Tankstelle, Autos und Kirchturm im Hintergrund in Saalfelden
Reinhard Seiß
Reinhard Seiß
Chronik

Saalfeldens „hässliche“ Winkel: Anstoß durch Fotos

In Saalfelden (Pinzgau) hat der Stadtplaner Reinhard Seiß zwei Jahre mit dem Fotoapparat die aus seiner Sicht „hässlichsten“ Winkel erkundet. Die Kulturinitiative „Stadtgespräche“ will so einen Anstoß liefern, die Gestaltung der drittgrößten Stadt des Bundeslandes zu verbessern.

Über zwei Jahre war der Stadtplaner und Filmemacher Seiß mit besonders offenen Augen in Saalfelden unterwegs – um Eindrücke zu sammeln und Plätze aufzuspüren, an denen der Kritiker Fehlentwicklungen ortet: „Wie in jedem Ort, wie in jeder Stadt in Österreich ist es ganz offensichtlich, dass die wichtigen Funktionen – Einkaufen, Arbeiten, mittlerweile auch das Wohnen – aus den Zentren an den Rand abgewandert sind. Es ist in den Orten kaum mehr etwas.“

Fotostrecke mit 8 Bildern

Auslage im Zentrum von Saalfelden
ORF
Auslage im Zentrum von Saalfelden
Reinhard Seiß vor dem Saalfeldener Rathaus
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Reinhard Seiß hat sich das Stadtbild von Saalfelden genau angesehen
Tankstelle, Autos und Kirchturm im Hintergrund in Saalfelden
Reinhard Seiß
Mit Fotos wie diesem dokumentiert Seiß die Bauentwicklung in der drittgrößten Stadt des Bundeslandes. Ähnliche Szenarien finden sich heute wohl in jeder modernen Kleinstadt.
Fotoausstellung im Kunsthaus Nexus in Saalfelden
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Eine Auswahl von Tausenden Bildern ist seit Freitag im Saalfeldener Kunsthaus Nexus zu sehen
Besucher in Fotoausstellung über Bauten in Saalfelden
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Ziel der Ausstellung ist es anzuregen, das Stadtbild schöner zu machen
Platz im Zentrum von Saalfelden
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Das Zentrum von Saalfelden
Saalfelden Ritzensee Stadt Mitterpinzgau
Flugbild: Gerald Lehner
Saalfelden Ritzensee Stadt Mitterpinzgau
Flugbild: Gerald Lehner

„Neue Architektur schottet sich komplett ab“

Zwar gebe es im Zentrum von Saalfelden eine neue Begegnungszone – „aber eine neue Straßengestaltung bringt nichts, wenn keine Funktionen mehr da sind“, sagt Seiß. Aber auch die Bauweise zeige eines: „Man sieht’s ganz deutlich: Die alte Architektur, die alten Gebäude öffnen sich mit ihren Fenstern, mit ihren Eingängen zur Stadt hin, zur Straße hin. Die neue Architektur schottet sich komplett ab.“

Zudem gebe es im Zentrum „Auslagen, die jeder Beschreibung spotten, die nicht einmal in einem Gewerbegebiet sein sollten – geschweige denn in der Altstadt von Saalfelden. Baukultur ist viel mehr als Raumplanung, Stadtentwicklung, Architektur. Baukultur sind auch die vielen kleinen Dinge, für die jeder von uns verantwortlich ist, wie es ausschaut.“

Fotos sollen „Blick von außen“ zeigen

Der Stadtplaner sammelte zahlreiche Impressionen aus Saalfelden und hielt sie auch fotografisch fest. So entstanden rund 10.000 Bilder, die einen „Blick von außen“ ergeben sollen. Sie zeigen Plätze, an denen der Fachmann zahlreiche Fehlentwicklungen beobachtet – zum Beispiel zu dichte Verbauung, zu viele Verkehrsflächen und wenig attraktive Spielplätze. Diese Bilder sind seit Freitagabend in einer Ausstellung im Saalfeldener Kunsthaus Nexus zu sehen. Sie sollen zur Diskussion anregen – die Initiative kommt von Kulturschaffenden der Stadt.

„Wir kommen als Kulturinitiative mit sehr vielen Menschen ins Reden“, sagt Mario Steidl, Intendant des Kunsthauses Nexus. „Und sehr viele sagen, sie sind nicht zufrieden mit dem, wie sich die Stadt einfach entwickelt. Es wird immer größerer Raum für Autos und Parkplätze zur Verfügung gestellt. Schöne Orte, wo man sich begegnet, gibt’s in Saalfelden fast keine.“

„Am meisten freuen wir uns, wenn wir die Politik, die Bevölkerung an der Hand nehmen können und mit Fachleuten gemeinsam diesen kulturellen Weg gehen, um einen Anstoß zu schaffen und einfach eine Verbesserung, eine Weiterentwicklung oder eine qualitätsvolle Schau für die Zukunft darzustellen“, ergänzt Wolfgang Hartl, Obmann des Saalfeldener Zentrums Zeitgenössischer Musik.

„Blick von außen“ soll Anstoß für Saalfeldener Stadtbild liefern

Bürgermeister: Viele Interessen wirken

Der Saalfeldener Bürgermeister Erich Rohrmoser (SPÖ) stellte sich am Eröffnungsabend der Diskussion, begrüßte die Initiative als Denkanstoß, betonte aber auch die Schwierigkeit, viele Interessen unter einen Hut zu bekommen – „weil es eben Grundstücksbesitzer gibt, weil es einen Investor gibt, weil es einen Gestaltungsbeirat gibt, weil es eine Raumordnung gibt und weil es eine Bauordnung gibt. Und das ist dann schwierig, dass man sagt: Ok – ich bin ein Freidenker und kann da frei mitdenken. Aber für eine Anregung – immer willkommen.“

Die Stadtgespräche werden drei Monate lang dauern – auf dem Programm stehen Vorträge, Filme und Diskussionsveranstaltungen. Das soll ein erster Schritt sein, um Saalfelden weiterzuentwickeln.