Herdenschutzzaun vor Schafen bei Futterkrippe
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Tiere

Herdenschutzzäune: Jäger skeptisch

Angesichts der Diskussion über Wölfe werden auch Herdenschutzzäune gegen die Raubtiere angeboten. Doch an deren Wirkung zweifelt Landesjägermeister Max Mayr-Melnhof nach ersten Versuchen in Grödig-Glanegg (Flachgau).

Zwei Areale sperrte Mayr-Melnhof mit zwei verschiedenen Typen von Elektro-Herdenschutzzäunen ab. Hinter einem der Zäune – einem 1,20 Meter hohen Elektrozaun – sind 25 Schafe untergebracht. Hinter einem anderen Elektrozaun leben Pinzgauer Ziegen. „Wir versuchen verschiedene Zauntypen – wie sie funktionieren, wie man sie schnell aufstellen kann, wie man sie abbauen kann, wie dicht sie sind“, sagte Mayr-Melnhof.

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Hund springt über Herdenschutzzaun für Schafe
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Für Hunde ist ein Herdenschutzzaun kaum ein Hindernis – und für Wölfe dürfte es ähnlich sein
Hund springt über Herdenschutzzaun für Schafe
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Die Aussicht auf Beute dürfte das Ihre tun
Totes Reh in Herdenschutzzaun für Schafe
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Rehe verfangen sich öfter in Herdenschutzzäunen für Schafe und verletzen sich oder sterben, beobachten Jäger

Hunde haben keine Scheu, Zäune zu überspringen

Die erste Erkenntnis: Hunde haben keine Scheu davor, den 1,20 Meter hohen Zaun zu überspringen – auch wenn er elektrifiziert ist. Und Wölfe würden sich ebenso verhalten, ist der Landesjägermeister überzeugt – vor allem, wenn hinter dem Zaun verlockende Beute wartet.

Für das Wild hingegen seien diese Zäune ein verhängnisvolles Hindernis, so Mayr-Melnhof: „Von den Schafzäunen sind die ersten Erfahrungen nicht gut, weil die Schafzäune in erster Linie Fallen für das Rehwild waren. Sie sind hineingelaufen, sind hängengeblieben – und das tagtäglich. Wir reden da aber nur von einer Fläche von 2,5 Hektar – also 900 Meter Zaun. Jetzt haben sich die Rehe dran gewohnt, leider mit einigen Todesopfern und Verletzten.“

Herdenschutzzäune: Erster Test „nicht überzeugend“

In der Diskussion um Wölfe und wie man mit ihnen umgehen soll, ist der Begriff Herdenschutz zuletzt oft zu hören. Aber wie funktioniert der? Herdenschutz durch Zäune testet Landesjägermeister Max Mayr Melnhof auf ihre Wirksamkeit und hat in Glanegg eine Versuchsfläche eingezäunt. Er ist von diesem ersten Test aber nicht überzeugt.

Einer, der viel von Herdenschutz versteht, ist Norbert Brandtner. Heute arbeitet er als Forstwirt beim Land Salzburg, zuvor verbrachte er viele Jahre auf verschiedenen Schweizer Almen: „Ich war mit 600 bis 800 Schafen im Kanton Graubünden unterwegs, habe dort das Herdensystem Kategorie A verwendet. Das heißt: ständige Behütung, unter anderem mit einer Nachtpferch. Da haben wir wirklich auf 2.000 Metern mit Flexinetzen Zäune gemacht, wo wir die Schafe am Abend hineingetrieben haben.“

Behirtung und Herdenschutzhunde brauchen viel Vorarbeit

Schafe und Ziegen durch Hirten vor Wölfen zu schützen – wie es immer wieder als Herdenschutzmassnahme auch für Salzburg vorgeschlagen wird – sei nach Brandtners Erfahrung gar nicht so einfach umzusetzen: „Die Kultur der Behirtung wird in Salzburg und Österreich nur wenig gelebt. Die Schweiz hat da schon seit Jahren eine gewisse Kultur aufgebaut, die Erfahrung wird weitergegeben. Dieses Handwerk ist sicher nicht so einfach am grünen Tisch zu erlernen. Es braucht viel Erfahrung und man muss dazu geeignet sein.“

Auch Herdenschutzhunde sind nicht die endgültige Lösung, weiß Brandtner: „Ein Herdenschutztier ist kein Computer. Jeder Hund ist ein Individuum – machmal funktioniert er sehr gut und manchmal eben nicht. Es wird auch Problemwölfe geben, die den Herdenschutz ignorieren.“ Brandtner will nun zusammen mit Mayr-Melnhof weiter die Wirksamkeit von Herdenschutzmaßnahmen für Schafe und Ziegen testen.

Interview mit Wolfsbeauftragten Stock

In der Diskussion um Wölfe und wie man mit ihnen umgehen soll, ist der Begriff Herdenschutz zuletzt oft zu hören. Aber wie funktioniert der? Der Wolfsbeauftragte Hubert Stock nimmt dazu Stellung.

2020 bisher wenig nachgewiesene Wolfs-Aktivität

Doch obwohl wegen des Abschussbescheides für den Salzburg „Problemwolf“ derzeit heftig diskutiert wird, gebe es in Salzburg heuer bislang nur wenig nachgewiesene Wolfsaktivität, weiß Hubert Stock, Wolfsbeauftragter des Landes Salzurg: Der letzte Nachweis für den jetzt zum Abschuss freigegebenen „Problemwolf“ stammt aus dem Jänner 2020 aus dem Gasteiner Tal (Pongau). Dazu gab es einen Riss eines anderen Wolfes Ende April in Hüttau (Pongau) und eine Videoaufnahme eines Wolfes aus Neukirchen am Großvenediger (Pinzgau).

„Man kann davon ausgehen, dass bei uns laufend Wölfe eintreffen werden“, sagt Wolf. „Dazu sind einfach um Österreich wieder viel zu viele Wolfsrudel vorhanden.“ Aber der Abschuss – offiziell die „Entnahme“ – eines einzelnen Wolfes sei unter bestimmten Bedingungen möglich.