Vier Rollen Captagon
Polizei Salzburg
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Gericht

Handel mit „Dschihadisten-Droge“: Strafen erhöht

In einem der größten Drogenprozesse im Bundesland Salzburg hat am Donnerstag ein Berufungssenat die Urteile aus der ersten Instanz massiv angehoben. Die Angeklagten, die mit Millionen Tabletten der „Dschihadisten-Droge“ Captagon gehandelt haben, müssen deutlich länger in Haft.

Das Berufungsgericht begründete die Verschärfung der Strafen von acht Angeklagten mit der großen Menge an Suchtgift, mit der gehandelt worden war, teilte ein Sprecher des Oberlandesgerichtes Linz der APA mit. Im erstinstanzlichen Prozess am Landesgericht Salzburg, der sich über Monate zog, wurden acht der insgesamt 14 Beschuldigten zu Haftstrafen verurteilt, die anderen sechs im Zweifel freigesprochen – mehr dazu in Drogenring in Pizzeria: Mehrjährige Haftstrafen (salzburg.ORF.at; 21.3.2022).

Zwölf statt neun Jahre Haft für Hauptangeklagten

Die Strafe des Hauptangeklagten wurde am Donnerstag von neun auf zwölf Jahre erhöht, sein Sohn muss nun acht statt sechseinhalb Jahre in Haft. Die Strafen für seine Ex-Frau und seine Tochter wurden von jeweils drei auf fünfeinhalb bzw. sechseinhalb Jahre angehoben. Bei drei weiteren Angeklagten wurden die Strafen von eineinhalb bis drei auf viereinhalb bis sieben Jahre erhöht, und der achte Beschuldigte muss neun statt siebeneinhalb Jahre hinter Gitter.

Bürmooser Pizzeria als Drehscheibe

Im Verfahren ging es um 13,8 Millionen Captagon-Pillen mit einem geschätzten Verkaufswert von 40 Millionen Euro. Die Angeklagten sollen die als „Dschihadisten-Droge“ bekannten Tabletten vom Libanon über die EU nach Saudi-Arabien geschmuggelt haben. Umschlagplatz war dabei offenbar eine Pizzeria in Bürmoos (Flachgau).

Eine Waschmaschine in der die Drogen transportiert worden sind.
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In der Pizzeria in Bürmoos wurden die Drogen in Industrie-Elektrogeräten versteckt und versendet

Die Drogen wurden – versteckt in den Hohlräumen von Rollen mit Plastikfolie – zunächst auf dem Seeweg nach Belgien und vor dort nach Bürmoos transportiert. Dort verschwanden sie in Industrie-Pizzaöfen, Waschmaschinen und anderen Elektrogeräten und wurden so nach Saudi-Arabien verfrachtet. Der große Umweg wurde gewählt, weil Importe aus der EU in Saudi-Arabien offenbar deutlich weniger kontrolliert werden als die Wareneinfuhr aus dem Vorderen Orient.

Aufputschende Droge, die furchtlos erscheinen lässt

Captagon war in den 1960er-Jahren als Medikament entwickelt worden, um zur Behandlung von z. B. ADHS eingesetzt zu werden. Es enthält den Wirkstoff Fenetyllin, das als Suchtgift gilt. Die Wirkung ist ähnlich der von Amphetamin und wirkt direkt auf das zentrale Nerven- sowie das Herz-Kreislaufsystem, weil sie die Blut-Hirn-Schranke durchbricht.

Diese Droge wird laut Polizei auch öfters in Zusammenhang mit terroristischen Anschlägen gebracht, da der Wirkstoff aufputschend wirkt und den Konsumenten u. a. furchtlos, unempfindlich gegen Schmerz etc. erscheinen lässt. Die Nebenwirkungen können bis zum Tod reichen.