Touristen in Getreidegasse
ORF/Georg Hummer
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Wirtschaft

Wer zähmt Salzburgs Massentourismus?

Der Tourismus in der Stadt Salzburg boomt oder – je nach Betrachtungsweise – eskaliert wie vor den CoV-Lockdowns. Was Touristiker und Hoteliers freut, sorgt bei Einheimischen und Gästen zunehmend für Unbehagen und Ärger. Die Altstadt verkomme zum Ghetto touristischer Massen im Durchzugsverkehr, sagen Kritiker.

Im Hochsommer schieben sich täglich viele tausend Mensch durch die Salzburger Innenstadt. Tagestouristen, die mit dem Auto kommen, sorgen für Staus, Betriebe kehren der Altstadt den Rücken. Die Stadt will nun das erst 2020 beschlossene „Tourismusleitbild 2025“ überarbeiten.

Managerin vermisst Leitbild für Landeshauptstadt

In einem Interview mit den „Salzburger Nachrichten“ Mitte August, sprach die neue Geschäftsführerin der städtischen Tourismusgesellschaft TSG, Christine Schönhuber, vom Fehlen einer Qualitätstourismusstrategie für die Landeshauptstadt. Sie räumte aber ein, dass es dafür keine einfache Lösung gebe. „Der Tourismus in Salzburg ist ein komplexes System. Daher müssen sich die Entscheider an den Tisch setzen und an einer Strategie feilen.“

Ressortchef sieht Lage optimistischer

Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP), auch Eigentümervertreter der TSG, versuchte am Donnerstag den Eindruck eines fehlenden Plans zu entkräften. „Wir arbeiten bereits seit Monaten an einer strategischen Neuausrichtung im Tourismus“, sagte er in einer Pressekonferenz. „Das Leitbild 2025 ist eine gute Basis für den aktuellen Überarbeitungsprozess.“ Preuner verwies auf erste Schritte, die bereits umgesetzt worden sind: eine Obergrenze für Hotelneubauten mit 60 Zimmern oder 120 Betten, Regulierungen gegen den Wildwuchs von Plattformen wie Airbnb oder ein Slot-System für Reisebusse, die Urlauber in der Innenstadt aussteigen lassen.

Preuner für bessere Besucherlenkung

Nun gelte es, an der Besucherlenkung und an einem Verkehrskonzept zu arbeiten. „Es macht wenig Sinn, neue Gästegruppen anzusprechen“, betonte der Bürgermeister und ergänzte: „Wir wollen nur die herinnen haben, die hier übernachten.“ Sprich: Die Zahl jener Tagesreisenden, die nur für wenige Stunden in der Stadt sind und nichts konsumieren, soll reduziert werden. Zahlen, wie viele das sind, gibt es aber nicht. Mit der Strategieentwicklung hat Preuner nun den ÖVP-Stadtparteichef, Gemeinderat, Juristen und Hotelier Florian Kreibich betraut – das ist jener Mann, der ihm bei der Bürgermeisterwahl im Frühjahr 2024 als Spitzenkandidat folgen wird.

ÖVP-Kronprinz für Obergrenze

„Man wird über eine Oberkante diskutieren müssen“, sagte Kreibich, der auch im Aufsichtsrat der TSG sitzt. Bei einer aktuellen Bettenauslastung von derzeit 50 bis 60 Prozent sehe er aber noch keinen „Overtourismus“. Das Problem seien die Tagestouristen, die zu zwei Drittel mit dem eigenen Auto in die Stadt kämen und für ein Verkehrschaos sorgten. Kreibich will darum den Bau einer Messebahn als Zubringer vom Messeparkplatz forcieren. Pläne dazu gibt es, die Messebahn (oder „S-LINK Express“) ist jedoch nicht Teil des mittlerweile zur UVP eingereichten ersten Abschnitts der Regionalstadtbahn S-LINK. Eine Umsetzung könnte damit noch dauern.

Workshops im Herbst sollen Erlösung bringen

Wie TSG-Geschäftsführerin Schönhuber am Donnerstag sagte, soll die Strategieentwicklung mit Workshops im Oktober und November starten. Das aktuelle „Tourismusleitbild 2025“ war im Mai 2020 mitten in der Lockdown-Krise nach heftigen Debatten im Gemeinderat beschlossen worden.

ÖVP, SPÖ und Liste SALZ stimmten damals dafür, die grüne Bürgerliste, FPÖ, Neos und KPÖ dagegen. Schon damals war kritisiert worden, dass schärfere Instrumente gegen den Massentourismus fehlten und das Leitbild von Wachstumsstreben geprägt sei. Eine Überarbeitung hatte Preuner 2021 noch abgelehnt.