Höhlenretter in der Höhle
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Chronik

Höhlenforscher unverletzt geborgen

Die drei in der Lamprechtshöhle eingeschlossenen Höhlenforscher konnten am Freitagabend unverletzt geborgen werden. Ihnen war der Rückweg durch eingedrungenes Schmelzwasser davor versperrt gewesen.

Am Nachmittag gelang es einem Spezialtaucher der Höhlenrettung, zu den eingeschlossenen Forschern vorzudringen. Bis Freitagabend sank der Pegelstand so weit, dass die Forscher wieder ins Freie konnten. Sie konnten dann die überflutete Engstelle passieren. Die Männer überstanden den Vorfall unverletzt, aber leicht unterkühlt. Seit Donnerstagabend lief der Rettungseinsatz in St. Martin bei Lofer (Pinzgau).

Zwei der geretteten Höhlenforscher im ORF Interview.
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Polen fit, gesund und munter

Im ORF-Interview kurz nach ihrer Rettung zeigten sich die Männer erleichtert und guter geistiger und körperlicher Verfassung. Sie wären auch für Notfälle vorbeitet gewesen und hatten dafür extra Reservenahrung, einen Campingkocher und wärmende Bekleidung mitgehabt. In der Höhle sei es trocken gewesen, erst beim Weg zum Ausgang hätten sie das gestiegen Wasser bemerkt, dass den Rückweg versperrte.

Es sei niemals Panik aufgekommen, so die Forscher, man sei seit knapp 20 Jahren in Höhlen unterwegs. Und das Trio habe als Team gut funktioniert. Ein herzliches Dankeschön gab es auch für die Retter. Die drei Polen zeigten sich von der professionellen Leistung der Höhlenrettung und aller anderen eingesetzten Organisationen begeistert.

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Die Rettungsaktion in der Höhle
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Die Rettungsaktion in der Höhle
Die Rettungsaktion in der Höhle
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Mit einem Boot wird über ein Gewässer in der Höhle gesetzt
Die Rettungsaktion in der Höhle
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Taucher der Höhlenrettung bereiten sich vor
Die Rettungsaktion in der Höhle
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Vorbereitungen zum Tauchen
Die Retter beim verlassen der Höhle.
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Die Retter beim Verlassen der Höhle.

Die drei Polen waren am Donnerstag gegen 8.00 Uhr in die Höhle gestiegen. Sie hätten gegen 19.00 Uhr wieder herauskommen sollen. Ein Forscherkollege und Höhlenretter, der ihnen etwas zu essen bringen wollte, stieß im Forschungsteil der Höhle auf eine Senke, in der sich wie in einem Siphon Schmelzwasser gesammelt hatte, und konnte nicht mehr weiter. Er war es auch, der schließlich Alarm schlug.

Die geretteten Forscher Michal Ciszewski, Mateusz Golicz, Jacek Szczygiel, Einsatzleiter Manfred Pongruber (BH Zell am See Kat Referent) und Gernot Salzmann (Einsatzleitung Höhlenrettung)
APA/Land Salzburg/Melanie
Die drei geretteten Forscher sowie die Einsatzleiter Manfred Pongruber und Gernot Salzmann

Rettungsnischen in der Höhle

Laut Salzmann, Einsatzleiter der Höhlenrettung Salzburg, handelte es sich bei den Forschern um Profis. Mindestens einer kenne die Höhle sehr gut. Die drei Männer waren demnach bestens ausgerüstet. In der Höhle gebe es außerdem Rettungsnischen mit Decken sowie Notausrüstung.

