Wie grün sind die Grünen noch?

Vor allem seit dem Kniefall von Parteichefin Astrid Rössler vor Betreibern der geplanten 380 kV-Leitung fragen sich viele, ob Salzburgs Grüne noch grün sind? Auch in der Asylpolitik ist von ihnen wenig zu bemerken. Da hat die ÖVP längst das Ruder übernommen.

Und der nächste Knackpunkt für grüne Grundsätze steht mit dem Plan für ein neues Salzburger Raumordnungsgesetz schon an. Seit Monaten wartet man auf Vorlage des Entwurfes. Immer wieder wurde das bisher verschoben. Nun will ihn die grüne Ressortchefin und Vize-Regierungschefin Astrid Rössler im Frühjahr präsentieren. Es wird mit höchster Wahrscheinlichkeit ein Kompromiss herauskommen. Das politische Gewicht der Grünen wird man dabei sehen.

Astrid Rössler Grün Landtag Landesregierung Landeshauptmannstellvertreterin

ORF

Rössler als Meinungsbildnerin vor Jahren bei einer Demo von Gegnern der 380 kV-„Stromautobahn“. Vor kurzem hat sie das Projekt genehmigt als Vize-Regierungs- und Ressortchefin

„Keine Schwarz-Weiß-Politik mehr möglich“

Viele Bürgermeister sind auch schon gespannt, sagt Helmut Mödlhammer, der Präsident des Gemeindebundes (ÖVP): „Die Grünen müssen nun auch Kompromisse eingehen. Und sie müssen weg von einer Schwarz-Weiß-Politik zu einer Politik, die etwas Gemeinsames zum Inhalt hat. Sie sind in der Praxis angekommen, und in der Theorie sieht manches anders aus als in der Praxis.“

„Rebellion der Basis nicht zu spüren“

Die Politikwissenschaft sieht die Grünen seit ihrer Regierungsbeteiligung ebenfalls in der politischen Realität gelandet, wie der Experte Franz Fallend von der Universität Salzburg schildert: „Bis zur 380 kV-Entscheidung wurde sehr vieles geschluckt von der grünen Basis. Jetzt rumort es ein bisschen. Aber ich habe auch jetzt nicht den Eindruck, dass eine Rebellion oder Revolution der grünen Basis gegen die Parteispitze droht.“

„Grün eher im Sinn von Greenhorns“

Dass es ausgerechnet eine grüne Ressortchefin wie Rössler ist, die eine 380-kV-Freileitung quer durch eines der schönsten Länder Europas genehmigt, das irritiert immer mehr. Viel Grün ist für Hans Kutil, den Chef des Naturschutzbundes in Salzburg und früheren ORF-Redakteur, deshalb nicht mehr in den Grünen: „Grün im Sinn von Greenhorns sehe ich da eher. Sie finden sich auf der politischen Bühne im Spiel der Mächtigen noch nicht wirklich zurecht. Sie haben sich zwar die härtesten Ressorts ausgesucht, gehen aber so damit um, dass sie nicht damit punkten können.“

ÖVP-Alleinregierung in Salzburg?

Auch die heimische Flüchtlings- und Asylpolitik und die darin enthaltene inhaltliche Dominanz des schwarzen Koalitionspartners stößt manchen sauer auf. Dazu gehört auch der Ex-Grüne im Salzburger Landtag und langjährige Parteichef Christian Burtscher: „Man darf nicht mit den Wölfen heulen und nicht nur mit dem Mainstream gehen. Man muss seine eigenen Grundsätze, seine eigene Identität vor Augen halten und sich bewusst sein. Sonst wird man austauschbar und hat plötzlich eine ÖVP-Alleinregierung.“

SPÖ: „Mit 29 Prozent gesamte Macht bei ÖVP“

In Salzburg herrsche eine Art ÖVP-Alleinregierung, heißt es bei der Salzburger SPÖ, die seit der grünen Regierungsbeteiligung auf den Bänken der Opposition im Landtag und nicht mehr in der Regierung sitzt. Klub- und Parteichef Walter Steidl sagt, die ÖVP und ihr Parteichef Wilfried Haslauer hätten derzeit mit 29 Prozent der Wählerstimmen die 100 Prozent der Macht im Land: „Die einzige grüne Duftnote, die in zwei Jahren übrig geblieben ist, das ist der 80er auf der Autobahn.“

Für grüne Duftmarken in der politischen Landschaft Salzburgs wäre jedenfalls noch genug Platz, sagen Beobachter.

Grüne Parteispitze weist Kritik zurück

Die grüne Parteichefin Astrid Rössler sieht die Lage ganz anders. Für sie stehen in der Politik der - mittlerweile von „wilden“ Abgeordneten der früheren Stronach-Gruppierung gestützten - schwarzgrünen Landesregierung sehr wohl wichtige Ziele der Grünen im Mittelpunkt. Vieles sei schon verwirklicht worden. Ähnlich sieht es der grüne Klubchef im Landtag, Cyriak Schwaighofer. Er sagte in ORF-Radio Salzburg am Dienstag, die Bevölkerung würde den kooperativen Regierungsstil von ÖVP und Grünen sehr schätzen. Das grüne Licht der Grünen in der Landespolitik beim Konfliktthema 380 kV-Leitung habe damit zu tun, dass man den Rechtsstaat und seine Verfahren respektieren müsse.

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Politische Praxis und Theorien

ORF-Redakteur Karl Kern hat sich umgehört, was politische Akteure über die Grünen sagen - inklusive Interview mit Parteichefin Astrid Rössler.

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