Diskussion um Folgen des Grünlandschutzes

Seit 30 Jahren ist ein Großteil des Grünlands in der Stadt Salzburg durch die Grünland-Deklaration streng geschützt. Das habe zu Bodenspekulation und Preissteigerung beigetragen, sagen Kritiker. Wegzudenken ist der Schutz aber nicht mehr.

Der Kampf um Freisaal, der Kampf gegen die Verbauung der grünen Wiesen nahe des Festungsberges war der eigentliche Anlass für die Salzburger Grünland-Deklaration. Nach langen Diskussionen wurde dieser Grünlandschutz am 28. Juni 1985 im Salzburger Gemeinderat beschlossen - und sicherte einen Grüngürtel als Teil der Salzburger Stadtlandschaften. Deshalb besteht die Stadt Salzburg auch 2015 zu exakt 57 Prozent aus Grünland. Der überwiegende Teil davon ist geschützt. Eine Änderung hier wäre nur mittels Bürgerabstimmung oder einer Drei-Viertel-Mehrheit im Gemeinderat möglich.

Die Stadt Salzburg vom Gaisberg aus gesehen

ORF

57 Prozent der Stadtfläche von Salzburg sind Grünland

Hohen Renditen mit Baulandspekulation

In der Landeshauptstadt sind jedoch auch rund 30 Hektar Bauland ausgewiesen - nur sind sie in der Praxis nicht verfügbar. Denn Bauland-Horten in Salzburg bringt eine sichere Rendite weit jenseits aller Möglichkeiten des Finanzmarktes, weiß Christian Struber, Geschäftsführer der Wohnbaugesellschaft Salzburg Wohnbau: „Wenn von etwas wenig am Markt ist, dann wird es teuer und schwer erschwinglich. Und durch die Grünland-Deklaration ist natürlich der bebaubare Grundstücksbestand in der Stadt Salzburg eingeengt worden - und das hat sicher auch einen Teil dazu beigetragen, dass die Grundstückspreise explodiert sind.“

Dass Grundspekulation in Salzburg eine große Rolle spielt, beobachtet auch Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ): „Wenn ich jetzt noch zehn oder 20 Jahre warte, dann ist das mehr wert und kostet noch mehr. Das ist keine Haltung, die der Allgemeinheit gegenüber in irgendeiner Form fair ist. Mit der Widmung (als Bauland - Anm.) ist ja auch eine Aufwertung des Grundstücks verbunden - und da wäre eine Rückwidmung nach zehn Jahren schon für viele Eigentümer eine Drohkulisse, sich zu überlegen: Wenn ich schon Bauland will, dann nutze ich es auch.“

Appell zu mehr Zusammenarbeit

Bauland zu mobilisieren durch die Möglichkeiten einer Rückwidmung - daran dachte die Politik auch schon, als sie die Grünland-Deklaration beschloss. Zahllose Bürgerproteste gegen ein weiteres Zubetonieren von Grünland waren dem vorangegangen. Das Problem heute ist oft der Übergang von der Stadt Salzburg in die Umlandgemeinden: „Immerhin gibt es den Grüngürtel. Immerhin ist er auch gesetzlich verankert“, sagt Planungsstadtrat Johann Padutsch (Bürgerliste). „Und immerhin haben sich zumindest die meisten Umlandgemeinden daran beteiligt.“

Auch Wohnbaumanager Struber stimmt dem bei: „Wir müssen uns viel stärker als Region sehen, um die Raumordnung auch wirklich umzusetzen und den Raum zu ordnen - zwischen Wohnen und Arbeiten, zwischen Erholungsflächen und dergleichen mehr.“

„Längst in Selbstverständnis der Stadt übergegangen“

Dennoch gilt die Salzburger Grünland-Deklaration als Meilenstein in der Stadtpolitik und wohl als nachhaltigste Maßnahme der vergangenen Jahrzehnte. Einer ihrer „Väter“ ist das grüne Urgestein Johannes Voggenhuber. In seiner Amtszeit als Planungsstadtrat wurde die Grünland-Deklaration erarbeitet und beschlossen. Voggenhuber ist stolz, dass der Grünlandschutz „längst in das Selbstverständnis der Stadt übergegangen ist und die Menschen dieser Stadt das mit Zähnen und Klauen verteidigen würden.“

Allerdings: Hundertprozentig zufrieden ist Voggenhuber nicht. „Gedacht war es als Anteil der Stadt an einem Landschaftsgürtel, um die ‚Weltlandschaften von Salzburg‘ - wie sie der Kunsthistoriker Hans Sedlmayr genannt hat - zu erhalten. Und die Umlandgemeinden haben sich halt entschlossen, an Stelle eines Landschaftsgürtels einen Speckgürtel zu wählen.“

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Karl Kern berichtet über das Jubiläum der Grünland-Deklaration

„Grüne Stadtmauer“ sollte verdichtete Stadt erzwingen

Allerdings: Einhergehend mit der Grünlanddeklaration sei schon 1985 eine „Urbanisierung der Stadt“ geplant gewesen, sagt Voggenhuber: „Nicht diese Halden und Häufen von Einfamilienhäusern. Das ist nicht Stadt. Die Dinge sind auseinander gefallen. Statt eine gemeinsame Vision zu verfolgen, hütet wieder jeder sein Ressort - das Planungsressort, das Bauressort, das Umweltressort. Das ist das ‚süße Gift der Provinz‘, wie ich es einmal genannt habe, das hier alles ein bisschen narkotisiert. Aber deshalb die uralten, abgestandenen Diskussionen zu wiederholen, die zu nichts führen, wäre wirklich fatal.“

Die Grünland-Deklaration ist „immer schon als eine Art grüne Stadtmauer gedacht gewesen“, betont Voggenhuber. „Sie zwingt die Stadt, sich zu verdichten, architektonische Hochleistungen hervorzubringen, Plätze auszubilden, die Bauten so zu bauen, dass sie über die Generationen verschiedene Funktionen einnehmen können. Diese Vision hat man nicht mehr im Kopf - und das verursacht die Probleme.“

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