Snow Jazz sucht alpine Wurzeln

Freitagabend hat im Gasteiner Tal wieder das Snow Jazz Festival begonnen. Auf Skihütten, in Hotels, Restaurants, Festsälen und im Jazzclub Sägewerk gehen 19 Konzerte über die Bühne. Snow Jazz Gastein erkundet heuer die Berührungspunkte zur alpinen Volksmusik.

Das Trio DEPART refire des Wiener Saxophonisten Harry Sokal eröffnete das Festival am Freitagabend im Sägewerk Hofgastein. Zu hören war auch seine Interpretation des berühmten Erzherzog-Johann-Jodlers aus der Steiermark. Sokals Version entstand schon vor einiger Zeit in Gastein und ist mittlerweile international bekannt.

Dee Dolen Ingrid Moser

Jazz im Sägewerk

Auch Ingrid Moser von dem Tiroler Quartett deeDOLEN singt heuer beim Snow Jazz. Eine nächtliche Gondelfahrt nach einem Konzert in Gastein führte vor Jahren zur Inspiration für einen eigenen „Gondelblues“

Jodler auf den Spuren des Erstbesteigers

Wie kam Sokal auf Erzherzog Johann und dieses alte Volkslied? Gastein war dabei der Schlüssel. Das Meranhaus im Ortszentrum gehörte zu Beginn des 19. Jahrhunderts diesem Bruder des damaligen Kaisers von Österreich. Johann galt in der teils ultrakonservativen Herrscherfamilie der Habsburger als liberaler Rebell und schwarzes Schaf, weil er lieber zum Bergsteigen ging und mit einfachen Leuten lebte.

Sendungshinweis: ORF Radio Salzburg sendet am Sonntag, 15. März, in „Heimspiel“ ab 20.00 Uhr eine einstündige Dokumentation über Snow Jazz und das Gasteiner Jazz Sägewerk

In Gastein bestieg er damals viele Berge - auch den Ankogel als einer der Ersten überhaupt, den höchsten Berg des Tales und neben Hafner und Hochalmspitze der östlichste Dreitausender der Alpen, erzählt Jazz-Veranstalter Sepp Grabmaier:

„Vor drei Jahren hat die Band von Harry Sokal im Merangarten gespielt. Nachdem ich ihnen in der Konzertpause die Geschichte von Erzherzog Johann erzählt hatte, da spielten sie spontan seinen Jodler. Harry hat das Stück und die äußerst gelungene Improvisation längst in sein Programm aufgenommen und sogar schon auf einer neuen Schallplatte verewigt.“

Depart refire von Harry Sokal

Jazz im Sägewerk

Innovatives Trio: Harry Sokal (Mitte) mit dem Bassisten Heiri Kaenzig und dem Schlagzeuger Martin Valihora

Mozarts private Briefe verarbeitet

Aus Salzburger Sicht besonders interessant ist am kommenden Sonntag das Quartett Mozarts Nightmare. Es verwendet für die Songs auch Auszüge aus Briefen, die Mozart an Frauen in seinem Leben geschrieben hat.

Veranstalter Sepp Grabmaier sagt, auch in der echten Volksmusik werde - wie im Jazz - oft improvisiert - und nicht nur, wenn Musiker und Publikum zu viel Bier erwischt hätten. Es gehe bei beiden Stilen oft auch um spontane Gefühle: „Das passiert in beiden Genres. Es ist nicht nur abhängig davon, ob Musiker leicht betrunken sind oder nicht. Es hängt damit zusammen, dass man aus dem Bauch heraus musiziert und nicht aus dem Kopf.“

„Gondel-Blues“ durch Seilbahn-Störung

Auch die Tiroler Band deeDOLEN war vor Jahren auch schon einmal in Gastein. Bei einem nächtlichen Sommerkonzert auf der Schlossalm blieb bei der Talfahrt die Gondel wegen einer technischen Panne einige Minuten lang stehen. Da entstand dann der „Gondel-Blues“, der heuer beim Snow Jazz sicher auch zu hören ist.

Große Namen

Weitere Bands und Künstler, die bis 22. März auftreten: Blaubauer, trio Vein, Bruckner`s unlimited, CRISSCROSS, DAVID HELBOCKtrio, pommelHORSE, KARL RATZER septet, pianoFORTEBrass, alyKEITAjangalega, Heli Punzenberger & Nane Frühstückl, Libertango, Michaela Rabitsch & Robert Pawlik.

Neues Konzept für touristische Einbindung

Sepp Grabmaier vom Kulturverein Sägewerk in Hofgastein suchte vor 15 Jahren nach einem Finanzierungskonzept für ein eigenes Jazzfestival in der Region. Bei Gesprächen mit einem Freund wurde die Idee für Snow Jazz geboren. Eine Marktlücke, weil es im Spätwinter noch immer europaweit kaum Angebote für Musikfreunde gibt. Dazu kommt, dass viele Wintersportler auch Kulturfreunde und eine gute internationale Zielgruppe für Gastein sind.

Sepp Grabmaier vom Jazz Sägewerk Bad Hofgastein

gastein im bild/Anton E. Lafenthaler

Grabmaier

So kam Grabmaier auf die direkte Einbindung von Hotels, Restaurants, Seilbahnen und Skihütten. Diese dienen beim beim Snowjazz Gastein nun seit 14 Jahren als Veranstaltungsorte.

„Man hätte uns wohl den Vogel gezeigt“

Ohne die direkte Einbindung des regionalen Tourismus als Veranstalter hätte die Finanzierung nicht funktioniert, betont Organisator Sepp Grabmaier: „Da hätten wir hingehen und um Geld bitten müssen. Und da hätten uns wohl alle den Vogel gezeigt. So habe ich die Idee umgedreht: Nicht die Leute aus den Häusern herausholen zum Jazz, sondern die Musik in die Häuser hineinbringen und möglichst viele zum Teil des Festivals werden zu lassen. Deshalb funktioniert das gut. Anders hätte es vermutlich nie funktioniert.“

Insgesamt stehen heuer 19 Konzerte beim Snow Jazz Gastein auf dem Programm. Sieben davon finden auf Skihütten direkt in den Skigebieten statt und sind für das Publikum kostenlos.

Gerald Lehner, ORF Radio Salzburg

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