Gesundheitslexikon: E wie Ergotherapie

Ergotherapeutische Maßnahmen dienen dazu, Menschen nach Krankheiten, Unfällen, Operationen oder Entwicklungsbeeinträchtigungen zu stärken, damit sie aktiv und möglichst ohne fremde Hilfe am Leben teilhaben können.

Sendungshinweis:

Salzburg heute, 11.10.2013

Häufige Tätigkeitsfelder von Ergotherapeuten sind Beratungen zur Optimierung von Haltungen und Bewegungen am Arbeitsplatz, im Haushalt sowie in der Freizeit wie beispielsweise das richtige Heben und Tragen von Lasten.

Einsatzgebiete der Ergotherapie liegen typischerweise in den medizinischen Fachbereichen von Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates sowie in der Neurologie und Psychiatrie. Daneben findet Ergotherapie aber auch in der Geriatrie und Kinderheilkunde Anwendung. In der Behandlung stehen je nach Indikation motorisch-funktionelle Übungen, das Training psychischer Grundleistungsfunktionen, Wahrnehmungstraining oder Gehirntraining im Vordergrund.

Josef Sturm

Wolfgang Bauer

Dr. Josef Sturm, Leiter der Therapieabteilung im Medizinischen Zentrum Bad Vigaun

Wer zum Beispiel nach einem Bandscheibenvorfall in den Berufsalltag zurückkehrt, muss sich häufig um richtiges Sitzen am Schreibtisch kümmern. Denn: „stundenlanges monotones Sitzen kann für eine beeinträchtigte Wirbelsäule zu einer wahren Belastungsprobe ausarten“, so Dr. Josef Sturm, Leiter der Therapieabteilung im Medizinischen Zentrum Bad Vigaun. Ebenso will rückenschonendes und schmerzfreies Heben und Tragen von Lasten nach solchen Krankheiten wieder gelernt werden.

Nach anderen Ereignissen wie etwa Handverletzungen ist es wichtig, die Feinmotorik in den Händen oder Fingern wieder zu erlangen. „In der Ergotherapie trainieren wir bestimmte alltägliche Verrichtungen wie Waschen, Anziehen oder Essen um den Patienten zu unterstützen, seinen Alltag wieder möglichst selbstständig meistern zu können“ sagt Sturms Kollegin, die Ergotherapeutin Eva Böschinger.

Gelber Ball zum Trainieren der Handmuskulatur

Wolfgang Bauer

Ergotherapie ist gerade bei Handverletzungen wichtig, um die Feinmotorik in den Fingern wieder zu erlangen

Selbständigkeit als Ziel

Das Ziel der Ergotherapie ist eine höchstmögliche Unabhängigkeit und Selbständigkeit im Alltag zu erreichen - im Arbeitsleben und in der Freizeit. Ergotherapie setzt bereits in der Gesundheitsvorsorge und Prävention an. Hier helfen Ergotherapeuten zu mehr Gesundheitsbewusstsein bei alltäglichen Körperhaltungen und Bewegungen, um Fehlhaltungen und Fehlbelastungen schon frühzeitig entgegensteuern zu können. Insofern kann man Ergotherapeuten als „Experten für die Ausübung schonender und gesunder Alltagsaktivitäten“ bezeichnen.

Um das Wiedererlernen und Trainieren von Bewegungsabläufen nach Operationen zu ermöglichen stehen den Ergotherapeuten eine Vielzahl von Mitteln und Methoden zur Verfügung. Je nach Befund und Wünschen des Patienten wird im Zuge eines ausführlichen Erstgespräches mit dem Ergotherapeuten der Behandlungsplan erstellt.

Einerseits wird trainiert das eigene Verhalten umzugestalten und in den Alltag zu integrieren, andererseits beraten Ergotherapeuten dabei, wie die Umgebung ergonomischer gestaltet werden kann - zum Beispiel der Büroarbeitsplatz.

Ergotherapeutin mit Gruppe auf Stühlen

Wolfgang Bauer

Ergotherapeutin Eva Böschinger trainiert mit Betroffenen das richtige Sitzen nach einem Bandscheibenvorfall

Bei orthopädischen Indikationen steht das motorisch-funktionelle Training im Vordergrund. Neben der Wiederherstellung der Feinmotorik wird in Zusammenarbeit mit Physiotherapie und Sportwissenschaft aber auch an der Verbesserung der Grobmotorik und Rumpfstabilität gearbeitet.

Daneben werden Hilfsmittel angepasst und deren Handhabung geübt, oder es wird besprochen wie Arbeitsplatz oder Wohnraum ergonomischer gestaltet werden können.

Erleichterungen im Umfeld

Die eigenen Fähigkeiten zu verbessern oder wieder zu erlernen, ist ein wichtiger Teil der therapeutischen Arbeit. Doch auch der Umgestaltung der Umgebung, etwa in der Wohnung oder am Arbeitsplatz, kommt große Bedeutung zu.

Ergotherapeuten können bei der Gestaltung sicherer und gesunder Arbeitsverhältnisse von den Arbeitsvorgängen bis zur Büroausstattung unterstützen. Ein ergonomischer Arbeitsplatz soll die berufliche Tätigkeit optimal unterstützen und arbeitsbedingte gesundheitliche Belastungen möglichst minimieren. Dabei spielt die Organisation der Arbeitsabläufe eine zentrale Rolle. Abwechslung, Pausen sowie die Vermeidung von einseitigen und monotonen Tätigkeiten können arbeitsbedingten Erkrankungen vorbeugen.

So kann man durch richtige Stühle und Schreibtische einen Büroarbeitsplatz möglichst rückenfreundlich gestalten, was Fehlhaltungen und Fehlbelastungen vorbeugt. Bei der Frage nach der richtigen Sitzhaltung ist besonders auf das dynamische Sitzen hinzuweisen. Dabei soll die Sitzposition immer wieder verändert werden – eine instabile Sitzunterlage wie ein Sitzkissen kann unterstützen. Öfters veränderte Sitzhaltungen verbessern die Durchblutung der Muskulatur und die Nährstoffversorgung der Bandscheiben. Falsches, statisches Sitzen kann zu Störungen der Versorgung der Bandscheiben führen. Durch jahrelange Unterversorgung trocknen die Bandscheibe aus, verlieren an Elastizität und im Zusammentreffen mit Fehlbelastungen kann dies einen Bandscheibenvorfall auslösen. Auch ein Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen bringt eine gesunde Abwechslung zu einseitigen Sitzhaltungen und kann Rückenschmerzen vorbeugen. Eine Rückenlehne ist zu empfehlen weil sie den Bewegungsapparat stützt - soll sich aber an die jeweilige Sitzposition anpassen.

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Umfassende Ausbildung

Um die Ausbildung zum Ergotherapeuten beginnen zu können, benötigt man in Österreich die Matura, ein Krankenpflegediplom oder die Studienberechtigungsprüfung für Medizin und die erfolgreiche Absolvierung eines Aufnahmeverfahrens. Die eigentliche Ausbildung dauert drei Jahre und kann in Österreich an acht Fachhochschulen absolviert werden.