Polizeijurist sieht Prozess als „Hetzjagd“

Ein hoher Salzburger Polizeijurist steht seit Donnerstag wegen der Verdachts des Amtsmissbrauchs vor Gericht. Er soll 561 Anzeigen gegen Prostituierte nicht bearbeitet haben. Der Jurist spricht von einer „Hetzjagd“ gegen ihn.

Im Salzburger Polizeiapparat spielen sich seit Jahren erbitterte Kämpfe um den langjährigen Leiter des Strafamtes ab - zwischen dem seit Herbst pensionierten 58-Jährigen und anderen hochrangigen Kollegen wie Landespolizeidirektor Franz Ruf. Am Donnerstag landete eine weitere Runde dieses Streits vor Gericht.

Anklage: Prostituierte nicht verfolgt

Exakt 561 Anzeigen rumänischer und ungarischer Straßenprostituierte soll der Jurist laut Anklage nicht bearbeitet haben oder Anweisung erteilt haben, die Ermittlungen einzustellen. Dabei habe es ausdrücklich anderslautende schriftliche Weisungen gegeben, so die Anklage. Er habe auch das Vier-Augen-Prinzip in solchen Fällen verletzt und keine Einzelfallprüfungen vorgenommen.

Polizeijurist als Angeklagter beim Prozess im Landesgericht Salzburg

APA/Barbara Gindl

Der mittlerweile pensionierte Polizeijurist wehrte sich am Donnerstag vehement gegen die Vorwürfe der Anklage

Dagegen verwehrte sich der 58-Jährige vehement: Er tippte sich gegen die Stirn, als er die Anklage hörte. Die Anklage gegen ihn sei eine Hetzjagd und Intrige: „Ich persönlich habe mir überhaupt nichts vorzuwerfen. Diese Vorwürfe sind haltlos. Diese Anzeigen sind nicht liegengeblieben. Das wird sich im Verfahren herausstellen“, sagte der 58-Jährige gegenüber dem ORF. Viele Ermittlungsfälle seien verjährt gewesen oder er sei überhaupt nicht zuständig gewesen. Akten über unauffindbar untergetauchte Prostituierte seien zudem ins Archiv gelegt worden - ein durchaus üblicher Vorgang, so der Jurist. Es gebe keine Amtshilfe aus Ungarn und Rumänien bei solchen Delikten.

Regelmäßig neue Vorwürfe - bisher alles eingestellt

Der 58-jährige Polizeijurist wurde zuletzt alle zwei Jahre zur Zielscheibe von Anschuldigungen. Er wurde 2012 vom Dienst suspendiert, weil er beschlagnahmte Glücksspielautomaten widerrechtlich zurückgegeben haben soll. 2014 soll er Akten liegen gelassen und Nebenbeschäftigungen nicht oder zu spät angemeldet haben. Jetzt geht es um die Anzeigen gegen die Prostituierten.

Die Folgen der Vorwürfe waren immer die gleichen: Suspendierung, Disziplinarverfahren, Anzeigen. Doch in allen bisherigen Fällen bekam der Polizeijurist mit seinen Einsprüchen Recht - bei der Berufungskommission im Bundeskanzleramt, beim Bundesverwaltungsgericht, beim Oberlandesgericht Linz. Die Vorwürfe basierten auf Vermutungen, es gebe keine Verdachtsmomente, so die Begründungen. Zudem seien Überwachungsmaßnahmen, die seine Kollegen gegen ihn angestrengt hatten, sogar illegal gewesen. Der Jurist hatte auch mehrere Kollegen angezeigt, darunter Landespolizeidirektor Ruf. Juristisch kam auch hier nichts heraus.

Urteil in einigen Wochen erwartet

Ein erstes Strafverfahren stellte die Staatsanwaltschaft 2013 ein. Die Salzburger Polizei musste den 58-Jährigen jedes Mal wieder zurück auf seinen Posten lassen. Kurze Zeit später tauchten dann wieder neue Vorwürfe auch - so wie jetzt.

Das Muster des Mobbings gegen den Juristen sei nicht neu, sagte sein Verteidiger am Donnerstag. Ein anderer Polizeijurist sei von denselben Führungskräften angepatzt und vor Gericht gezerrt worden - ein Freispruch folgte. Das Urteil im Fall des 58-Jährigen soll in einigen Wochen gesprochen werden. Es sind noch einige Verhandlungstermine anberaumt.

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