Lage am Hauptbahnhof entspannt
Am Hauptbahnhof Salzburg war die Situation am Donnerstagvormittag im Gegensatz zum Tag davor recht ruhig. Am Mittwochabend genehmigten die deutschen Behörden nämlich noch einen Sonderzug nach Freilassing, mit dem 400 Flüchtlinge ausreisen konnten, sagte Johannes Greifeneder, Sprecher der Stadt Salzburg. Für die zum Notquartier umfunktionierte Tiefgarage bedeutete dies eine deutliche Entlastung.
In den Zug durften vor allem Familien mit Kindern einsteigen, die offenbar die Strapazen eines Fußmarsches bis zur Grenze nicht auf sich nehmen wollten und die sich bisher die Ellenbogensituationen an den Bahnsteigen nicht angetan haben. Heute Vormittag befanden sich Schätzungen zufolge rund 400 Menschen in der Garage. Ein Mitarbeiter der ÖBB sagte, man versuche heute, schon bei den Abfahrtsbahnhöfen in Österreich - vor allem in Wien - die Flüchtlingsströme zu kanalisieren, um zu verhindern, dass der Salzburger Bahnhof wieder innerhalb kurzer Zeit zum Bersten voll sei.
Weiter keine Züge nach München
Der Zugverkehr zwischen Salzburg und dem Deutschen Bahnhof Freilassing bzw. München war am Donnerstag weiterhin unterbrochen. Fahrten nach Salzburg sind laut ÖBB weiterhin möglich. Fahrgäste, die von Wien nach Salzburg reisen, erhalten von den ÖBB eine Gratis-Reservierung. Es werden derzeit keine Tickets für Reisen nach Deutschland über Salzburg verkauft. Bereits gekaufte Tickets werden an den Personenkassen rückerstattet.
Auch zwischen Salzburg-Liefering und Freilassing blieb der Personennahverkehr zur Gänze eingestellt. Es gibt auch keinen Schienenersatzverkehr. Die Fernverkehrszüge nach und von Innsbruck und darüber hinaus gelegene Zielbahnhöfe, die planmäßig über die Deutsche Korridorstrecke zwischen den Bahnhöfen Salzburg und Kufstein verkehren, werden zwischen Salzburg und Wörgl über Zell am See umgeleitet. Mit einer Verspätung von rund 90 Minuten muss gerechnet werden.
Bahnhof am Mittwoch kurz vor Totalsperre
Am Mittwoch herrschte hingegen ein reges Kommen und Gehen und ein Wechselbad der Gefühle. Rund 1.200 Flüchtlinge hatten die Nacht im Notquartier in der Bahnhofstiefgarage verbracht, dazu kamen noch 400, die in einer Zugsgarnitur übernachteten. Während des Tages verließen viele den Bahnhof, Hunderte neue Flüchtlinge kamen aber neu nach Salzburg.
Als am Vormittag rund 2.000 Flüchtlinge, die zum Teil auch mit Taxis, Bussen, Transporten von Privatinitiativen und Schleppern gekommen waren, auf dem Bahnhof waren, sei man kurz vor der Totalsperre gestanden, sagt Johannes Greifeneder, Sprecher der Stadt Salzburg: „Die ÖBB haben gesagt, dass der sichere Betrieb nicht mehr lange möglich ist. Eine Sperre des Hauptbahnhofs wäre fatal für ganz Österreich gewesen.“

