Jad Turjman sitzt bei Interview an Tisch
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Trauer um tödlich verunglückten Schriftsteller

Bei dem Freitagabend am Hohen Göll tödlich verunglückten Bergsteiger handelt es sich um den Schriftsteller Jad Turjman. Das ist nun bekannt geworden. Die Trauer ist groß: Seine „Art zu schreiben und Themen aufzubringen waren einzigartig“, schreibt sein Verlag.

Jad Turjman wurde 1989 in Damaskus geboren – er studierte Anglistik und arbeitete in der Stadtverwaltung von Damaskus. 2014 erhielt er den Einberufungsbefehl in die syrische Armee im Bürgerkrieg. Daraufhin entschied er sich zur Flucht. Auf seiner Homepage schrieb er dazu: Er wollte keine Waffe in der Hand tragen und, indem er das Leben eines anderen nehme, sich von seinem verabschieden.

„Kein Mensch verlässt seine Heimat freiwillig“

Über den Libanon und die Türkei machte sich Turjman auf den Weg nach Schweden. Dabei wurde er von Beamten in Salzburg aus dem Zug gefischt – und er blieb und begann zu schreiben: „Kein Mensch verlässt seine Heimat freiwillig“, sagte er einmal in einem ORF-Radio-Salzburg-Interview. „Ich war nach der Flucht auch drei Jahre Asylbetreuer beim Samariterbund. Dabei sind mir viele, viele Menschen mit vielen Geschichten begegnet. Und was ich aus diesen Erfahrungen herauskristallisieren kann ist, dass wirklich kein Mensch seine Heimat freiwillig verlässt.“

Jad Turjman über sein Verständnis von Heimat

Im Interview im Dezember 2021 erklärte Jad Turjman ORF-Salzburg-Redakteurin Gabi Kerschbaumer sein Verständnis von Heimat.

Jad Turjman veröffentlichte zwei Bücher: „Wenn der Jasmin auswandert“ (2019) und „Der Geruch der Seele“ im Vorjahr. Die beiden Bestseller handeln von der Flucht, vom Krieg und von der Liebe. Heuer im September soll sein nächstes – und letztes – Buch „Wenn der Jasmin Wurzeln schlägt“ erscheinen. Der in Mattsee (Flachgau) lebende Turjman trat auch als Stand-Up-Comedian auf. Bis 2021 arbeitete er für das Projekt „Heroes“ und betreute Jugendliche. Im vergangenen Jahr erhielt er die österreichische Staatsbürgerschaft.

Verlagsleiterin: „Sein Tod ist ein großer Verlust“

Der 32-Jährige hatte sich Freitagabend beim Abstieg vom Hohen Göll laut Polizei verstiegen und stürzte dann bei Regen und aufkommender Dunkelheit etwa 50 Meter ab. Bergretter konnten ihn nur mehr tot bergen.

Claudia Romeder, Leiterin des Residenz-Verlags Salzburg, in dem Turjman seine Bücher veröffentlichte, zeigte sich von dem Unglück „fassungslos. Jad Turjman hat so viele Hürden des Lebens bewältigt und er hat mich durch seine Art Probleme zu bewältigen sehr beeindruckt. Sein Humor und seine Wärme Menschen gegenüber waren einnehmend. Jads Art zu schreiben und Themen aufzubringen waren einzigartig. Sein Tod ist ein großer Verlust“, betonte Romeder in einer Stellungnahme.

El-Gawhary: „Haben ein Stück Reichtum verloren“

In den sozialen Medien löste der Unfalltod des Autors große Anteilnahme aus – unter anderem auf Turjmans Facebook-Seite. Der ORF-Korrespondent im Nahen Osten, Karim El-Gawhary, schrieb: „Er war ein Beispiel, wie ein Flüchtling die Gesellschaft, in die er geflohen ist, bereichern kann. Österreich, Salzburg, seine Freunde, sie alle haben ein Stück Reichtum verloren, das ihnen vor sieben Jahren zufällig geschenkt worden war, weil jemand in seiner ursprünglichen Heimat keinen Platz mehr hatte.“

Auch Salzburgs Integrationslandesrätin Andrea Klambauer (NEOS) war vom Tod Turjmans tief betroffen: „Wenn ich an Jad denke, sehe ich ihn im intensiven Gespräch mit Jugendlichen. Er hatte die große Gabe, mit jungen Menschen über wichtige gesellschaftliche Themen zu sprechen und neue Sichtweisen zu ermöglichen“, erinnerte sich Klambauer. „So hat er auch für das Land Salzburg Veranstaltungen im Bereich Jugend und Integration als Vortragender bereichert. Er hatte aufgrund seiner eigenen Erfahrungen großes Verständnis für junge Menschen, die die Kultur ihrer Eltern und die ihrer neuen Heimat Salzburg in sich tragen.“