In Radstadt (Pongau) ist ein neues Buch über die international bekannte Architektin und Designerin Margarete Schütte-Lihotzky vorgestellt worden. Sie verbrachte viele Sommerfrischen im Ennspongau. Das neue Buch enthält Briefwechsel aus der Zeit, als Hitlers Gestapo die Regime-Gegnerin in den Kerker steckte.
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Kultur

Wie eine Star-Designerin den Nazis knapp entkam

In Radstadt (Pongau) ist ein neues Buch über die international bekannte Architektin und Designerin Margarete Schütte-Lihotzky vorgestellt worden. Sie verbrachte viele Sommerfrischen im Ennspongau. Das neue Buch enthält Briefwechsel aus der Zeit, als Hitlers Justiz und die Gestapo die Regime-Gegnerin fast ermordet hätten.

Das Haus von Schütte-Lihotzky in Radstadt ist das einzige Privathaus, das die Architektin in ihrem langen Leben jemals geplant hat. Heute gehört es ihren Nachfahren. Diese haben auch die Briefe für das neue Buch zur Verfügung gestellt.

Historiker spricht von Sensationsfund

Für den Architekturhistoriker Thomas Flierl ist das ein Sensationsfund. Er ist auch Herausgeber des neuen Buches:

„Es waren die Stranskis, die sich an mich gewandt haben, nachdem ich ein Buch über Ernst May in der Sowjetunion verfasst hatte. Und sie kamen mit dem Vorschlag, eine Biografie über Margarete Schütte-Lihotzky zu erarbeiten. Und dann offerierten sie mir in diesem Haus in einem ähnlichen Karton mit diesen Manuskripten. Die hatte ich gar nicht erwartet, dass sie noch existieren. Ich veröffentliche nun diesen Briefwechsel. Über die Gefängniszeit von Margarete Schütte-Lihotzky. Sie schrieb an ihren Ehemann, dazu kommen die Briefe an ihre Schwester in Moskau.“

Schöpferin der weltberühmten „Frankfurter Küche“

Schütte-Lihotzky wurde 1897 in Wien geboren. International bekannt wurde sie mit dem Entwurf der berühmten „Frankfurter Küche“ – dem später tausendfach verbauten Prototypen moderner
Einbauküchen. Dazu kamen zahlreiche Häuser für die Kinderbetreuung.

Mit ihrem Ehemann Wilhelm Schütte war sie in der Türkei im Widerstand gegen das NS-Regime aktiv. 1941 wurde sie in Wien verhaftet. Es drohte die Hinrichtung. Aus dieser Zeit stammen die gefundenen Briefe.

In Radstadt (Pongau) ist ein neues Buch über die international bekannte Architektin und Designerin Margarete Schütte-Lihotzky vorgestellt worden. Sie verbrachte viele Sommerfrischen im Ennspongau. Das neue Buch enthält Briefwechsel aus der Zeit, als Hitlers Gestapo die Regime-Gegnerin in den Kerker steckte.
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Erkennungsdienstliches Foto von Hitlers Geheimer Staatspolizei (Gestapo) – kurz nach Verhaftung der Regime-Gegnerin in Wien

Ein Zitat:

"Erst am Abend wurde das Urteil verkündet. Bis dahin glaubte ich an meinen Tod. Es war wirklich auf des Messers Schneide. Könnt ihr euch vorstellen, wie das ist? Dr. Führer, mein Verteidiger, war außerordentlich nett zu mir. Er hat sich große Mühe gegeben. Es war für ihn wohl auch ein interessanter Fall.“

Der Hinrichtung knapp entkommen

Erst nach Kriegsende wurde die Architektin – der in Österreich erst späte Anerkennung zuteilwurde – aus der Haft entlassen. Ab den 1960er-Jahren verbrachte sie ihre Sommermonate in Radstadt.

Seit 1997 ist in hier auch ein Platz nach ihr benannt, wie Elisabeth Schneider vom Kulturkreis „Das Zentrum“ in Radstadt schildert: „Leider ist es halt immer so, dass Anerkennung spät kommt. Aber Anerkennung, egal ob früh oder spät, ist immer wichtig. Weil wir alle unsere Schlüsse daraus ziehen und uns damit auseinandersetzen – und von dieser großartigen Frau lernen und profitieren können.“

Weiteres Zitat

aus den Briefen von Margarete Schütte-Lihotzky:

„Gerettet. Dem Leben wieder geschenkt. Bei Kriegsende sehen wir uns sicher wieder. Ich war ganz gefasst und habe tapfer dem Tod ins Auge gesehen.“

Gestorben ist die Architektur-Pionierin im Jahr 2000 – kurz vor ihrem 103. Geburtstag.