Salzburger Landtag bei Debatte
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Politik

380-kV-Leitung: Landtag fordert vorläufigen Baustopp

Einen Baustopp der 380-kV-Freileitung bis zur Entscheidung des Höchstgerichts über alle Einsprüche: Das hat der Salzburger Landtag am Mittwoch einstimmig von der Bundesregierung gefordert. Die Debatte davor war aber hitzig.

Lautstarke Unmutskundgebungen, Zwischenrufe, heftige Wortgefechte: Die Debatte über die 380-kV-Freileitung im Salzburger Landtag war am Mittwoch höchst emotional. Anlass war ein dringlicher Antrag der FPÖ, vom Bund einen sofortigen Baustopp zu verlangen.

Anlass sind die Protestkundgebungen der Freileitungsgegner im Wald auf dem Rengerberg bei Bad Vigaun (Tennengau). Den Demonstranten geht es darum, Schlägerungen und Rodungen zu verhindern. Diese sind für den Bau der Freileitung notwendig und auch genehmigt – auch wenn der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) erst endgültig über die Einsprüche gegen den Leitungsbau entscheidet.

Das Dilemma der Landespolitik bei dem Stromleitungsgroßprojekt zeigte sich am Mittwoch bei der Landtagsdebatte einmal mehr: Im Grunde genommen hat niemand eine Freude mit der Freileitung. Inzwischen wäre wohl jeder Partei zumindest eine Teilverkabelung des 380-kV-Netzes lieber als die umstrittene Freileitung. Die Notwendigkeit einer sicheren Stromversorgung stellt aber auch niemand in Abrede. Und es ist allen klar, dass sämtliche Bauarbeiten des Leitungserrichters rechtens sind.

FPÖ attackierte LH Haslauer

Die Freiheitlichen attackierten in der Diskussion am Vormittag vor allem Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP). Wenn es der einzige Einsatz des Landeshauptmanns sei, einen Brief zu schreiben, und man dann zwei Monate nichts höre, dann gnade Gott, wie sich der Landeshauptmann verhalte, wenn das Land in eine echte Krise schlittere, so die FPÖ.

Die Replik von Haslauer: Es sei nicht sein Stil, den Leuten etwas vorzumachen und etwas zu versprechen, das er nicht halten könne. Er habe allerdings erreicht, dass die Austrian Power Grid (APG) als Leitungsbetreiber auf Zwangsräumungsmaßnahmen verzichte.

SPÖ gegen Grüne

Die SPÖ griff wiederum vor allem die Grünen an. In einem Zwischenruf bezeichnete SPÖ-Klubobmann Walter Steidl die ehemalige Landeshauptmann-Stellvertreterin und jetzige grüne Nationalratsabgeordnete Astrid Rössler als „Lügenbaronin“ – und bekam dafür einen Ordnungsruf.

ÖVP-Klubchefin Daniela Gutschi war fassungslos, dass sich ausgerechnet die SPÖ nach Jahren in der Landes- und Bundesregierung jetzt zur Fürsprecherin der Verkabelung mache. Und die Grünen wiesen einmal mehr auf die vorliegenden rechtsstaatlichen Entscheidungen zu dem Projekt hin.

Antrag: Erst bauen, wenn Höchstgericht entschieden hat

Am Nachmittag einigte sich der Landtag dann trotz der hitzigen Debatte auf einen Kompromiss: Das Landesparlament ersuchte in dem Antrag einstimmig die Bundesregierung, einen Baustopp für das Projekt zu verhängen – und zwar so lange, bis der VwGH endgültig über alle Einsprüche entschieden hat. Die Freiheitlichen, die diesen Antrag – wenngleich in etwas geänderter Form – initiiert hatten, sind zufrieden, der Kommentar von Parteichefin Marlene Svazek: „Immerhin ein geschlossenes Bekenntnis.“

Was der Bund mit diesem Antrag aus Salzburg machen wird, ist allerdings völlig unklar. Die Republik Österreich ist ja über ihre Mehrheit am Verbund-Konzern auch Eigentümer der APG. Die APG als Verbund-Tochter plant und baut die 380-kV-Leitung.