Es ist ein unwirkliches Gefühl, in diesen Tagen durch die Salzburger Altstadt zu gehen. Wo ansonsten die Touristenmassen die Szene beherrschen, wo es laut und eng ist, oft schrill und erdrückend, erlebt man Plätze und Gassen derzeit auf eine Art und Weise wie nie zuvor.
Ein menschenleerer Domplatz, ein leerer Residenzplatz, ein Kapitelplatz mit lediglich vier Schachspielern, die historischen Gassen sind verwaist. Man lernt seine eigene Stadt Salzburg völlig neu kennen. Man entdeckt Weiten und Räume, die sonst verstellt sind von Souvenirstandln, genießt eine Stille, die nur durchbrochen wird von Vogelgezwitscher und dem allgegenwärtigen Läuten von Kirchenglocken. „Irgendeine läutet immer“, sagt ein Altstadt-Bewohner, der den Frieden genießt.
„Der offene Himmel ist bis auf Weiteres geschlossen“ steht auf einem Zettel an der Tür jenes Büros, das sich als Infopoint für die Kirchen in der Landeshauptstadt versteht. Und obwohl das Büro geschlossen ist, scheint der Himmel über der Salzburger Altstadt offen wie selten zuvor. Keine in die Höhe gereckten Schirme diverser City Guides verstellen den Blick, kein Geschiebe und Gedränge stört das ruhige und genussreiche Schauen. 2.000 Menschen drängen sich an manchen Tagen allein durch den Salzburger Dom, heute freut sich der Mesner über jeden einzelnen Besucher – viele sind es nicht in Corona-Zeiten, eine handvoll über den Tag verteilt.
Die Kaffeehäuser haben geschlossen, die Geschäfte auch, lediglich Apotheken und Lebensmittelgeschäfte dürfen offen halten. Die Metzgerei Erlach ist ein alteingesessener Betrieb in der Salzburger Innenstadt. Man hat die Öffnungszeiten eingeschränkt, von 9.00 bis 15.00 Uhr ist man da für seine Kunden, immerhin fällt das Jausengeschäft zur Gänze weg. Aber man will den Stammkunden weiter Qualität bieten, eine Anlaufstelle sein für die wenigen Altstadtbewohner, die es noch gibt in Salzburg. „Wir haben ja eine Verpflichtung“, sagt Wolfgang Erlach. Und freut sich über Begegnungen und längere Gespräche in der Fleischerei. „Wir können mit jedem ein bisschen reden, die Leute nehmen Rücksicht, wenn zwei Kunden im Geschäft sind, dann warten die anderen vor der Türe, halten Abstand“. Und er selbst? „Ich wasche mir nach jedem Kunden die Hände“, sagt er – und der Abstand über die Verkaufstheke hinweg bietet Sicherheit.
Die wenigen Menschen, die unterwegs sind in der Salzburger Altstadt, halten Abstand zueinander. Man grüßt sich, plaudert aus sicherer Entfernung, lächelt sich an, entdeckt das Gespräch ohne sich zu Nahe zu kommen. Und genießt in stiller Übereinkunft die Stadt in ihrer einzigartigen Pracht – ungestört und still staunend.