Die Justizanstalt Salzburg in Puch Urstein von außen
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Chronik

Ex-Rektor des Mozarteums trat Haftstrafe nicht an

Der Ex-Rektor der Universität Mozarteum, Siegfried Mauser, hat am Dienstag seine Haftstrafe nicht angetreten. Er war 2018 in München wegen sexueller Nötigung einer Sängerin zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden, die Strafe soll er in der Justizanstalt Salzburg absitzen.

Am Dienstag zwischen 8.00 Uhr und 14.00 Uhr hätte der Ex-Rektor, früher auch Präsident der Musikhochschule München, seine Strafe in der Justizanstalt Salzburg in Puch-Urstein (Tennengau) antreten sollen. Doch dieser der Aufforderung des Landesgerichtes Salzburg kam er nicht nach. Der Leiter der Justizanstalt, Dietmar Knebel, sagte auf APA-Anfrage, dass es am Dienstag während der Amtsstunden „keinen Zugang gegeben hat“.

Anwälte nannten keine Gründe

Über die Gründe, warum Mauser nicht rechtzeitig erschien, kann vorerst nur spekuliert werden. Seine Salzburger Rechtsanwältin teilte auf Anfrage der APA mit, dass sie keine Auskunft erteilen könne. Auch der Anwalt des Verurteilten aus Deutschland wurde von der APA um Stellungnahme gebeten. Bisher blieb eine Antwort aber aus.

Das Landesgericht Salzburg hat nun die gesetzliche Möglichkeit, die Vorführung des Ex-Musikhochschulchefs anzuordnen. Dieser Amtsweg kann aber einige Tage oder Wochen in Anspruch nehmen.

Gnadengesuch an Bundespräsidenten

Dass der Ex-Rektor die gesetzliche Frist zum Strafantritt versäumt hat, könnte mit seinem Bestreben, eine Wiederaufnahme des Strafverfahrens zu erreichen, zu tun haben. Ende Jänner 2022 berichteten Medien aus Deutschland, dass der Verurteilte den Haftantritt verzögern wolle. Die Strafvollstreckung solle „im Gnadenwege“ aufgeschoben werden, „weil eine Verfassungsbeschwerde beim deutschen Bundesverfassungsgericht anhängig“ sei, zitierte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) den Anwalt des Verurteilten, der sich diesbezüglich mit einer „Eingabe“ an den österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen gewandt habe.

Eine Sprecher von Bundespräsident Van der Bellen bestätigte am Dienstag auf APA-Anfrage, dass der Ex-Musikhochschulchef vor kurzem ein Gnadengesuch an Van der Bellen stellte. Der Bundespräsident kann aber nur auf Vorschlag des Justizministeriums einen Gnadenakt setzen. Da das Justizministerium diesbezüglich aber keinen Gnadenvorschlag gemacht habe, konnte dem Mann das Gnadengesuch nicht gewährt werden. Der Fall des Verurteilten entspreche nicht der Gnadenpraxis, so der Sprecher.

Beschwerde gegen Verurteilung in Deutschland ohne Erfolg

Laut einem Onlinebericht von BR24 soll sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Ablehnung eines Wiederaufnahmeantrags richten. Mit einem abermaligen Verfahren wolle der Verurteilte „die Glaubwürdigkeit eines Opfers in Zweifel“ ziehen. Das Landgericht Augsburg habe die Wiederaufnahme mangels Eignung von Tatsache und Beweismittel, einen Freispruch zu bewirken, nicht zugelassen. Eine Beschwerde beim Oberlandesgericht München habe keinen Erfolg gehabt.

Bevor das Bundesverfassungsgericht in Deutschland über die Verfassungsbeschwerde entscheiden könne, müsse „das Oberlandesgericht über die gleichzeitig bei ihm eingereichte Rüge wegen Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör befinden“, berichtete die FAZ und berief sich dabei auf den Anwalt des Verurteilten. Gegenüber der „Kronen Zeitung“ hatte der Ex-Musikhochschulchef erklärt, dass er wegen eines Fehlurteils und der Verleumdung einer Frau unschuldig ins Gefängnis müsse. Er kämpfte bisher erfolglos um eine Wiederaufnahme seines Gerichtsverfahrens in Deutschland.

Urteil wegen Übergriffen von Höchstgericht bestätigt

Das Urteil gegen den Ex-Rektor wurde im Oktober 2019 vom Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt. Zu den Übergriffen auf die Frau war es vor einigen Jahren in München gekommen. Der Beschuldigte führte in den Jahren 2003 bis 2014 die Münchner Musikhochschule, danach war er bis Juni 2016 Rektor des Mozarteums in Salzburg. Er besitzt neben der deutschen auch die österreichische Staatsangehörigkeit.

Nachdem das Urteil rechtskräftig geworden war, hätte der Verurteilte seine Haftstrafe im Jänner 2020 in der bayerischen Justizvollzugsanstalt Landsberg antreten sollen. Er wollte die Strafe jedoch in Österreich verbüßen, wo er in Salzburg einen Wohnsitz hat, und stellte dort einen Antrag auf Strafvollstreckungsübertragung. Unabhängig davon hat auch die zuständige Behörde in München bei ihren österreichischen Amtskollegen beantragt, die Strafvollstreckung zu übernehmen. Den Anträgen wurde stattgegeben. Ein Richterin des Landesgerichts Salzburg ordnete im April 2020 an, dass der Verurteilte die Haft in Österreich zu verbüßen habe. Die Aufforderung zum Strafantritt wurde ihm am 29. Juni 2020 zugestellt. Demnach hätte er sich bis Ende Juli in der Salzburger Justizanstalt in Puch-Urstein einfinden müssen. Am 22. Juli hat sein Anwalt einen Antrag auf Strafaufschub aus gesundheitlichen Gründen eingebracht.

Haftfähigkeit im Jänner attestiert

Es wurden mehrere Gutachten aus medizinischen Fachbereichen zur Frage der Haftfähigkeit eingeholt. Das letzte Gutachten ist erst im Jänner eingelangt. Es wurde dem Verteidiger am 13. Jänner zugestellt. Laut dem Landesgericht Salzburg hat dieses Gutachten eine Hafttauglichkeit attestiert. „Er wurde aufgefordert, die Haftstrafe bis 1. Februar 2022 anzutreten. Diese Aufforderung zum Strafantritt ist mit Rechtsmittel nicht bekämpfbar“, erklärte ein Gerichtssprecher.

Das Landgericht München I hatte den Beschuldigten im Mai 2018 wegen sexueller Nötigung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Er hatte demnach eine Sängerin, die sich in München um eine Stelle beworben hatte, in seinem Büro auf das Sofa gestoßen und trotz Gegenwehr sexuelle Handlungen an ihr vorgenommen. In einem weiteren Fall war er vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen worden. Hier hatte die Bundesanwaltschaft die Aufhebung des Urteils gefordert. Der Musiker hatte bei der BGH-Verhandlung betont, er verabscheue Gewalt. Er habe aber Menschen enttäuscht.