Preisgekrönter Roman über Kärntner Slowenen

Maja Haderlap hat Mittwochabend in Rauris (Pinzgau) den Rauriser Literaturpreis 2012 erhalten. Die 50-jährige Kärntner Slowenin bekam den mit 8.000 Euro dotierten Preis für ihren Roman-Erstling „Engel des Vergessens“.

Maja Haderlap Autorin

Gert Eggenberger/APA

Haderlap schrieb einen vielschichtigen Roman

„Ja mein Buch ist politisch. Man kann ja auch über Bäume politisch schreiben, und in meinem Buch kommen viele Bäume vor.“ Das sagte Maja Haderlap, als ihr am Mittwochabend der Preis der bis Sonntag dauernden 42. Rauriser Literaturtage verliehen worden ist.

Zusammenleben der Sprachgruppen

Ihr Buch ist bereits 2011 mit dem Bachmann-Preis und dem Bruno Kreisky-Preis ausgezeichnet worden und führte im August die österreichische Bücherbestseller-Liste an. Thema von „Engel des Vergessens“ ist das Zusammenleben von deutschsprachigen und slowenischsprachigen Kärntnern auf österreichischem Boden. „Ich habe drei Jahre an meinem Erstling geschrieben. Aber recherchiert und Material gesammelt habe ich viel länger“, so Haderlap:

Rauriser Landschaft - grüne Wiesen, bäume und im Hintergrund schneebedeckte Berge

Franz Neumayr

Rauriser Tal im späten Frühjahr

„Denn das Leben der slowenischen Minderheit in Kärnten beschäftigt mich, seitdem ich denken kann“, sagte die Autorin und fügte hinzu: „Ich hatte keine Vorurteile und trotzdem hat die konkrete Arbeit an diesem Buch so manches Bild in meinem Kopf geändert.“

Veränderte Wahrnehmung

Der Laudator, Rauris-Juror und Literaturwissenschaftler Arno Russegger sprach anlässlich der Preisverleihung von einem „Ruck der Veränderung“ in der Kärntner Gesellschaft: „So, als öffneten sich plötzlich die Augen und Ohren für Dinge, die zwar längst offenbar gewesen, doch von einem Augenblick zum anderen in ein neues Bewusstsein, in eine veränderte Wahrnehmung und Einschätzung versetzt worden sind. Ich habe bei einem kleinen Forschungsprojekt über Lesegruppen selbst erlebt, wie Menschen durch den ‚Engel des Vergessens‘ ganz tief in ihrem Innersten ergriffen wurden“, schilderte Russegger.

„Haider ist tot, seine Politik passe“

In ihrem Roman rekapituliert Maja Haderlap anhand dreier Generationen nicht nur Teile der eigenen Familienchronik, sondern darüber hinaus fast ein Jahrhundert der verwickelten Konflikte zwischen Kärntnern slowenischer und deutscher Muttersprache. „Jörg Haider ist tot, seine Politik ist passe“, so Haderlap:

„Seit der Einigung in der Ortstafel-Frage ist die Haltung der Leute beider Volksgruppen zuversichtlicher geworden. Zudem hat sich die Einsicht stark verbreitet, dass zwei Sprachen in einem Land genauso gut sind wie bloß eine einzige.“

Individuelle und kollektive Vergangenheitsbewältigung werden in diesem Text ebenso vermischt wie die Sprachen der Lyrik und der Prosa. „Ja das geht“, erklärte die Autorin und kündigte an, trotz des beeindruckenden Überraschungserfolges von „Engel des Vergessens“ bald wieder einen vorwiegend der Lyrik verbundenen Text veröffentlichen zu wollen.

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