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Chronik

Häusliche Gewalt: Experten rechnen mit Anstieg

Das Gewaltschutzzentrum rechnet in Folge des erneuten Lockdowns mit einem deutlichen Anstieg an Fällen häuslicher Gewalt. Bereits nach dem ersten Lockdown stiegen die Beratungsfälle um ein Viertel.

Die Leiterin des Zentrums appelliert daher an Betroffene, nicht erst den Lockdown abzuwarten, sondern gleich den Weg in die Beratungsstelle zu suchen. Vor allem im Lockdown sind Familien stark gefordert, das Konfliktpotential in den eigenen vier Wänden steigt dadurch. Geschlossene Schulen und Kindergärten verändern den Alltag, oft kollidieren Homeschooling und Homeoffice.

„Betroffene müssen sich so früh wie möglich melden“

In vielen Familien herrschen verstärkt wirtschaftliche Sorgen, verursacht durch Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit. Das Aggressions- und Gewaltpotential nimmt dadurch deutlich zu. Die Experten im Gewaltschutzzentrum in Salzburg beklagen, dass Betroffene gerade jetzt im Lockdown scheuen, Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen. „Mein Appell ist, dass sich Betroffene so früh als möglich bei uns melden. Die heile Familie kann man nicht allein heil halten, dafür müssen alle Beteiligten daran arbeiten“, schildert die Leiterin des Gewaltschutzzentrums, Renee Mader.

Zivilcourage bei Gewalt gestiegen

Nach dem ersten Lockdown im Frühling habe sich gezeigt, dass die Zivilcourage bei der Beobachtung von häuslicher Gewalt deutlich gestiegen ist. Oft hätten Nachbarn oder Verwandte den Opfern auf dem Weg in die Beratungsstelle geholfen. „Das war sehr erstaunlich für uns, durch die öffentliche Berichterstattung und durch Kampagnen wurde die Sensibilisierung vorangetrieben und ein wichtiges Signal ging dabei an die Betroffenen, dass sie nicht schuld sind und indem sie Hilfe in Anspruch nehmen keine Fehler machen“, sagt Mader.

Studie: Konflikte nahmen während Lockdowns zu

Dass Konflikte in den Familien zunehmen, zeigt auch eine erste Auswertung einer Umfrage der Paracelsus Medizinischen Universität unter 650 Familien. Alle Familien gaben dabei an, dass Konflikte zugenommen haben – bei einem Drittel sogar überdurchschnittlich stark. Dabei gibt es allerdings auch Abhilfe. „In der Studie hat sich gezeigt, dass es den Eltern in der Zeit der sozialen Isolation geholfen hat, über digitale Medien mit Menschen, die der Familie wichtig sind, Kontakt zu halten“, schildert die Studienleiterin der PMU, Beate Priewasser.

Routinen stärken Zusammenhalt und entspannen

Auch gemeinsame Freizeitaktivitäten der Familien, wie beispielsweise Spieleabende oder das Beibehalten von Routinen, indem Zubettgeh-Rituale bewusst abhalten werden, haben das Konfliktpotential in Familien deutlich verringert. Diese Elemente führen dazu, dass man besser durch die Krise kommt. Familienmitglieder fühlen sich dadurch gestärkt, spüren einen Rückhalt und man kann durch das Beibehalten der Routinen auch die Umstände vergessen, das entspannt", sagt Priewasser.

Häusliche Gewalt: Experten rechnen mit Anstieg im zweiten Lockdown

Das Gewaltschutzzentrum in Salzburg rechnet in Folge des erneuten Lockdowns mit einem deutlichen Anstieg an Fällen häuslicher Gewalt. Bereits nach dem ersten Lockdown stiegen die Beratungsfälle um ein Viertel.