Teilnehmerbänke bei Salzburg Europe Summit im Kongresshaus mit Pflanzen als Abstandshaltern
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Politik

Edtstadler will, dass EU CoV-Maßnahmen empfiehlt

Coronavirus-Maßnahmen wie Reisewarnungen oder Grenzkontrollen müsste die EU mit Empfehlungen besser koordinieren. Das forderte Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) am Montag beim „Salzburg Europe Summit“ im Salzburger Kongresshaus.

Die Eröffnung des Treffens, das mit rund 250 Teilnehmern stattfand, war von einem breiten Bekenntnis zu mehr Solidarität innerhalb der EU getragen. Einigkeit herrschte auch darüber, dass die europäischen Institutionen den Beginn der Coronaviruskrise verschlafen hätten.

Dabei habe die Krise durch die Pandemie gezeigt, „dass die Regionen und die unmittelbaren Mitgliedsstaaten als Nachbarländer ganz intensiv zusammenarbeiten müssen“, meinte Edtstadler. Für sie ist eines klar: „Was Europa aber leisten muss – aus meiner Sicht zukünftig noch stärker –, ist zu koordinieren und Empfehlungen auszugeben, damit es nicht passieren kann – wie es am Anfang der Krise war –, dass chaotisch irgendwo auch Grenzen geschlossen oder Waren nicht durchgelassen wurden.“

Teilnehmerbänke bei Salzburg Europe Summit im Kongresshaus mit Pflanzen als Abstandshaltern, im Hintergrund das Podium
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Zum Auftakt des Treffens am Montag wurde über Solidarität in der EU diskutiert – mit rund 250 Teilnehmern

EU soll „Empfehlungen zu Beschränkungen“ machen

Während des einige Wochen andauernden „Schocks“ am Beginn der Coronavirus-Krise haben man wenig von der EU gehört, so Edtstadler. Und diese Phase habe auch Schwächen der Union gezeigt.

Daran müssen man jetzt arbeiten: „Wir müssen daraus lernen und jetzt viel koordinierter vorgehen. Es ist meine Forderung, dass wir Empfehlungen von der Europäische Union bekommen, wenn’s darum geht, Beschränkungen zu machen, die notwendig sind, um die Gesundheitssysteme funktionsfähig zu halten.“ Daran arbeite die deutsche EU-Ratspräsidentschaft angesichts steigender Infektionszahlen – und habe dabei die „volle Unterstützung Österreichs“, betonte die Europaministerin.

EU-Kommission sieht demokratische Herausforderungen

Auch Dubravka Suica, Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, räumte bei dem Treffen ein: „Wir haben gesehen, dass es in der Coronaviruskrise Defizite gab und Fehler gemacht worden sind.“ Nun sei es notwendig, die richtigen Lehren aus der Krise zu ziehen und Reformen umzusetzen. Suica ortete dabei vor allem demokratische Herausforderungen. Neben dem 1,85 Billionen Euro schweren Gesamtpaket für langfristiges wirtschaftliches Wachstum, sollen in Zukunft die Verbindungen zwischen den Bürgern und den demokratischen Institutionen gestärkt werden.

Das Virus habe nicht jeden Mitgliedstaat, Männer und Frauen und letztlich auch nicht Jung und Alt auf die gleiche Weise getroffen, sagte Suica. „Es geht darum, die Solidarität zu stärken. Niemand kann diese Krise alleine lösen.“ Dazu brauche es eine bessere beratende Demokratie, die mit neuen demokratischen Werkzeugen die Menschen auffordert, sich wieder stärker einzubringen und so zu einer resilienteren Gesellschaft führe.

Ungarische Ministerin bemängelte „ständiges Misstrauen“

Judit Varga, die Justizministerin von Ungarn, hatte bei dem Treffen eine andere Meinung zur Solidarität in der EU: Europa solle sich eher über die wirtschaftliche Krise Gedanken machen, sagte sie. Gegen Ungarn läuft derzeit ja ein Artikel-7-Verfahren zur Bewertung der Rechtsstaatlichkeit. „Wenn wir ständig gegen das Misstrauen Ungarn gegenüber ankämpfen müssen, ist das keine Solidarität“, sagte die ungarische Justizministerin. Wichtiger als diese unnötigen Dinge zu diskutieren und Ungarn-Bashing zu betreiben, sei es gemeinsam sicherzustellen, dass es etwa genug Schutzausrüstung und medizinisches Gerät in der EU gebe, um gegen das Virus anzukämpfen.

„In der Familienpolitik, in der Migration oder beim kulturellen Erbe hat Ungarn andere Ansichten als der Mainstream“, sagte Varga. Aber Ungarn sei keine kranke Demokratie. „Wir haben das Parlament im Frühjahr nicht geschlossen. Die Demokratie hat weiter funktioniert. Es gab Gesetze, mit denen gegen Falschnachrichten vorgegangen wurde.“ Dem neuen Rechtsstaatlichkeits-Mechanismus der EU-Kommission traut sie nicht. „Ich habe Sorge um die Objektivität des Berichts.“

Konferenz zu Europa und Coronavirus

Es ist die erste Konferenz zum Thema „Europa und Coronavirus“ – in einem realen Raum mit rund 250 Teilnehmern statt. Im Salzburger Kongresshaus diskutieren Experten und Politiker über die verschiedensten Auswirkungen der Corona-Pandemie. So wurde die Frage gestellt, ob das Virus die Finanzen und die Märkte auf den Kopf stellt.

Einheitliche Reaktion der EU gewünscht

Über die Außenwirkung der EU meinte Zeljka Cvijanovic, Präsidentin der Republika Srpska in Bosnien und Herzegowina: „Wir sehen, dass es innerhalb der EU kein gemeinsames Vorgehen bei den großen Krisen gibt, sei es bei der Finanzkrise, bei der Flüchtlingskrise oder nun bei Covid-19. Das ist entmutigend, weil wir in Zukunft selbst einmal Teil der EU sein wollen.“ Sie würde sich über eine einheitliche Reaktion der EU auf die Herausforderungen freuen. „Ja, das Gesundheitswesen ist nationalstaatliche Verantwortung. Aber gemeinsame Mechanismen wären dennoch von Vorteil“, sagte Cvijanovic.