Sozialwohnungen als Touristen-Domizile
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Politik

Sozialwohnungen: Kritik an Nutzung für Touristen

Sozialwohnungen, die für Mieter mit wenig Geld gebaut wurden, werden nun kommerziell über Airbnb als Feriendomizile für Urlauber im Internet angeboten. Ein Beispiel in Salzburg-Liefering zeigt, dass das möglich und legal sein kann. Stadträtin Anja Hagenauer (SPÖ) kritisiert die Entwicklung.

Stadt und Land Salzburg schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu. Der Fall ist laut Experten aus rechtlicher Sicht klar. Er dreht sich um das Haus Tetlhamgasse 15 in der Stadt Salzburg. Hier wohnen längst keine „sozial schwachen“ Mieter mehr, sondern Touristen.

Touristentrubel im Wohngebiet

Die Nachbarn haben gegen die Umwandlung von Sozialwohnungen in Ferienappartements eine Unterschriftenaktion gestartet. Diese habe aber nichts gebracht, sagte Anrainerin Elisabeth Seelmann-Kriegl: „Zehn Wohnungen wurden vom Salzburger Wohnungsmarkt genommen. Da haben wir uns schon gewundert, dass das überhaupt möglich ist. Außerdem passt dieses Appartementhotel hier nicht in diese Gasse. Hier wohnen viele Familien, und nun haben wir ein großes Verkehrsaufkommen durch An- und Abreise der Touristen.“

Sozialwohnungen als Touristen-Domizile
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Sozialwohnungen werden als Ferienwohnungen angeboten: Ein Beispiel in Salzburg-Liefering regt auf

„Aparthotel mit Frühstücksraum“

Von 1997 bis 2017 musste sich der Bauträger verpflichten, die Wohnungen als günstige Sozialwohnungen anzubieten. Heute parken vor dem Haus vielerlei Fahrzeuge aus Deutschland, Spanien oder Rumänien. Im Internet wird das Haus als „Aparthotel mit Frühstücksraum“ angeboten.

Der Salzburger Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) sagt dazu, die Stadt sei in diesen Fall nicht involviert gewesen: „Denn wir haben keine Raumordnungsvertrag mit diesem Bauträger abgeschlossen. Ich vermute, dass hier ein Förderansuchen über das Land Salzburg gelaufen ist. Das ist natürlich schon verständlich bei den Gewerblichen, wenn sie eine Förderung vom Land für geförderte Mietwohnungen bekommen haben, dass diese Regelung nach 20 oder 25 Jahren ausläuft.“

Pingpong der Argumente zwischen Stadt und Land

Tatsächlich hat das Land Salzburg damals eine Sonderwohnbauförderung genehmigt. Es bezahlte ein Fünftel der Baukosten, damit der private Bauträger 20 Jahre lang billige Mietwohnungen bereitstellt. Mit Ablauf dieser Frist habe sich die Nutzung geändert, sagt die zuständige Wohnbaulandesrätin Andrea Klambauer (NEOS), die das Thema von Amtsvorgängern politisch geerbt hat: „Seit 2017 gibt es keine Voraussetzungen mehr, die für die Wohnbauförderung zu erfüllen sind. Dass diese Wohnungen nun als Feriendomizile genutzt werden, das kann nur aufgrund einer baubehördlichen Genehmigung durch die Stadt Salzburg erfolgt sein.“

Die Stadt Salzburg hat die baurechtliche Bewilligung erteilt und das Haus als Beherbergungsbetrieb genehmigt. Damit hat der Magistrat selbst sein grünes Licht gegeben, dass hier in einer typischen Wohnsiedlung nun die Urlaubsgäste und Touristen aus und ein gehen.

SPÖ: „Tourismus darf nicht Wohnfraum fressen“

Sozialstadträtin Anja Hagenauer (SPÖ) betont, sie sei sehr besorgt über diese Entwicklung: Eine solche Zweckentfremdung von Wohnraum in der Stadt ist das Resultat falscher Baupolitik und kann uns auch nach aktueller Gesetzeslage jederzeit wieder passieren. Das kommt heraus, wenn private Wohnbauträger geförderte Wohnungen bauen können und die Allgemeinheit am Ende der Laufzeit dann durch die Finger schaut.“

1997 seien Projekte wie in der Tetlhamgasse noch Einzelfälle gewesen, so die Stadträtin: "Ich frage mich allerdings, wie viele Einzelfälle dieser Art uns in der Zukunft begegnen werden, wenn wir hier nicht so schnell wie möglich eingreifen.“

Wohngebiet oder Massentourismus?

Die kommerzielle und touristische Nutzung früherer und mit Steuergeld mitfinanzierter Sozialwohnungen ist legal. Kritiker sehen eine Schieflage, und Politiker schieben einander gegenseitig die Verantwortung zu.