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Landwirtschaft

„Problemwolf“ darf nicht abgeschossen werden

Das Landesverwaltungsgericht hat den Bescheid zum Abschuss eines Wolfes im Großarltal (Pongau) aufgehoben. Die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau hatte diesen Abschussbescheid erlassen, nachdem ein Wolf 2019 insgesamt 24 Schafe gerissen haben soll.

Die Naturschutzorganisationen WWF und der Naturschutzbund hatten gegen den Abschussbescheid Beschwerde eingelegt und sehen sich jetzt bestätigt. Nach den zahlreichen Rissen von Nutztieren im Sommer 2019 auf der Tofernalm im Großarltal war der Wolf als Problemwolf eingestuft worden, sein Abschuss war gefordert und von der zuständigen Bezirkshauptmannschaft im Juni 2020 auch genehmigt worden. Dieser Bescheid wurde nun gekippt.

Schwaiger: „Es gibt mehrere Gründe für Aufhebung“

Für ÖVP-Agrar-Landesrat Josef Schwaiger gibt es für die Aufhebung des Bescheides mehrere Gründe. „Der unmittelbare zeitliche Zusammenhang zwischen dem Schadensbild und dem Bescheid war doch recht lange, das waren elf Monate. Zudem kann nicht sichergestellt werden, wenn erneut ein Wolf gesichtet wird, dass es sich dabei auch um den Problemwolf handelt und hinzukommt, dass es noch besser nachzuweisen wäre, dass alle Herdenschutzmaßnahmen tatsächlich getroffen worden sind.“

Agrar-Landesrat Schwaiger gibt sich kämpferisch

200.000 Euro investierte das Land 2020 in Herdenschutzmaßnahmen. Ob gegen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts berufen wird, ist noch offen, sagt ÖVP-Agrarlandesrat Josef Schwaiger. „Zurück an den Start würde heißen, dass die Agrargemeinschaft einen neuerlichen Antrag stellt. So wie das Urteil begründet wird, ist mit wenig Erfolgsaussicht zu rechnen. Der Rechtsstaat ist zu akzeptieren. Ich gebe allerdings zu bedenken, dass es zirka 25.000 Wölfe in Europa gibt. Experten rechnen in sieben Jahren mit 100.000. Ich mag mir nicht ausmalen, wie schwierig unsere Land- und Almwirtschaft wird. Da brauchen wir eine praktikable Lösung.“

Schwaiger kündigte an, gemeinsam mit der ARGE Alp und den Mitgliedstaaten des Ostalpenraumes stärker auftreten zu wollen und Druck auf die europäische Union zu machen, um ein Umdenken zu erwirken. „Persönlich bin ich insofern enttäuscht, da wir von Landesseite den betroffenen Bergbauern in dieser so schwierigen Situation nicht besser helfen können.“

Grüne: „Am Schutzstatus kann man nicht rütteln“

Ganz anders sah das ein Koalitionspartner in der Landesregierung, die Grünen. Das Gericht habe klar entschieden, betonte die grüne Klubobfrau Kimbie Humer-Vogl: „Am europaweiten Schutzstatus des Wolfes kann man nicht rütteln – ob man das nun befürwortet oder nicht. Nun hat das Landesverwaltungsgericht Salzburg diesen Schutzstatus bestätigt.“

Wolfsbeauftragter: Jagdinhaber hätte beantragen müssen

Das Tier wurde auf Basis des Salzburger Wolfsmanagementplans als Problemwolf eingestuft. Die Agrargemeinschaft Tofernalm hatte den Antrag auf Entnahme des Wolfes gestellt. Der Wolfsbeauftragte des Landes, Hubert Stock, zeigte sich von der Aufhebung des Bescheides am Montag wenig überrascht.

Das Landesverwaltungsgericht habe laut Stock festgestellt, dass den Antrag auf Entnahme des Wolfes der Jagdinhaber, nicht die Agrargemeinschaft stellen hätte sollen. Für die Behörde war es der erste Abschussbescheid, dem ging ein umfangreiches Ermittlungsverfahren voraus, die Behörde betrat damals Neuland im EU-Recht. Der WWF legte umgehend eine Beschwerde gegen den Bescheid ein und sieht sich nach der Aufhebung am Montag bestätigt.

Vom Wolf gerissene Tiere
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Insgesamt 24 Schafe soll der Wolf im Großarltal gerissen haben

BH: „Abschuss wirkt sich nicht auf Population aus“

Die BH kam zu dem Entschluss, dass der Erhaltungszustand des Wolfes in der betroffenen Region durch einen Abschuss – im Amts- bzw. Jägerdeutsch: eine Entnahme – nicht weiter verschlechtert wird. Eine zumutbare andere Lösung – etwa Maßnahmen zum Herdenschutz – habe es nicht gegeben oder würde nur mit „intensivem“ Geld- und Personaleinsatz „vielleicht eine Wirkung“ zeigen.

Naturschützer fordern Herdenschutz-Offensive vom Land

WWF und Naturschutzbund kritisierten nach der Aufhebung am Montag, dass der Abschussbescheid verfahrensrechtliche und inhaltliche Mängel aufweise. "Damit bestätigt das Landesverwaltungsgericht den hohen europaweiten Schutzstatus der Wölfe“, sagen WWF-Wolfsexperte Christian Pichler und Lucas Ende vom Naturschutzbund.

Die beiden Fachleute fordern – genauso wie die Salzburger Grünen – eine Herdenschutz-Offensive der Salzburger Landesregierung, um auf die nächste Almsaison rechtzeitig vorbereitet zu sein. „Fachgerechter Herdenschutz ist und bleibt alternativlos. Österreichs Nachbarländer, wie die Schweiz, zeigen seit Jahren, wie ein möglichst konfliktarmes Zusammenleben gelingen kann. Daher muss auch Salzburg nachziehen, anstatt wirkungslose Abschussdebatten zu führen“, fordern Pichler und Ende.

Problemwolf darf nicht abgeschossen werden

Das Landesverwaltungsgericht hat den Bescheid zum Abschuss eines Wolfes im Großarltal (Pongau) aufgehoben. Die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau hatte diesen Abschussbescheid erlassen, nachdem ein Wolf 2019 insgesamt 24 Schafe gerissen haben soll.