der halbwüchsigen Vögel flogen gemeinsam mit 16 Jungvögeln von der Stadt Salzburg von der Gegend des Flughafens aus über Tschechien in die Oberpfalz (Bayern). Dort stoppte die Gruppe und trennte sich. Ein Jungvogel hat sich bereits in Tschechien dazu entschieden den Rückweg anzutreten, während zwei weitere Vögel noch zögerten, aber sich dann auch dazu entschieden wieder zur Gruppe nach Salzburg zurückzukehren. Ein besenderter Jungvogel flog derweil gemeinsam mit fünf weiteren Jungvögeln ohne Sender auf seinem Kurs weiter und sie erreichten am Montag Schweden. Derzeit dürften sie sich im Bereich von Jönköping aufhalten.

Der Rest der Gruppe flog in etwas gemäßigterem Tempo weiter, aber auch sie befinden sich derzeit noch weiter auf Nordkurs, aktuell nördlich von Wolfsburg (Niedersachsen).Die Jungvögel folgen dabei ihrer natürlichen Zugmotivation, jedoch ohne Kenntnis über die Lage des Wintergebiets.

Karte
Waldrapp-Team

Tiere aus Kolonie in Kuchl

Die Tiere stammen aus der Kolonie am Georgenberg in Kuchl (Tennengau) und teilweise aus der Kolonie in Grünau im Almtal (Oberösterreich). Wenn die Jungvögel ohne erfahrene Artgenossen fliegen, kann es vorkommen, dass sie in die falsche Richtung fliegen. Die Vögel haben den Zugtrieb und sind in diesem Jahr zielstrebig Richtung Norden aufgebrochen, nachdem sie die Richtung ohne erfahrene Vögel nicht kennen.

Waldrapp
C. Esterer
Der Großteil der Gruppe stammt aus der Kolonie am Georgenberg in Kuchl (Tennengau)

Vögel würden Winter in Schweden nicht überstehen

Laut Corinna Esterer vom Birdmanagement des Waldrapp-Projektes ist das heikel. Mit hoher Wahrscheinlichkeit würden die Tiere wenn sie nicht mehr umkehren den Winter in Schweden nicht überstehen. Die Mitarbeiter hoffen, dass die Gruppen ihre Zugrichtung wieder ändern.
Das Projektteam hat aber kaum eine Möglichkeit, die Tiere zurückzuholen. Da es Wildvögel sind, können diese nicht einfach eingefangen werden. Dennoch hoffen die Projektmitarbeiter weiterhin auf zahlreiche Sichtmeldungen zu den Vögeln entlang der Route, um die Lage besser einschätzen zu können.

Waldrappe waren 350 Jahre lang ausgestorben

Das Projekt läuft seit 2002 – Ziel ist hier, die zu den Ibisvögeln zählenden Waldrappe nach rund 350 Jahren wieder im Alpenraum anzusiedeln. Ohne die Reise in den Süden würden die Tiere den Winter im Alpenraum nicht überleben. Die Rückkehr im Frühjahr nach Österreich sollen sie selbst antreten. Die glatzköpfigen Waldrappe lebten bis ins 17. Jahrhundert im Alpen- und Mittelmeerraum. Die illegale Jagd sei die Hauptursache, auf die drei Viertel der Todesfälle zurückzuführen sei.

ORF Salzburg, Katharina Garzuly