Eingangsbereich zum Universitätsklinikum LKH Salzburg – mit Triage-Zelt für Covid 19 Erkrankte
ORF/Peter-Paul Hahnl
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COV-KRISE

Kritik: Kranke in Spitälern „abgeschottet“

Für Krebspatienten und andere Schwerkranke in Spitälern werde es durch die Lockdowns immer härter, kritisieren Patientenanwälte. Besuche seien noch immer verboten: „Kranke müssen bei schwierigen Lebensentscheidungen komplett allein gelassen werden“, sagt zum Beispiel ein junger Pongauer.

Er ist einer unserer Gesprächspartner bei diesem Thema und heißt Wolfgang. Der junge Handwerksmeister und Sportler hat einen Verwandten. Der kämpft mit Hilfe von Ärzten im Salzburger Landesspital seit vielen Wochen gegen eine sehr schwere Krankheit.

„Es ist unmenschlich, wie man das handhabt“

Wolfgang schildert die seelische Lage seines Angehörigen, dem vor kurzem eine harte Chemotherapie bevorstand: „Ohne Beistand musst du dann allein im Bett – vor fünf oder sechs Ärzten – entscheiden, was gut für dich selbst sein soll. Du bist vollgepumpt mit Medikamenten und hast niemanden aus der Familie, der dir beisteht, und mit dem du solche Dinge persönlich besprechen würdest, bevor du entscheidest.“ Chats, Telefon bzw. digitale Kommunikationstechnik über Handy oder Tablet könnten solche Gespräche zwischen echten Menschen nicht ersetzen, sagt der Pongauer.

„Keine Einzelfälle, großer Leidensdruck“

Mercedes Zsifkovics von der Salzburger Patientenanwaltschaft sagt dazu, es gehe hier nicht um einen Einzelfall: „Ja, wir haben häufig solche Anfragen und Unmutsäußerungen, es gibt einen großen Leidensdruck.“

Unser Pongauer Gesprächspartner richtet als Angehöriger eines Schwerkranken seine Kritik nicht gegen Ärzte und Pflegepersonal, die tolle Arbeit machen würden: „Die sehen das tagtäglich, dass die Chefleute im Krankenhaus und zuständige Politiker solche Dinge heute überhaupt zulassen. Es ist wirklich unmenschlich, wie man das heute handhabt.“

Was erwidert man in der Klinik?

Deren Pressesprecher Wolfgang Fürweger vertritt die Leitung des Salzburger Landeskrankenhauses und der Universitätsklinik. Er verweist auf das behördlich geltende Besuchsverbot in Spitälern: „Wir müssen natürlich unser Personal vor Corona schützen, aber auch alle Patienten, die bei uns behandelt werden. Dem dient dieses Verbot. Allerdings gibt es natürlich immer Ausnahmen in begründeten Fällen. Das betrifft auch Menschen in schwierigen Lebenssituationen.“

Dazu gehören beispielsweise Aufenthalte im Kinderspital oder psychiatrische Behandlungen, sagt Fürweger. Er rät Betroffenen, auf der jeweiligen Station vorzusprechen: „Direkt Kontakt aufnehmen! Es wird immer eine menschliche Lösung zu finden sein.“

Patientenvertretung sieht viel Reformbedarf

Salzburgs leitende Patientenvertreterin Mercedes Zsifkovics vermisst eine einheitliche rechtliche Regelung durch Bundes- und Landespolitik und die Berücksichtigung grundrechtlicher Bedürfnisse von Kranken und Angehörigen. Unterschiedlichen Auslegungen der behördlichen Vorschriften in verschiedenen Spitälern sei derzeit Tür und Tor geöffnet, so die Patientenvertreterin. Sie verweist dabei auf entsprechende Verordnungen aus dem Gesundheitsministerium. Auf vielen Unfallstationen seien Besuche durch Angehörige offenbar sehr wohl möglich, so die Expertin.

Zsifkovics gesteht Spitälern andererseits auch maßgeschneiderte Lösungen bei Besuchsverboten und Besuchsmöglichkeiten zu – je nach Lage der Infektionszahlen und der Gefährdung von Personal und Patienten. Es müsse sich insgesamt aber sehr wohl einiges ändern – auch mit kreativen Lösungen, damit Schwerkranke, ihre Lebenspartner, Kinder und Familien zusammenkommen könnten. Auch das sei für einen guten Heilungsverkauf sehr wichtig, so die Salzburger Patientenvertreterin und Juristin. Fachleute sehen eigene Besuchsbereiche und penibles Testen aller Beteiligten als eine der Lösungsmöglichkeiten. Auch Treffen in Gärten und Parks unter Verwendung von Rollatoren, Rollstühlen und begleitender Betreuung durch Pflegepersonal seien denkbar – besonders wenn das Wetter wieder wärmer wird.