Schuhe als Symbol für menschliches Begehren, das zentrale Thema der Goldegger Dialoge 2019
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Gesundheit

„Goldegger Dialoge“: Begehren im Zentrum

„Begehren“ ist das zentrale Thema der diesjährigen „Goldegger Dialoge“ Von welchen Faktoren das Begehren abhängt, und die Frage, ob es in Gier oder in Glück umschlägt, wird bis Samstag bei den „Goldegger Dialogen“ diskutiert.

Der Ruf des männlichen Begehrens hat durch „MeToo“ gelitten, weibliches Begehren kommt medial kaum vor – damit sind wir aber noch nicht am Ende der Dinge, die wir begehren. Begehren ist die Grundlage des Lebens – wir begehren Nahrung, Menschen, Spannung und Entspannung und vieles mehr.

Ob Begehren glücklich macht oder zur Falle der Begierde wird, hängt davon ab, wie wir damit umgehen. Unsere Kultur lenkt das Begehren oft nach außen, sagt Christina Kessler, Therapeutin und Autorin in Berlin. „Es geht dabei um Besitz, um Sex, um Konsum und all das, was wir eben so gut kennen. Und das Schlimme ist, dass der Mensch dabei seinen Lebensraum und seinen Bezug zu sich selbst zerstört.“

„Wenn Bindungen fehlen, wird aus Begehren Begierde“

Die Videoinstallation von Kay Walkowiak als künstlerischer Beitrag zu den 38. Goldegger Dialogen lenkt den Blick – ebenso wie die Vortragenden – auf andere Kulturen. „Die Indianer, die uns ja auch kritisch beobachten, sagen zum Beispiel, das sei eine kollektive Psychose. Sie halten uns im übertragenen Sinn für ‚Kannibalen‘, weil wir so gierig und unersättlich sind, und dabei unseren Lebensraum zugrunde richten“, ergänzt Christina Kessler.

„Das Wichtigste ist die Mutterliebe“

Begehren, Begierde und Glück – hängen zusammen. Wenn dem Menschen sichere Bindungen fehlen, dann werde aus Begehren Begierde, erläutert Michael Lehofer, Psychiater am Landeskrankenhaus Graz. „Dann versucht der Mensch, sich an Dingen zu sättigen, die er eigentlich nicht braucht – er bräuchte zum Beispiel Liebe, will aber immer mehr Macht und Geld. Das kann aber nie satt machen“, sagt Lehofer.

Für den Münchner Therapeuten Franz Ruppert ist Mutterliebe der Schlüssel zum Glück. Wer unter Muttermangel leidet, bleibe unbefriedigt, sagt Ruppert. „Die Mutterliebe ist das erste Tor, durch das wir beziehungsmäßig gehen. Dahinter sind alle anderen Beziehungen. Deshalb muss man auch leider auch sagen: Die Männer bilden sich immer viel darauf ein, wie wichtig sie sind. Aber eigentlich gibt es nichts wichtigeres als zuerst einmal die Mutter für das Kind. Das ist das psychische Fundament und erst dann kommen die Männer.“

„Liebe als Ausweg aus Teufelskreis von Begehren und Gier“

Vorwürfe an die Mutter seien nicht die Lösung, hören die Teilnehmer des Einführungsseminars. Franz Ruppert fordert auf, eigene Anliegen zu spüren und zu formulieren. „Wichtig ist die Wendung zu sich selbst und sich auch selbst die Liebe zu geben, die man von außen vielleicht nicht bekommen hat“, sagt Ruppert.

Der Ausweg aus dem Teufelskreis von Begehren und Gier führt bei allen Referenten der 38. Goldegger Dialoge über die Liebe. „Am besten ist, man fängt selbst mit Lieben an, denn das kann man irgendwie selbst bewegen. Dann wird man als Resonanz von der Welt auch Antworten finden, die einen sättigen“, betont Psychiater Miachael Lehofer. Einigkeit herrscht bei den Experten auch darüber, dass unser Wirtschaftssystem den Weg vom Begehren zum Glück nicht fördert.

„Goldegger Dialoge“: „Begehren“ im Mittelpunkt

Im Zentrum der diesjährigen „Goldegger Dialoge“ steht das menschliche Begehren in all seinen Ausprägungen. Dabei wird vor allem über mögliche Wege diskutiert, damit Begehren nicht in Gier umschlägt.