Höchstgericht kippt neuerlich Bettelverbot

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat das Bettelverbot in der Salzburger Altstadt erneut großteils gekippt. Da es an so vielen Orten und zeitlich so ausgedehnt gilt, komme es einem absoluten Bettelverbot gleich und sei damit rechtswidrig, so die Höchstrichter.

Seit Juni 2015 galt das sektorale Bettelverbot in der Salzburger Altstadt: Täglich von 8.00 bis 19.00 Uhr war das Betteln in weiten Teilen der Innenstadt verboten. Im Juni des Vorjahres wurde die Verbotszone sogar noch einmal deutlich ausgeweitet - mehr dazu in Ausweitung des Bettelverbots fixiert (salzburg.ORF.at; 25.5.2016)

Bettlerin sitzt am Gehsteig

ORF

Die aktuelle Verordnung der Stadt bedeute de facto ein verfassungswidriges absolutes Bettelverbot, so der VfGH

Wegen dieses großen zeitlichen und örtlichen Umfangs bezeichnete der VfGH jetzt das Verbot als „verfassungsrechtlich verpönt“ und dadurch rechtswidrig.

Jetzige Regelung kam nach erster Aufhebung 2012

Schon 2012 hatte das Höchstgericht geurteilt, dass das damals gültige absolute Bettelverbot in der Stadt Salzburg gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt. Die Stadt führte daraufhin 2015 das sektorale Bettelverbot mit den Verbotszonen ein. Die Stadtpolitiker von SPÖ, ÖVP und FPÖ stützten sich formal auf eine Verordnung des Landes, die es Gemeinden freistellt, das Betteln auf Plätzen zu verbieten, die ansonsten in ihrer Nutzung eingeschränkt wären.

Bettelverbotszonen in der Salzburger Innenstadt mit Stand Mai 2016

Stadt Salzburg

Die Bettelverbotszone in der Stadt Salzburg ist dem VfGH viel zu umfangreich

In der aktuellen Entscheidung urteilte der VfGH nun aber, dass Einschränkungen und Verbote zur Vermeidung von Missständen an neuralgischen Punkten zwar grundsätzlich möglich sind. Deshalb sei das Verbot bei Märkten oder bei den städtischen Friedhöfen auch zulässig. auf den Gassen und Plätzen der Altstadt praktischen den ganzen Tag lang sei das Verbot aber „sachlich nicht gerechtfertigt“, so die Höchstrichter. Das Land Salzburg müsse die Aufhebung „unverzüglich kundmachen“.

Beschwerde einer Bettlerin der Anlass

Anlass für die Überprüfung durch den VfGH war die Beschwerde einer Bettlerin. Die Frau war an der Touristenmeile Getreidegasse auf dem Boden sitzend still um Geld gebettelt und dafür eine Strafe von 100 Euro bekommen. Denn die Getreidegasse gehört zu jenen Gebieten, in denen nach der Verordnung der Stadt das Betteln bisher verboten war.

Schaden will neue Variante des Verbots

Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) will dennoch nicht lockerlassen: Es sagte in einer ersten Reaktion am Dienstag, dass die Stadt das Urteil jetzt juristisch prüfen und nach rechtlichen „Reparaturmöglichkeiten“ suchen müsse. Auch Vizebürgermeister Harald Preuner (ÖVP) und FPÖ-Klubobmann Andreas Reindl forderten, dass die Verordnung „rasch neu formuliert“ werden müsse. Bei Märkten, auf Friedhöfen, beim Rupertikirtag und Christkindlmarkt hätten die Höchstrichter das aktuelle Bettelverbot bestätigt, so Preuner und Schaden.

Die grüne Bürgerliste fordert hingegen, dass die Stadt Salzburg bereits am Mittwoch im Gemeinderat eine Aufhebung des Bettelverbots beschließen soll. Sie will auch einen entsprechenden Dringlichkeitsantrag einbringen. Auch das NEOS sieht die „Law and Order“-Politik in der Stadt gescheitert - und will „gemeinsam nach einer Lösung suchen“.

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