Die Jugendliche Deutsch-Iranerin Mina (Sabrina Amali) steht irgendwo zwischen Mädchen und Frau – auf der Suche nach ihrem eigenen Ich. In der Großstadt Berlin versucht sie sich mit blonder Perücke, fast zur Unkenntlichkeit geschminkt, selbst zu finden.
Doch als die Mutter (Britta Bayer) den Tod des Vaters verkündet, gerät die aufgebaute Welt ins Wanken, verzerrte Erinnerungen übernehmen das Kommando – Erinnerungen an das Aufwachsen zwischen zwei Kulturen, mischen sich mit den Herausforderungen des Heranwachsens. Themen die den Text von Regisseurin und Autorin Sara Abbasi vor allem prägen: „Die wichtigsten Begriffe sind Erinnerung, Gedächtnis, Identität und das Verhältnis dieser Begriffe zueinander,“ so die Autorin und Regisseurin.
Gesellschaftliches und familiäres Drama
Mutter und Tochter treffen einander in einem sich nach hinten ins Endlose verjüngenden weißen Raum (Ausstattung Sarah Sassen). Er spiegelt die Distanz der Figuren wider, die sich gleichzeitig räumlich nah, und doch fern sind. Der Raum – gleichzeitig weit wie eng – schafft Leere und Beklemmung. Aus dem hinteren Bereich schleppen sich mal bedrückend Kinderfiguren und bringen verschwommene Erinnerungen an das von Vorurteilen geprägte Aufwachsen, inklusive alltäglicher Rassismen in Form scheinbar harmloser Kinderreime.
Größer als der Konflikt der Kulturen, scheint aber tatsächlich jener zwischen Mutter und Tochter. Deren Annäherung noch schwieriger gelingt als die Annäherung zweier Kulturen – Eine Beziehung der am Ende weniger ein gesellschaftlicher, als vielmehr ein sehr persönlicher Konflikt zu Grunde liegt, der Mina schließlich unweigerlich an den Grundfesten ihrer Vergangenheit zweifeln lassen muss.
Stückentwicklung mit viel persönlichem Hintergrund
Regisseurin Sara Abbasi ist selbst im Iran geboren und in Deutschland aufgewachsen. Autobiografische Momente inspirieren daher den Text: „Dass man als Individuum natürlich mit diesen gesellschaftlichen Zusammenhängen konfrontiert ist und sich natürlich auch in seiner Pubertät durch Einschluss und Ausschluss definiert, ist klar.“ Zentrales Thema sei aber die Erinnerung an sich und wie sehr man dieser trauen kann. Denn letztlich wird Mina mit einer großen Lebenslüge konfrontiert, die das Stück am Ende zwischen gesellschaftlichem und familiärem Drama wandeln lässt.
Die Geschichte der Regisseurin ist dabei nicht das einzige autobiografische Element der Stückentwicklung. Auch Hauptdarstellerin Sabrina Amali ist als Schweizerin mit marokkanischen Wurzeln zwischen Kulturen aufgewachsen. Sie verleiht der Figur Mina, die sich mal kühl und stark, dann wieder kindlich zart gibt, eine ganz eigene, berührende Authentizität.
Mina – Uraufführung im Salzburger Landestheater
Bis 12. Jänner zeigen die Kammerspiele des Salzburger Landestheater die Stückentwicklung „Mina“ von Sara Abbasi
Herausgekommen ist ein Stück, das ganz bewusst – so wie das Heranwachsen selbst – Fragen offen lässt, wie Regisseurin Abbasi festhält; „Wir wissen alle eh immer viel zu viel, und es ist schön sich die Frage zu stellen, was von einem Menschen bleibt der seiner Erinnerung nicht mehr trauen kann.“
Bericht Ö1 Kulturjournal zum Nachhören
Mina – UA von Sara Abbasi – zu sehen bis 12. Jänner in den Kammerspielen des Salzburger Landestheaters.