Bodo Hell
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Kultur

Poet, Musiker, Almhirt Bodo Hell wird 80

Der Almhirt, Künstler, Schriftsteller, Poet, Musiker und gebürtige Salzburger Bodo Hell wird 80. Er feiert seinen Geburtstag am 15. März im Wiener Jazzclub Porgy & Bess. Er ist auch Träger des Großen Salzburger Kunstpreises.

Wer den Autor und Almhirten hautnah erleben will, begleitet ihn am besten in die freie Natur. Dazu haben Interessierte dann am 2. April bei einer „Stadtberge-Wanderung“ auf dem Wiener Leopoldsberg und Nasberg die Gelegenheit, bei der Hell als Tourguide fungiert, bevor der Tag gemeinsam beim Heurigen ausklingt.

1943 in Salzburg geboren, studierte Hell zunächst am Mozarteum Orgel beim Salzburger Domorganisten Franz Sauer, sowie Philosophie, Germanistik und Geschichte. Vor der freien Mitarbeit beim ORF werkte er unter anderem als Autowäscher, Fließbandarbeiter, Sprachlehrer, Tutor und Lagerarbeiter.

Schwerpunkt der Feiern in Wien

Der 80. Geburtstag wird zudem gefeiert mit einer Ausstellung (mit Hil de Gard und Linda Wolfsgruber) und dem Abend „Bodo Hell & Friends: ‚…und kein bißchen… Spätlese von und für Bodo Hell‘“. Tags darauf gibt im Aktionsradius Wien die Künstlerin Carola Mair Einblicke in ihr Filmprojekt „BODO HELLwach“, ehe Hell mit Ania Gleich spricht und aus neuen Texten liest.

„Hausmeister“ des Dachstein, Hirt und Senner

Ab 1977 veröffentlichte er äußerst unterschiedliche Bücher, Hörspiele und Theaterstücke, betätigte sich aber auch als Musiker, Regisseur, Ausstellungsdesigner und Fotograf. Seine Funktion als Almhirte mit an die hundert Pferden, Kühen und Rindern auf dem Berg ist für Bodo Hell „trotz aller körperlicher Anstrengungen ein Jungbrunnen auch für die Seele“, wie er einmal sagte.

Seine Liebe zur Natur und seine genaue Sprachbeobachtung zwischen den Welten thematisierte er auch in „Stadt Land Berg“, jenem Text, den er für den Bachmann-Preis 2006 einreichte, und für den er ebendort mit dem Telekom Austria Jury-Preis ausgezeichnet wurde.

Dachstein Südwand Torstein Ramsau Nördliche Kalkalpen Obersteiermark Herbst
Flugbild: Gerald Lehner
Hells Sehnsuchtslandschaft Dachstein mit Torstein, Mitterspitz, Hauptgipfel und Dirndl über der Südwand

Viele Erzählungen

Wie viele seiner Arbeiten stellt der Text eine Partikelsammlung sprachlicher Versatzstücke dar, eine Bestandsaufnahme der „Versprachlichung und Verschriftlichung aller Lebensumstände“, der Hell mit seinem sensiblen Hören auf die heimlichen Bedeutungen von Zitaten, Floskeln und Botschaften in all seinen Werken auf die Schliche zu kommen versucht.

Auch seine Erzählungen wie „die Devise lautet“ (1999) oder „mittendrin“ (1991) verkörpern Collagen, in denen er Eindrücke aus Natur und Sprache, aus Stadtleben und Kommunikation immer wieder neu zusammensetzt. In Büchern oder Lesungen kooperierte Hell häufig mit Autorenkollegen wie Friederike Mayröcker, Ernst Jandl oder Liesl Ujvary.

Mit Salzburger Jazzern unterwegs

Der Umfang seiner Publikationen wächst dabei nahezu jährlich an, zuletzt erschienen etwa 2017 „Ritus und Rita neue Legenden und Liebeserklärungen“ im Droschl Verlag, 2018 folgte „Wilder Dachstein“ (mit Elsbeth Wallnöfer und Peter Kubelka), der Essay „Auffahrt neue Hagiographien“ kam 2019 ebenfalls bei Droschl heraus. Dort erscheint am 10. März auch „Begabte Bäume“, in dem sich Hell Vielfältigem, Kuriosem und Wissenswertem rund um Bäume widmet.

Mit Musik kommentierte und mit Bildern illustrierte Hochgeschwindigkeitssprache gibt Hell auch in seinen Theaterstücken zum Besten. „Tracht:Pflicht“ wurde im Rahmen von „Graz 2003“ uraufgeführt, 2002 irritierte er in Krems mit der „Racheoper“ „Ria nackt“, einer multimedialen Bearbeitung des Ariadne-Mythos. Auch mit der Salzburger Jazz-Gruppe „Trio Inflagranti“ ließ er sich immer wieder auf Textvermittlung zwischen Konzert und Lesung ein, unter anderem bei den Rauriser Literaturtagen 2006, bei denen er schon 1972 den Rauriser Literaturpreis erhielt. Auch heuer ist Hell bei den Rauriser Literaturtagen wieder live zu erleben.

Vielerlei Auszeichnungen

1991 folgte der Erich Fried Preis, 2003 der Preis der Literaturhäuser, 2006 dann der Telekom-Preis. 2017 erhielt er den mit 15.000 Euro dotierten Christine Lavant Preis In der Begründung hieß es: „Er ist ein enzyklopädischer Geist, er weiß fast alles. Er bringt die entlegensten Dinge zueinander und erschließt damit neue Sichtweisen und Bedeutungen.“

Den Großen Kunstpreis des Landes Salzburg erhielt Hell im Jahr 2019, die Jury lobte dabei Hells kunstvolle literarische Gebilde, „mit denen er unseren sozialen Organisationsformen einen erhellenden, stets auf lustvolle Weise unser Bewusstsein schärfenden Spiegel vorhält und gleichzeitig neue, oft überraschende Bedeutungskomplexe generiert“.

Hörtipp

Gefeiert wird Bodo Hell auch im Kulturradio Ö1: Hells „Gedankenfontänen“, die gestern unter dem Titel „Sage und schreibe“ in den „Gedanken“ ausgestrahlt wurden, sind bis Ende dieser Woche noch hier nachzuhören.

In der Sendung „Im Gespräch“ am 16. März (ab 21 Uhr) spricht Renata Schmidtkunz mit Hell über seine Liebe zur Sprache, das besondere Auge in der Fotografie, das Leben auf der Alm und die verschiedenen Wirkungsweisen von Literatur.