Prozess um Bluttaten von Reichenhall

Beim Landgericht Traunstein im benachbarten Bayern hat Dienstag der Prozess wegen der äußerst grausamen Bluttaten von Reichenhall begonnen. Die in einem Fall tödlichen Angriffe mit einem Kampfmesser hatten auch in Salzburg für großes Aufsehen gesorgt.

Angeklagt ist ein ehemaliger Soldat der Deutschen Bundeswehr. Er steht unter dem dringenden Verdacht, in der Nacht nach dem WM-Finale im Juli 2014 in Bad Reichenhall einen 72-jährigen Pensionisten erstochen und eine junge Frau lebensgefährlich verletzt zu haben. Nach den Bluttaten hatte sich der 21-Jährige nach Norwegen abgesetzt. Seit seiner Festnahme schweigt er beharrlich zu allen Vorwürfen.

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Anwalt des Opfers nicht überrascht von „Milchbubi“

Teilnahmslos, emotionslos und kontrolliert wollte sich der 21-Jährige offenbar vor Gericht präsentieren. In Rollkragenpulli, Jeans wirkte er mit seinen leicht geröteten Wangen jungenhaft und weich. Den Blick ließ der junge Mann schweifen. Nur der Jugengerichtshelferin Sabine Kreutzer-Mühlthaler blickte er direkt in die Augen.

Prozess gegen Messerstecher von Reichenhall

ORF

Der junge Verdächtige (rechts) mit seinem Verteidiger

Maximilian Pauls ist Anwalt der jungen Frau, die die Messerattacke überlebt hat. Er beobachtete den Angeklagten am Dienstag sehr genau: „Es hat mich nicht überrascht, dass so eine kleine Person, mit so einem Milchbubi-Gesicht zu so einem Gewaltexzess fähig war.“

Angeklagter aus zerrütteter Familie

Sabine Kreutzer-Mühlthaler, Vertreterin der Jugendgerichtshilfe, gab am Dienstag Auskunft über das bisherige Leben des ehemaligen Soldaten. Er soll aus schwierigen familiären Verhältnissen stammen. Die Mutter sei offenbar überfordert gewesen, sei vom Vater des Angeklagten geschlagen und sexuell missbraucht worden - so schilderte es der junge Mann der Jugendgerichtshelferin. Aufgewachsen sei er dann in einem Heim und mit 18 Jahren zeitweise in einem Obdachlosenheim gewesen, schilderte Sabine Kreutzer-Mühlthaler am Dienstag vor Gericht.

Bundeswehr bot offenbar Geborgenheit

Bei Kickboxturnieren habe er Geld verdient, bis er sich von der Bundeswehr für 20 Monate verpflichten habe lassen. Dort hätte er sich zum ersten Mal zugehörig gefühlt, so Kreutzer-Mühlthaler. Nach rund einem Jahr habe er sich aber auch dort nicht mehr wohl gefühlt. Das sei auch der Grund für seine Reise nach Norwegen gewesen, habe der Angeklagte zur Jugendgerichtshelferin gesagt. Das Motiv bleibt weiterhin unklar. Besonders auffallend fand Kreutzer-Mühlthaler, dass der junge Mann von anderen als hochintelligent wahrgenommen werden wolle.

Verhandlung vor der Jugendkammer

Der Verteidiger des 21-Jährigen ist Harald Baumgärtl. Er erhofft sich eine Strafe nach dem Jugendstrafrecht. Damit würde die Höchststrafe nicht lebenslang, sondern 15 Jahre in Haft betragen. Weil der Angeklagte zum Tatzeitpunkt 20 Jahre alt war, findet die Verhandlung vor der Jugendkammer statt. Diese ist mit drei Berufsrichtern und zwei Schöffen besetzt. Sie müssen entscheiden, ob der Fall nach Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht beurteilt wird.

Täter soll vor Passanten geprahlt haben

Die Staatsanwaltschaft wirft dem mutmaßlichen Täter vor, aus purer Mordlust gehandelt zu haben. In der Anklageschrift verlas Oberstaatsanwalt Volker Ziegler grauenvolle Details der Gewalttaten. So soll der Angeklagte aus Rheinland-Pfalz den beiden Opfern ins linke Auge gestochen haben. Dem 72-Jährigen habe er mit einem Bundeswehr-Messer Dutzende tödliche Stichverletzungen in Kopf und Oberkörper zugefügt. Dann soll er die 17-Jährige von hinten mit dem Messer attackiert haben, ihr in den Nacken und ins Gesicht gestochen haben. Die junge Frau überlebte das nur knapp und ist seither auf dem linken Auge blind. Gemäß Anklageschrift soll der Täter nach den Attacken Passanten gegenüber mit seinen Taten geprahlt haben.

Am Freitag soll die junge Frau sich vor Gericht zur Tat äußern. Ein psychiatrisches Gutachten zum Angeklagten soll dem Schwurgericht ebenfalls vorgelegt werden. Ein Urteil soll am 20. Mai gesprochen werden.

Links: