Prozess gegen Internationalen Drogenring im Kolpinghaus
APA/BARBARA GINDL
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Chronik

Großprozess gegen Drogenring gestartet

Am Mittwoch hat ein Geschworenenprozess wegen Handels mit rund 22 Kilogramm Drogen gegen 15 Angeklagte begonnen. Die Verhandlung wurde aufgrund der CoV-Maßnahmen vom Landesgericht in das Kolpinghaus verlegt, das mehr Platz zur Einhaltung der Sicherheitsabstände bietet. Bis 25. Juni sind 22 Verhandlungstage anberaumt.

Der Zutritt in den Verhandlungssaal war nur den rund 40 Prozessbeteiligten, darunter zehn Verteidigern gestattet. Journalisten konnten die Verhandlung von einem Nebenraum aus per Live-Videoübertragung beobachten. Das Landesgericht hat wegen der CoV-Pandemie umfangreiche Sicherheitsvorkehrungen getroffen. Fiebermessen am Eingang, Schutzmasken, Desinfektionsmittel und Plexiglasscheiben zwischen den Teilnehmern sollen vor einer Ansteckung mit dem Virus schützen.

Neben den CoV-Maßnahmen sind aber auch die Sicherheitsmaßnahmen streng: Polizei-Hundeführer vor dem Gebäude, Zivilpolizei in den Gängen, Metalldetektoren beim Eingang, Polizei auch im Saal, zusätzlich zu den Jusitzwachebeamten. Das Gerichtsverfahren werde sehr ernst genommen.

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Prozess gegen Internationalen Drogenring im Kolpinghaus
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Am Mittwoch startete der Prozess gegen die 15 Angeklagten eines Internationalen Drogenrings
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Wegen der CoV-Pandemie gelten strenge Regeln
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Der Prozess musste vom Landesgericht ins Kolpinghaus verlegt werden
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Journalisten dürfen nicht in den Saal, sie können den Prozess in einem Nebenraum via Livestream mitverfolgen
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Zusätzlich zu den Justizwachebeamten sind auch Polizisten im Saal
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Auch vor dem Kolpinghaus gelten strenge Sicherheitsvorkehrungen

Mehr als 22 Kilo Drogen nach Österreich gebracht

Als Chef der international agierenden, mutmaßlichen Drogenbande gilt ein 50-jähriger Kroate. Der Vorwurf betrifft die Einfuhr von insgesamt 2,3 Kilo Kokain, 12,6 Kilo Speed und 7,5 Kilo Cannabisharz sowie mehreren Tausend Ecstasy-Tabletten. Die Drogen stammen aus Belgien, den Niederlanden und der Dominikanischen Republik. Das Suchtgift soll von April 2018 bis März 2019 unter Federführung des Hauptbeschuldigten nach Österreich geschmuggelt worden sein.

Der 50-Jährige, der neben der kroatischen auch die serbische Staatsbürgerschaft besitzt, soll in dem Tatzeitraum bei einem Bekannten in Zell am See als „U-Boot“ gewohnt haben. Laut Staatsanwältin Sandra Lemmermayer wurden Drogen in der Wohnung gebunkert. Der Kroate soll das Suchtgift zum Teil mit dem Wagen einer Mitangeklagten nach Salzburg geschmuggelt haben. Ihm drohen zehn bis 20 Jahre oder sogar lebenslange Haft. Zwei weitere Beschuldigte, darunter ein 65-jähriger Niederländer und ein 30-jähriger Belgier, sollen die Drogen organisiert haben.

Netz mit heimischen Unterhändlern aufgebaut

Für den Drogenhandel im Pinzgau soll der Hauptbeschuldigte ein Netz von heimischen Unterhändlern aufgebaut haben. Das Suchtgift wurde laut Anklage mit großem Gewinn weiterverkauft, großteils im Pinzgau, aber auch in Kroatien. Der 50-Jährige ist für die Justiz kein unbeschriebenes Blatt. Er stand bereits in Deutschland und Schweden wegen Drogenhandels vor Gericht. Der Mann wurde wegen des aktuellen Strafverfahrens im März 2019 festgenommen, mit ihm auch ein Großteil der Angeklagten. Es handelt sich dabei um sieben Österreicher, drei Kroaten, einen Niederländer, einen Belgier, eine Slowenin und einen Deutschen. Die Beschuldigten sind 27 bis 65 Jahre alt. Ein Großteil davon wohnte zuletzt im Pinzgau. Sie zeigten sich bisher zum Teil geständig.

Angeklagten hätten sehr professionell agiert

Die 15 Angeklagten sollen sehr professionell agiert haben, sagte die zuständige Staatsanwältin beim Prozessauftakt. Die Lieferanten waren teilweise als Geschäftsleute getarnt, im Anzug und mit Aktenkoffer, unterwegs in besonders unauffälligen Kleinwagen. Lange ist die Gruppe von der Polizei überwacht und Telefone abgehört worden. Mitglieder hatten Spitznamen, zum Beispiel „Action Man“, „Schmalzauge“ oder der „Dicke“.

Verteidiger: „Anklage ist übertrieben“

Die Anklage sei übertrieben, meinte Peter Lechenauer, einer der Verteidiger. Die Polizei habe zugreifen müssen, nachdem ihr heimlich angebrachter GPS-Sender an einem Auto entdeckt worden war. „Er ist überwacht worden, aber hier war ein Anbringen am Pkw seiner Lebensgefährtin, die überhaupt nichts damit zu tun hatte. Beim Reifenwechsel hat er das festgestellt“, so Lechenauer.

Kroate sei „kein Drogenboss“

Der Verteidiger des Hauptbeschuldigten, Andreas Lang, sagte, dass sein Mandant kein Drogenboss sei. Der Kroate habe Suchtgift „in kleinsten Mengen“ mit dem Zug von Belgien und den Niederlanden nach Österreich gebracht. Die Drogen seien in einer kleinen Aktentasche in Größe eines Blattes Papier verstaut und für Freunde des 50-Jährigen bestimmt gewesen, erklärte der Verteidiger. Der 50-Jährige habe ihnen das Suchtgift entweder zum Einkaufspreis überlassen oder es verschenkt.

„Einen Drogenhandel im großen Stil hat es nicht gegeben“, sagte Lang. Die Ermittlungsergebnisse seien teils falsch wiedergegeben und falsch berechnet worden. „Es kommt zu einer Verzerrung der ganzen Menge.“ Die tatsächlichen Drogenmengen seien weit geringer gewesen. Zur Verdeutlichung, dass der Kroate kein „Boss“ gewesen sei, schilderte Lang, sein Mandant habe im Bezirk Zell am See in einer heruntergekommenen Wohnung gelebt und sei mit einem rostigen Wagen herumgefahren. „Ein Drogenboss würde ganz anders wohnen und leben.“

Prozess musste ins Kolpinhaus verlegt werden

Die Justiz verlegte die Verhandlungen aus Platzgründen in das Kolpinghaus. Der Schwurgerichtssaal am Landesgericht Salzburg war aufgrund der geltenden Covid-19-Bestimmungen zu klein – Großer Drogen-Strafprozess im Kolpinghaus (salzburg.ORF.at; 12.5.2020).