In langjähriger Forschung haben  Wissenschafter um Robert Schabetsberger von der Uni Salzburg und aus anderen Ländern in tropischen Gebieten des Indopazifiks insgesamt rund 500 Aale gesammelt und ihre Artzugehörigkeit genetisch bestimmt. Dabei konnte das „ewige“ Rätsel ihrer Fortpflanzung teilweise gelöst werden.
Ursula Sichrowsky
Ursula Sichrowsky
Wissenschaft

Salzburger erforschen Aale im Pazifik

In langjähriger Forschung haben Wissenschafter um Robert Schabetsberger von der Uni Salzburg und aus anderen Ländern in tropischen Gebieten des Indopazifiks insgesamt rund 500 Aale gesammelt und ihre Artenzugehörigkeit bestimmt. Dabei konnte das „ewige“ Rätsel ihrer Fortpflanzung teilweise gelöst werden.

Unter Aalen kommt es überraschend häufig vor, dass Individuen über Artgrenzen hinweg Nachkommen zeugen. Diese Hybride und deren Folgegenerationen tun sich aber offenbar sehr schwer, sich langfristig zu etablieren, fand ein Forschungsteam mit österreichischer Beteiligung im Indischen Ozean und Pazifik heraus. Die Biologen stellen ihre Ergebnisse aus genetischen Untersuchungen im Fachblatt „Nature Communications“ vor.

Viele Fragezeichen im Lebenslauf von Aalen

Das Verhalten der Fische, deren Körperform an Schlangen erinnert, ist in vielerlei Hinsicht rätselhaft und für Forscher schwer zu fassen.

Denn lange Zeit war völlig unbekannt, wie und wo sich die Tiere fortpflanzen. So konnte erst vor rund 100 Jahren der dänische Biologe Johannes Schmidt zeigen, dass europäische Aale über 5.000 Kilometer durch den Atlantik schwimmen, um in der Sargassosee südlich der Bermudainseln zu laichen. Wo die doppelt so großen pazifischen Aale ihren Nachwuchs zeugen, ist bis heute ein Rätsel. Erst vor einigen Jahren konnten Schabetsberger und Kollegen etwas Licht ins Dunkel bringen, indem sie Tiere mit Sendern ausstatteten.

Große Reise bedeutet ihr Ende – ähnlich wie bei Lachsen

Aale verbringen ihr Erwachsenenleben im Süßwasser – die tropischen Aale der Arten „Anguilla megastoma“ und „Anguilla marmorata“ zum Beispiel in dem Kratersee „Lake Letas“ auf der Südpazifikinsel Gaua, die zum Inselstaat Vanuatu südlich von Australien gehört. Wenn die Zeit reif ist, begeben sie sich auf ihre große Reise, die für sie das Ende bedeutet.

Wo genau sich die Laichgründe der sieben verschiedenen tropischen Aalarten befinden, ist noch nicht geklärt: „Die Tiere wandern jedoch nicht – wie die Lachse – dorthin zurück, wo die Eltern herkommen. Diese können von ganz unterschiedlichen Inseln kommen. Sie driften mit den Strömungen und steigen irgendwo ins Süßwasser auf“, sagt Schabetsberger.

In langjähriger Forschung haben  Wissenschafter um Robert Schabetsberger von der Uni Salzburg und aus anderen Ländern in tropischen Gebieten des Indopazifiks insgesamt rund 500 Aale gesammelt und ihre Artzugehörigkeit genetisch bestimmt. Dabei konnte das „ewige“ Rätsel ihrer Fortpflanzung teilweise gelöst werden.
Ursula Sichrowsky
Salzburger Projektleiter Schabetsberger mit der einheimischen Forscherin und Behördenvertreterin Donna Kalfatak auf der Insel Gaua im Staat Vanuatu

Viele Hybride aus verschiedenen Aalarten

Die neuen Untersuchungen zeigen nun, dass die tropischen Aale bei der Fortpflanzung die Artengrenzen erstaunlich oft überschreiten, obwohl die Aal-Sparten schon seit rund zehn Millionen Jahren getrennt sind. Im Schnitt fanden die Wissenschafter rund sechs Prozent Hybride. Am „Hybridisierungs-Hotspot Gaua“ waren es sogar 22 Prozent, so Schabetsberger: „Diese Zahlen sind beachtlich, wenn man bedenkt, dass es bei den meisten Tierarten ungefähr ein Prozent Hybriden gibt.“

Gerade zwischen „Anguilla marmorata“ und „Anguilla megastoma“ war die Überlappung am größten. Woran das liegt, wissen die Biologen noch nicht. Laut Schabetsberger könne es mit den Meeresströmungen zusammenhängen, dass gerade dort die Häufung auftritt.

Vermutlich wichtiger „Motor der Anpassung“

Neben dem Ausmaß der Hybridisierung zeigen sich die Forscher auch davon überrascht, dass daran alle Arten beteiligt waren und dahinter eine Art Systematik stecken dürfte: „Bisher wurde Hybridisierung im Tierreich eher als Unfall gesehen, wenn zum Beispiel der Mensch Verbreitungsgrenzen aufhebt.“

Trotz dieses Ausmaßes bleiben die Aal-Arten aber stabil voneinander abgrenzbar. „Es gibt in den späteren Generationen offensichtlich einen Mechanismus, der diese Hybriden wieder eliminiert. Wir fanden nur erste Generationen von Hybriden“, so Schabetsberger.

Selbst wenn deren Nachkommen relativ rasch wieder verschwinden, könnte es sich laut den Forschern bei der artübergreifenden Fortpflanzung um einen wichtigen Motor der Anpassung handeln. Denn dadurch öffnen sich gewissermaßen genetische Möglichkeiten dahin gehend, dass Erbgut-Teile von einer auf eine andere Art übertragen werden, die sich für sie zum Beispiel längerfristig als Vorteil erweisen.