Landesgericht Salzburg Justizgebäude
ORF.at/Georg Hummer
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Gericht

Ausbeutung in Nagelstudio? Prozess vertagt

Am Salzburger Landesgericht ist am Dienstag der Prozess gegen ein Ehepaar vietnamesischer Herkunft vertagt worden. Die Angeklagten bestritten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft, dass sie fünf Vietnamesen in einem Nagel- und Kosmetikstudio ausgebeutet haben sollen.

Der Inhaber des Nagelstudios in der Stadt Salzburg und dessen Frau mussten sich wegen illegaler Beschäftigung und Ausbeutung verantworten. Sie sollen für fünf Personen gefälschte tschechische Pässe für die Kontrolle bereit gehalten und dafür monatlich jeweils 100 Euro kassiert haben. Zudem hätten sie für die Wochenarbeitszeit von 50 Stunden nur je 420 Euro im Monat bezahlt.

Fall fiel bei Kontrolle im Juni auf

Die bisher unbescholtenen Angeklagten vietnamesischer Herkunft besitzen seit einigen Jahren die tschechische Staatsbürgerschaft. Sie leben seit 2017 in Salzburg. Die Staatsanwaltschaft Salzburg lastet ihnen für den Zeitraum zwischen 10. April und 20. Juni 2022 Verstöße gegen das Fremdenpolizeigesetz an. Konkret wird ihnen Ausbeutung von Fremden und Beihilfe zum unbefugten Aufenthalt vorgeworfen – im Fall einer Verurteilung drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis. Die Causa flog bei einer Kontrolle der Finanzpolizei am 20. Juni auf.

Angeklagte weisen Schuld von sich

Die fünf Beschäftigen hatten ihre Arbeitgeber bisher schwer belastet. „Ihre Aussagen sind falsch, das können wir belegen“, konterte der Verteidiger beim Prozess. „Die Beschuldigten haben sicher nicht Dienstnehmern einen Pass verschafft, damit sie sich unrechtmäßig bereichern. Meine Mandanten hatten keine Ahnung, dass das nicht ihr Reisepass ist.“ Die fünf Beschäftigen des Nagel- und Kosmetikstudios hätten zudem viel weniger als 50 Stunden pro Woche gearbeitet.

Warum sollten ihn gleich fünf Mitarbeiter zu Unrecht belasten, wenn sogar einige bei ihm gratis wohnen durften, fragte die Richterin den beschuldigten Unternehmer. Er vermutete „Eigenschutz“ als Motiv dieser Personen. Ihre Pässe seien deshalb während der Arbeitszeit im Geschäft aufbewahrt worden, um im Falle einer Kontrolle durch die Fremdenpolizei diese sogleich herzeigen zu können, rechtfertigte er sich. Dadurch werde der Kundenbetrieb nicht gestört.

Richterin hakte nach

Auf Nachhaken der Richterin erklärte er, dass nur zweimal im Jahr kontrolliert werde und es ihm auch nicht aufgefallen sei, dass die Pässe neuwertig und unbenutzt aussahen. „Es hat auch nur ein Einziger tschechisch sprechen können“, merkte die Richterin an. Das sei ihm nicht aufgefallen, sie hätten sich untereinander hauptsächlich auf Vietnamesisch unterhalten, sagte der Angeklagte.

Ist das ein Zufall, dass alle diese fünf Beschäftigten mit vietnamesischer Herkunft einen tschechischen Pass hatten, wollte die Staatsanwältin noch wissen. Er habe keine Ahnung, woher diese fünf Pässe kommen, antwortete der Geschäftsinhaber. Seine Frau, selbst eine Beschäftigte des Studios, ergänzte noch, sie habe eine Kundenliste samt der tatsächlichen Arbeitszeit der Mitarbeiter angefertigt.

Zeugen-Befragung bei nächstem Termin möglich

Der Prozess wurde zur weiteren Beweisaufnahme auf unbestimmte Zeit vertagt. Weil die Angeklagten alle Vorwürfe bestritten hatten, zog die Richterin in Erwägung, die Aufenthaltsermittlung sämtlicher Zeugen auszuschreiben, um sie im Prozess befragen zu können.

Hungerlöhne in Nagelstudios üblich?

In Deutschland ist laut Medienberichten fast der gesamte Markt von Nagelstudios in der Hand vietnamesischer „Unternehmer“ dieser Art. Arbeitsstunden und Entlohnung seien überall ähnlich wie in dem Salzburger Fall, heißt es bei der Polizei.