Kritik: Brenner hat Landtag „getäuscht“

Landesfinanzreferent David Brenner (SPÖ) habe den Landtag über den 340-Millionen-Euro-Finanzskandal „getäuscht“. Obwohl er davon schon gewusst habe, habe er im Budgetausschuss am 28. November nichts gesagt, kritisieren Grüne und ÖVP. Die SPÖ setzte ein Sonder-Parteipräsidium an.

Die Grünen fordern den Rücktritt von Finanzreferent David Brenner. Grünen-Landessprecherin Rössler ist schwerstens irritiert, wenn sie sich den Zeitablauf in dieser Affäre vor Augen hält: Am 26. November soll ja nach Angaben von Brenner die betroffene Referatsleiterin intern ein Geständnis abgelegt haben.

Zwei Tage später - am 28. November - sei diese Referatsleiterin aber zusammen mit David Brenner noch als Expertin im Budgetausschuss des Landtags gesessen. „Ich fühle mich vorne und hinten getäuscht und falsch informiert - das kann man so offen sagen“, betont Rössler.

David Brenner, Salzburger Landeshauptmann-Stellvertreter und Finanzreferent (SPÖ)

ORF

In Budgetausschuss „mit keinem Wort erwähnt“

In dieselbe Kerbe schlägt auch Landtagspräsident Simon Illmer (ÖVP) am Freitag in einem Brief an Brenner: Er findet es „verwunderlich“, dass der Finanzreferent den drohenden 340-Millionen-Euro-Verlust im Budgetausschuss am 28. November „mit keinem Wort“ erwähnte, obwohl er nach eigener Darstellung schon davon wusste.

Auch in der Anfragebeantwortung an die Grünen am 16. November habe Brenner angegeben, dass die Empfehlungen des Finanzbeirats „mit der gegenwärtigen Struktur des Derivat-Portfolios des Landes erfüllt“ seien, schreibt Illmer. Dabei hatte Brenner nach eigenen Angaben bereits am 15. Oktober von Geschäften gewusst, „die gegen die Richtlinien des Finanzmanagements verstoßen“.

Rechnungshof fühlt sich „angelogen“

Der Landtagspräsident will vom Finanzreferenten auch wissen, ob und wann der Bundesrechnungshof von dem Fall informiert wurde - schließlich wurde ja erst am Donnerstag ein Rechnungshof-Bericht veröffentlicht, in dem die Spekulationsverluste mit keinem Wort erwähnt werden. Rechnungshof-Präsident Josef Moser fühlt sich deshalb auch „angelogen“ - mehr dazu in oe1.ORF.at(oe1.orf.at/artikel/324919).

Illmer „erinnert“ Brenner auch daran, dass er als „Mitglied der Landesregierung dem Landtag verantwortlich“ ist.

Brenner: „Habe das aufgedeckt, räume das auf“

Brenner weist die Kritik der Grünen und von Illmer zurück: Er habe den Landtag immer rechtzeitig informiert und mit der Erstinformation nur zugewartet, weil die Faktenlage noch nicht eindeutig gewesen sei, sagt er im „Salzburg heute“-Interview.

Ein Rücktritt „wäre in der jetzigen Situation ein Davonlaufen“, betont Brenner. „Wenn man über politische Verantwortung spricht, dann ist meine Verantwortung jetzt, nachdem ich das aufgedeckt habe, das lückenlos aufzuräumen - das war nicht der Bundesrechnungshof, das war nicht der Landesrechnungshof, das war nicht die Abteilung selbst, sondern es war letztlich meine Handlung, das aufzudecken, dem nachzugehen, in vielen Schritten bis hierher zu kommen. Und es wird unter Umständen Wochen dauern, bis wir Klarheit haben. Wir reden von Millionen an Buchungszeilen. Und es wird dann noch genug Zeit bleiben, auch über die politische Verantwortung zu diskutieren. Dieser Diskussion stelle ich mich.“

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Ausmaß der Vorwürfe „war noch nicht erkennbar“