Höhlenforscher balanciert über Drahtseil in der Lamprechtsofenhöhle
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Das Gangsystem der Lamprechtsofenhöhle ist eines der größten in Europa

„Die sehr warmen Temperaturen haben am Donnerstag dazu geführt, dass viel Schmelzwasser in die Lamprechtsofenhöhle eingedrungen ist und den gefahrlosen Rückweg aus dem sogenannten Forscherteil- dieser befindet sich im Anschluss an die Schauhöhle – unmöglich machte. Das Wasser sammelte sich in einer Senke, das kann man sich wie einen Siphon vorstellen“, ergänzte Salzmann. Das Wasser, das den Höhlenbach in der Lamprechtsofenhöhle speist, versickert im Nebelsbergkar mehr als 1.680 Meter über dem Höhlenausgang im Saalachtal.

Eine der tiefsten Höhlen der Welt

1. 632 Meter Höhendifferenz zwischen Eingang und Ausgang machen die Lamprechtsofenhöhle zur derzeit größten wasserführenden Durchgangshöhle der Welt. Aufgrund ihrer Gesamtausdehnung gilt sie als eines der größten Höhlensysteme Europas. 1992 gelang der 55 Kilometer lange Durchstieg vom Eingang der Höhle zu einem der Ausgänge in den Leoganger Steinbergen.

„Die drei Männer wollten die tektonische Beschaffenheit der Region erkunden, was in der Höhle genauer zu dokumentieren ist“, sagte Monika Feichtner, Leiterin der Salzburger Höhlenrettung. Ein Gittertor trennt die Schauhöhle von der Hauptfortsetzung, dem Forscherteil der Lamprechtshöhle. Der gesamte vordere Bereich bis zum Sandbiwak ist mit Trittstiften, Seilen, Leitern und einem Floß gut ausgebaut, dieser wird nicht mehr elektrisch beleuchtet.

Ähnliche Zwischenfälle in der Vergangenheit

In der bisher auf über 60 Kilometern auf verschiedenen Wegen erforschten Lamprechtshöhle – die Höhle ist auch als Lamprechtsofen bekannt – ist es in der Vergangenheit immer wieder zu ähnlichen Zwischenfällen gekommen. Betroffen war meist der kurze, touristisch erschlossene Teil am Höhleneingang – die in den Sommermonaten geöffnete Schauhöhle.

Höhlenforscher bei Klettertour in Lamprechtsofenhöhle
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Im Inneren der Höhle erforschen Wissenschaftler unter anderem die Auswirkungen des Klimawandels im Berg

So wurden im August 2016 nach starken Regenfällen sieben Menschen – darunter zwei Kinder – in der Höhle eingeschlossen, nachdem im Eingangsbereich das Wasser plötzlich stark gestiegen war. Unmittelbare Gefahr bestand nicht, die Besucher mussten aber bis zum Sinken des Wassers in der Höhle ausharren.

Frühwarnsystem installiert

Im August 2013 saßen gleich 26 Menschen etliche Stunden unter der Erde fest. Auch damals hatte starker Regen den tief liegenden Eingang unter Wasser gesetzt. Die Gruppe – zufällig zusammengewürfelte Familien und Einzelpersonen vor allem aus Deutschland – kam nicht rechtzeitig ins Freie und musste im Höhleninneren ausharren, bis das Wasser zurückging.

Auch im Juni 2002 begann der in der Höhle verlaufende Bach rasch zu steigen, mehrere Besucher wurden vom Wasser eingeschlossen. Eine 62-Jährige stürzte beim Versuch, trotz Überflutung des Weges den Ausgang zu erreichen. Sie zog sich einen Bruch zu. Am Abend konnten alle Besucher die Höhle ohne Gefahr verlassen.

Die Lamprechtshöhle ist darum mit einem Frühwarnsystem ausgestattet, das Alarm schlägt, wenn der Wasserpegel in der Höhle gefährlich hoch wird. Besucher haben dann in der Regel noch genug Zeit, zum Höhlenausgang zu gehen.

Livebericht vom Höhlenrettungseinsatz

ORF-Reporter Georg Hummer berichtet vom Höhleneingang über den aktuellen Stand des Rettungseinsatzes und spricht mit dem Höhlenretter und Geologen Wolfgang Gadermayr