Kultur

Reaktionen auf abgesetzten „Jedermann“

Auch am Montag ist unklar geblieben, warum die Salzburger Festspiele das „Jedermann“-Ensemble komplett austauschen. Das Festspieldirektorium verteidigte die Entscheidung. Menschlich enttäuscht zeigte sich Regisseur Michael Sturminger. Schauspielchefin Marina Davydova zeigte sich zerknirscht über die Vorgänge.

In einem bisher beispiellosen Schritt in der Geschichte der Festspiele wurde Regisseur Sturminger über die Absage seiner dritten Neuinszenierung des „Jedermann“ informiert. Auch Hauptdarsteller Michael Maertens wurde von diesem abrupten Ende erst kurz vor der Aussendung in Kenntnis gesetzt. Die Entscheidung und ihr Zustandekommen sorgen für Diskussionen.

Die Buhlschaft trägt heuer Rot, leuchtendes Korallenrot. „Ein sehr vitales Rot“, sagt Schauspielchefin Bettina Hering von den Salzburger Festspielen. Die legeren Kostüme für die Neuinszenierung des „Jedermann“ wurden nun präsentiert. Auch der Jedermann ist heuer kein prachtvoller Pfau.
APA/Barbara Gindl

Der Intendant der Salzburger Festspiele, Markus Hinterhäuser, verteidigte die Absetzung der jüngsten „Jedermann“-Inszenierung nach nur einer Spielzeit. „Das ist keine frivole Entscheidung“, sagte er der dpa am Montag.

Hinterhäuser: „Neuproduktion ist legitim“

Regisseur Sturminger hatte im Sommer seine bereits dritte Inszenierung des traditionellen „Spiels vom Sterben des reichen Mannes“ in Salzburg präsentiert. Nach sieben Jahren sei es legitim, dass sich die Festivalleitung gemeinsam mit Davydova für eine Neuproduktion entschieden habe, sagte Hinterhäuser. „Wir haben eine wirklich profunde Analyse der letzten Jahre vorgenommen. Das war für uns alles andere als einfach und durchaus schmerzlich, und uns ist auch vollkommen klar, dass diese Entscheidung für die bisher Beteiligten ebenfalls schmerzlich ist“, sagte er.

Regisseur Sturminger kritisiert „brutale Machtausübung“

Sturminger wurde über die Absage von der neuen Schauspielchefin der Festspiele Davydova telefonisch informiert. Nur Minuten danach wurden die etwa 50 Ensemblemitglieder per E-Mail informiert. Eine Begründung für die Entscheidung fehlt bis heute. „Ich sehe die Entscheidung nicht allein bei der Schauspielchefin. Der ‚Jedermann‘ ist absolut Sache des Direktoriums“, so Sturminger.

Erste Reaktionen auf abgesetzten „Jedermann“

Noch ist unklar, warum die Salzburger Festspiele das Jedermann-Ensemble ausgetauscht hat. Das Festspieldirektorium gab nach wie vor keine Stellungnahme dazu ab. Menschlich enttäuscht zeigte sich Regisseur Michael Sturminger. Schauspielchefin Marina Davydova zeigte sich zerknirscht über die Vorgänge.

Er kritisierte insbesondere die Umstände der Entscheidung: „Mein Ensemble muss hier eine starke Stimme kriegen, dass das so nicht abgeht. Weil das ist mir fast zu viel brutale Machtausübung, muss ich sagen.“

Schauspieldirektorin: Einspielergebnis an der Kasse zählt

„Die Absetzung hat nichts mit einer persönlichen künstlerischen Präferenz von meiner Seite zu tun“, sagte Davydova in einem Interview mit der Tageszeitung „Der Standard“. Demzufolge habe sie die Entscheidung auch nicht allein getroffen.

Ein neues Team werde sie bei gegebener Zeit bekanntgeben – sie habe sich darauf aber bereits vorbereitet. Ein Grund für die Absetzung seien laut Davydova auch die gemischten Publikumsreaktionen gewesen.

Mögliche juristische Konsequenzen

Es steht nun zur Debatte, ob aus der Absage auch juristische Konsequenzen für die Festspiele entstehen könnten. Das alte Team erwägt derzeit eine Sammelklage gegen die Salzburger Festspiele. Er halte sich nicht für unersetzbar, erklärte Regisseur Sturminger.

Dem Ensemble sei im Sommer eine Neuauflage zumindest in Aussicht gestellt worden. Der Vertrag von Hauptdarsteller Maertens umfasst eigentlich zwei Jahre als Jedermann auf dem Domplatz. Hinterhäuser betonte, man werde die vertraglichen Vereinbarungen gegenüber Maertens und dem Rest des Teams korrekt abwickeln. Wer nächsten Sommer den „Jedermann“ inszeniert und verkörpert, wurde vorerst nicht bekanntgegeben.