Millionengeschäft mit Kurtourismus

Die Kur ist für viele Regionen ein gutes Geschäft: Sie bringt 3,5 Millionen Übernachtungen österreichweit - und viel Umsatz. Denn pro Kur bezahlt allein die Sozialversicherung durchschnittlich 1.900 Euro.

2.500 Salzburger gingen im Vorjahr auf Kur. Insgesamt genehmigte die Pensionsversicherunganstalt (PVA) österreichweit 80.000 Kuranträge. Die Patienten müssen Kostenbeiträge leisten - zusätzlich zu den durchschnittlich 1.900 Euro, die eine Kur die Sozialversicherung kostet.

Und dementsprechend kann sich eine Investition im Kurbereich auch groß auswirken: So steckte der Eigentümer des Kurhotels Schloss Strobl (Flachgau), der Facharzt Günther Wiesinger, in den vergangenen eineinhalb Jahren etliche Millionen Euro in den Aus- und Umbau. Damit löste er eine Wertschöpfung von rund acht Millionen Euro in der Region aus - und sicherte für ein Jahr 105 Vollzeitarbeitsplätze.

Lebensstiländerung statt Erholungsurlaub

Dementsprechend stolz ist man in Strobl auf den neuen, erweiterten Betrieb. Ein touristisches Leuchtturm-Projekt soll es sein. Es geht aber auch darum - gerade angesichts der aktuellen Diskussion - den Kurbegriff neu zu definieren. Für Günther Wiesinger geht es primär darum, mit dem Kuraufenthalt eine Lebensstil-Veränderung zu erreichen: „Das wird unsere einzige Chance sein, um mehr gesunde Lebensjahre zu erlangen. Wir sind im Vergleich zu unseren europäischen Nachbarn bei der Lebenserwartung sehr gut. Aber die gesunden Lebensjahre - da haben wir noch einiges zu tun.“

Alter Mann auf Trainingsmatte bei Turnübung

ORF

Die Kururlaub soll nicht zur Erholung dienen, sondern zur Lebensstiländerung - so die aktuellen Anforderungen

135 Betten hat das Kurhotel Schloss Strobl - für eine Kureinrichtung kein allzu großer Betrieb. Das Konzept überzeugt aber auch erfahrene Touristiker wie Salzburg-Land-Tourismuschef Leo Bauernberger: „Ich glaube, jene Betriebe, die proaktiv diese Angebote zur Lebensstiländerung haben, haben in Zukunft große Chancen.“

Weltweit ist der Gesundheitstourismus ein Riesenmarkt. Das sieht man auch beim Land Salzburg so und hat schwerpunktmäßig die Investitionszuschüsse verstärkt: „Das ist ein ganz großes Thema“, betont Landeshauptmann und Tourismusreferent Wilfried Haslauer (ÖVP). „Die Leute sind in einer älter werdenden Gesellschaft einfach auch bereit, für sich sich selbst etwas Gutes zu tun. Da ist natürlich Gesundheit an erster Stelle.“

Für Stadt Salzburg allerdings kaum bedeutend

Während in den Landgemeinden der Kur- oder ganz allgemein der Gesundheitstourismus gute Zahlen schreibt, ist das in der Landeshauptstadt Salzburg kein Thema. Das in die Jahre gekommen Kurhaus wird zwar von knapp 20.000 Kunden jährlich in Anspruch genommen - das sind aber überwiegend Einheimische, weiß Bert Brugger, Chef der städtischen Kurbetriebe: „Touristisch gesehen spielt die Kur für die Stadt Salzburg keine Rolle mehr. Spätestens seit 30, 40 Jahren, als die Stadt das Carlton-Kurhotel geschlossen hat, gibt es kein touristisches Angebot mehr in Sachen Kur in der Stadt.“

Die 120.000 Anwendungen jährlich sollen mit dem geplanten neuen Kurhaus ausgebaut werden. Eine Zusammenarbeit mit dem einen oder anderen Hotel werde man nicht ablehnen - aber nur, wenn gewünscht, ergänzt Brugger.

Bedeutung von Kureinrichtungen

Die Bedeutung von Kureinrichtungen für die Wirtschaft hat Karl Kern recherchiert

„Ohne Kur könnten wir uns viel nicht leisten“

Ganz anders ist die Situation in Bad Vigaun (Tennengau). Das medizinische Zentrum dort hat 450 Betten - allein das bedeutet 160.000 Übernachtungen jährlich. Michael Schafflinger vom Kurzentrum weiß um den Wert der Einrichtung für die Region: „Wir haben in den letzten fünf, sechs Jahren rund 21 Millionen Euro investiert“, sagt Schafflinger. „Und das haben wir vor allem mit Firmen aus der Region gemacht - sodass die Wertschöpfung dieser Investition eigentlich im Land geblieben ist.“

Der Bad Vigauner Bürgermeister Michael Schafflinger (ÖVP) will es sich „gar nicht denken, wo wir ohne Kur wären. Wir könnten uns auch vieles nicht leisten. Wir haben jetzt 15 Jahre die Neue Mittelschule - gemeinsam mit St. Koloman. Das könnten wir uns nicht leisten. Wir könnten uns auch viele Straßen, Gehwege oder Infrastruktur nicht leisten.“

8.000 Ganzjahresarbeitsplätze österreichweit

Das Kurzentrum ist nicht nur für Bad Vigaun eine fixe Einnahmequelle. Auch woanders in Österreich sind Kureinrichtungen für Orte und ihre Wirtschaft lebenswichtig, betont Adolf Weber vom Österreichischen Heilbäder- und Kurorteverband: „Die Kur ist fast ein Muss für Wirtschaft in Österreich. Dann sind für uns Ganzjahresarbeitsplätze, die man sonst im Tourismus nirgends hat. Im Bereich der Gastronomie und Vermietung wird es immer schwieriger.“ Österreich würden rund 8.000 Ganzjahresarbeitsplätze durch Kurbetriebe gesichert, ist die Standesvertretung überzeugt.

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