Dass er die 45-jährige Referatsleiterin trotz deren Geständnisses noch in den Budgetausschuss am 28. November mitgenommen und allen Anwesenden nichts gesagt habe, begründet Brenner so: „Sie war zu diesem Zeitpunkt auch noch Referatsleiterin für die Budgetangelegenheiten und hat den gesamten Budgetprozess begleitet - übrigens in der Vergangenheit immer unter viel Applaus aller Abgeordneten, zu Recht. Sie hat einen diesbezüglich tadellosen Ruf genossen. Heute weiß man, dass das nicht ganz so in Ordnung war, wie sie gearbeitet hat.“

Zudem seien Die Informationen damals in vielen Bereichen noch unbestätigt und widersprüchlich gewesen, sagte Brenner. „Deshalb wäre es unverantwortlich gewesen, zu diesem Zeitpunkt an die Öffentlichkeit zu gehen.“

Allerdings sei es Tatsache, dass die Referatsleiterin „das (Landes-)Budget im Wesentlichen erstellt hat und dass zum damaligen Zeitpunkt noch nicht erkennbar war, dass wir hier über Unterschriftenfälschung vermutlich reden, dass hier Berichte manipuliert worden sind“, betont der Finanzreferent. „Sondern wir haben von ihr die Aussage gehabt, dass in der Vergangenheit offensichtlich buchhalterische Verluste entstanden sind. Und sie hat mir damals auch gesagt, dass das keine Auswirkungen haben wird - und das wollten wir einfach überprüfen, ganz klar.“

Sonder-Parteipräsidium der SPÖ am Samstag

Angesichts des Finanzskandals haben die Salzburger Sozialdemokraten für Samstagnachmittag ein außerordentliches Partei-Präsidium angesetzt. Das berichtet die „Kronen Zeitung“.

ÖVP stellt Antrag auf U-Ausschuss

Deshalb stelle die Landes-ÖVP Freitagvormittag auch einen Antrag auf einen Untersuchungsausschss: „Der gestern offiziell bekannt gewordene, unfassbare Finanzskandal muss sofort und lückenlos aufgeklärt werden. Die ÖVP wird dazu die Einsetzung eines Untersuchungs-Ausschusses im Landtag beantragen. Alle Fakten müssen dabei offen auf den Tisch“, forderte ÖVP-Klubobfrau Gerlinde Rogatsch.

„Wenn der Landtag in dieser Situation keinen Untersuchungsausschuss einsetzt, wäre das eine Selbstentmündigung des Landesparlamentes - überhaupt keine Frage, es muss ihn geben“, ergänzte ÖVP-Chef Wilfried Haslauer. Der Untersuchungs-Ausschuss des Landtags müsse rasch arbeiten, fordert die ÖVP - und verlangt lückenlose Aufklärung.

SPÖ reagiert zögernd: „Brauchen erst Unterlagen“

SPÖ-Klubobmann Meisl reagiert auf den Vorstoß der ÖVP merkbar zögerlich: „Es ist mit Sicherheit so, dass wir für einen Untersuchungsausschuss noch Unterlagen brauchen. Wir haben ja die ersten Informationen, noch keine Details. Ich denke, wir müssen uns das sicherlich ganz genau anschauen.“

Er sei aber weder „skeptisch noch vorsichtig“ gegenüber einem U-Ausschuss, betont Meisl auf Nachfrage: „Ich denke, wenn wir die Unterlagen haben, wird die logische Konsequenz ein Untersuchungsausschuss sein.“

Bedenken: Betroffene Beamtin dürfte schweigen

Grundsätzlich „Ja“ zu einem Untersuchungs-Ausschuss sagen auch die Grünen. Parteivorsitzende Astrid Rössler hat aber sachliche Bedenken: „Die wichtigste Auskunftsperson - die betroffene Beamtin - wird sich ziemlich sicher der Aussage entschlagen. Das nimmt natürlich dem Untersuchungsausschuss ein ganz wesentliches inhaltliches Merkmal. Das ist dem Herrn Mag. Brenner auch bewusst gewesen, wie er sich gleich so freundlich zum Untersuchungsausschuss bereit erklärt hat.“

FPÖ für U-Ausschuss, keine Rücktrittsforderung

Ein Wort noch zu den Freiheitlichen: Diese halten sich mit Rücktrittsaufforderungen momentan noch zurück, ebenso wie die ÖVP. Beide Parteien wollen zum momentanen Zeitpunkt keinen „Schuss aus der Hüfte“ machen. Einen Untersuchungsausschuss befürworten die Freiheitlichen.

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