Mobile Pflege: Hilfe unter Dauerzeitdruck

Mobile Pflegekräfte arbeiten unter Dauerzeitdruck: Sie haben genaue Vorgaben, wie lange sie sich einem Patienten widmen dürften. Deshalb opfern viele der Hauskrankenschwestern ihre Freizeit, um sich länger um ihre Klienten zu kümmern.

Die Arbeitstage der Pflegerinnen sind lang - so wie für Margit Lanzendörfer, Hauskrankenschwester der Volkshilfe. Sie ist am Montag um 8.00 Uhr schon fast fertig mit der mobilen Hauskrankenbetreuung beim Pensionistenehepaar Bernsteiner in Piesendorf (Pinzgau). Lediglich die Sauerstoffmaske für den Mann muss sie noch anschließen sowie Blutdruck messen. Duschen, Anziehen, Hautpflege, Aufbetten und Badreinigen sind bereits erledigt: „Anders ginge es nicht mehr - mit dem Opa überhaupt nicht“, sagt Pensionistin Christine Bernsteiner. „Die Pflegerin ist doch geschult für das - und meine Tochter ist das nicht. Im Haushalt macht sie eh alles.“

Hauskrankenschwester der Volkshilfe (mobile Pflegerin) bei Klientin beim Blutdruckmessen

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Pflegerin Margit Lanzendörfer mit ihrer Klientin Christine Bernsteiner beim Blutdruckmessen

Auch Eva Bernsteiner, Tochter des Pensionistenehepaars, ist „es ganz wichtig, dass wir wissen, dass die Eltern eine gute Pflege haben, dass sie die Werte gemessen bekommen. Das ist für uns beruhigend.“ Für das Ehepaar Bernsteiner darf die Pflegeassistentin offiziell nur 70 Minuten benötigen. Auch am Montag wendete sie aber fast eine Viertelstunde mehr auf: „Bei uns eilt ja nix. Aber die Margit hat es jetzt stressig, weil sie von einer zu der anderen muss“, weiß Christine Bernsteiner.

„Man muss gewisse Zeit einplanen“

„Ich sollte eigentlich schon beim nächsten sein“, so Lanzendörfer. „Aber es hilft ja trotzdem nichts. Eine gewisse Zeit muss man für die Betreuung einplanen, damit sie auch qualitativ sehr gut ist.“ Obwohl am Montag kein Stau war, kam Lanzendörfer zur nächsten Klientin - der Krebspatientin Ilse Streitberger - deutlich später als geplant. Bei ihr ist die mobile Pflegerin jeden zweiten Tag. In diesem Fall stehen 60 Minuten zur Verfügung. Diese Pflegezeiten werden nach Absprache vom Land Salzburg über die jeweilige Bezirkshauptmannschaft festgelegt.

Hauskrankenschwester der Volkshilfe (mobile Pflegerin) bei Klientin beim Eincremen

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Um die Krebspatientin Ilse Streitberger darf sich die Pflegerin - laut Behörden - alle zwei Tage 60 Minuten lang kümmern

Großer Druck, „weil ich wieder weiter muss“

Der Dauerstress ist Lanzendörfer kaum anzusehen: „Man muss schon mit den Jahren lernen, dass man gewisse Sachen ausblendet nach der Arbeit. Aber es ist nicht leicht. Ich muss sagen: Ich würde oft gerne vor Ort bleiben, weil die Klienten alleine sind und es ihnen schlecht geht. Aber ich habe einfach den Druck, dass ich wieder weiter muss.“

Neben der Hygiene, dem Eincremen und einer kurzen Massage des Rückens ist für Streitberger vor allem das Gespräch mit der Pflegerin entscheidend: „Das ist mir ganz wichtig, dass die kommen und dass ich ab und zu einen Ansprechpartner habe, mit dem ich mich normal unterhalten kann. Meine Kinder kommen schon auch. Aber den Großteil der Woche bin ich doch alleine.“

Hauskrankenschwester der Volkshilfe (mobile Pflegerin) vor Haustür - im Laufschritt

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Im Laufschritt von Klient zu Klient - für viele mobile Pflegekräfte ist das Alltag

Hilfe in der Freizeit

Jeder Pflegeschritt muss genau dokumentiert werden, auch die Messwerte von Blutdruck und Zucker. Die Zeit läuft gnadenlos, weiß auch Volkshilfe-Betriebsrätin Nadja Haitzmann, die selbst mobile Pflegerin ist: „Die Mitarbeiter bleiben meistens länger da, damit sie die Arbeit halbwegs fertig machen. Das ist dann eigentlich die Freizeit der Mitarbeiter.“ Unter all diesen Umständen hoffen die mobilen Pflegekräfte umso mehr, dass die Landesregierung ihre Arbeit nach Kollektivvertrag entlohnt.

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Mobile Pflege unter großem Zeitdruck

Die Hauskrankenpflege ist eine Arbeit unter großem Zeitdruck - pro Klienten bleibt den Pflegekräften nur eine genau fixierte Zeit.

Lanzendörfer nahm ihre Patientin am Montag übrigens auch noch zum Arzt mit - in ihrer Freizeit.

Protest am Samstag für faire Entlohnung

Am Samstag protestierten rund 200 mobile Pflegerinnen und Pfleger in Salzburg für eine faire Entlohnung, weil sie nicht nach dem geltenden Kollektivvertrag bezahlt werden. Sie sind bei Pflegeorganisationen beschäftigt, arbeiten aber im Auftrag der Salzburger Landesregierung - und die erkennt den bundesweiten Kollektivvertrag nicht an - mehr dazu in Demo: Pflegedienste fordern höhere Löhne (salzburg.ORF.at; 6.10.2018).