APA/EPA/BARBARA GINDL
Auf einen Zug nach Deutschland warteten die Flüchtlinge am Mittwoch vergeblich
Erst als der Zugsverkehr nach Deutschland auf Anordnung der Deutschen Bahn wegen Überlastung eingestellt wurde und die Flüchtlinge registrierten, dass ein weiteres Warten auf dem Bahnhof keinen Sinn macht, entspannte sich die Lage: Hunderte Flüchtlinge machten sich zu Fuß oder mit Taxis auf den Weg Richtung Freilassing (Bayern).
Der Grenzübergang dort ist rund sechs Kilometer vom Salzburger Hauptbahnhof entfernt. Bereits zu Mittag hatte die deutsche Polizei dort mehr als 360 Flüchtlinge aufgegriffen - mehr dazu in Freilassing vorerst nächste Endstation (salzburg.ORF.at; 16.9.2015).
Ersatz-Notquartiere werden kaum angenommen
Das Bahnhofsgebäude selbst hatte sich am Vormittag innerhalb einer halben Stunde merklich geleert. Gegen Mittag waren laut Polizei nur noch rund 500 Flüchtlinge im Bahnhof. Doch gegen Abend wurde der Hauptbahnhof wieder zum Brennpunkt. Rund 800 Flüchtlinge waren wieder im Notlager in der Tiefgarage, vor allem Familien und jene, die zu schwach für den Fußmarsch an die Grenze waren.
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Bahnhof bleibt Brennpunkt
Tobias Pötzelsberger berichtet vom Wechselbad der Gefühle am Mittwoch am Salzburger Hauptbahnhof
Während des Tages hatten die Verantwortlichen versucht, das Lager in der Tiefgarage frei zu bekommen und viele Flüchtlinge in die neuen Unterkünfte in Salzburg-Kasern und auf dem alten Gelände der Autobahnmeisterei in Liefering, das rund 600 Personen Platz bieten soll, zu bringen.

ORF
Im Ersatz-Lager bei der alten Autobahnmeisterei blieben vorerst viele Betten leer
In diese beiden Notquartiere wollten aber nur wenige. Die meisten wollten am Bahnhof bleiben oder machten sich eben zu Fuß auf den Weg Richtung Grenze.
Ersatz-Busse für Pendler
Zumindest für die vielen Pendler und Schüler gibt es jetzt eine leichte Entspannung. Zwischen Freilassing und Salzburg fahren ab sofort Sonderbusse. Für zahlreiche Schüler und Pendler war ja in den vergangenen Tagen am Bahnhof in Freilassing Endstation. Ab heute gibt es stündlich einen Sonderbus zumindest vom Bahnhof Freilassing nach Salzburg. Abfahrt ist immer 15 Minuten vor der vollen Stunde. Allerdings müssen die Pendler auch hier wegen der Grenzkontrollen mit einer längeren Fahrtzeit rechnen.
Stark verspäteter Zugsverkehr
Der Zugsverkehr von Salzburg nach Bayern blieb auch am Mittwochabend unterbrochen. Der ÖBB-Korridorverkehr nach Innsbruck und Bregenz wird weiter über Zell am See (Pinzgau) umgeleitet - Bahnreisende in Richtung Westen müssen daher rund 90 Minuten Verspätung einplanen. Die S-Bahn nach Freilassing bleibt eingestellt.
Auch auf den Straßen kommt es wegen temporärer Grenzkontrollen in Deutschland immer wieder zu Staus. Mittwochvormittag betrug die Wartezeit am Autobahngrenzübergang Salzburg-Walserberg rund 45 Minuten, am Grenzübergang Freilassing rund 30 Minuten.
Große Probleme durch private Fahrdienste
Es haben sich in Wien und anderswo Initiativen gebildet, die auch gratis Fahrdienste anbieten, um Flüchtlinge von Ostösterreich an die deutsche Grenze zu bringen, hieß es von den Einsatzkräften.
Diese privaten Ankünfte sorgten bei den Behörden für wenig Begeisterung, sagte Landeshauptmann Wilfried Haslauer, der in Salzburg für den Katastrophenschutz zuständig ist: „Das ist sehr problematisch, weil das überhaupt nicht mehr kontrollierbar ist. Es ist uns aber gelungen, bei der Organisation, die das betreibt, etwas zu deponieren: Bitte nicht mehr zum Hauptbahnhof!“ - mehr dazu in Asyl: Kritik an privaten Transfers (salzburg.ORF.at; 15.9.2015).

ORF/Garzuly
Vor den Aufgängen zu den Bahnsteigen kam es immer wieder zu Gedränge
Links:
- Asyl: Kroatien-Route viel gefährlicher (salzburg.ORF.at; 16.9.2015)
- Österreich startet Grenzkontrollen (news.ORF.at; 16.9.2015)
- Wiener Bahnhöfe: Notquartiere statt Weiterfahrt (news.ORF.at; 16.9.2015)
- Bahnhof: Freiwillige Helfer „an den Grenzen“ (salzburg.ORF.at; 15.9.2015)
- FMT-Pictures