Spekulation: 340 Mio. Landesgeld in Gefahr

Eine Referatsleiterin der Finanzabteilung des Landes Salzburg soll mit Spekulationsgeschäften seit dem Jahr 2001 einen Riesenverlust verursacht haben. Würden die Finanzveranlagungen heute aufgelöst, stünde das Land vor 340 Millionen Euro Verlust.

Im Mai dieses Jahres war die 45-jährige Finanzmanagerin des Landes erstmals ermahnt worden, weil sie ein Geschäft ohne Bewilligung abgeschlossen hatte. Als sie im Juli trotzdem noch einmal einen solchen Abschluss tätigte, wurde sie beurlaubt. Eine interne Untersuchung startete. Im Oktober wurde ein neuer Experte eingestellt - er stieß nach und nach auf die Ungereimtheiten. Am 26. November gestand die Frau dann, dass sie die hohen Buchverluste verursacht und über viele Jahre versteckt habe.

Diese Buchverluste waren bei hochriskanten Zins- und Währungs-Swaps wahrscheinlich in den Jahren 2006 und 2007 entstanden. Bis heute beträgt das rechnerische Minus nach Angaben der Referatsleiterin rund 340 Millionen Euro.

Höhe des realen Schadens derzeit nicht bekannt

Diese 340 Millionen Euro seien zurzeit nicht verloren, sagte Landesfinanzreferent David Brenner (SPÖ) am Donnerstag immer wieder. Der Verlust bestehe zurzeit auf dem Papier und werde erst wirksam, wenn die Geldgeschäfte schlagend werden. Deshalb ist auch noch nicht klar, wie hoch der Schaden für das Land tatsächlich ist.

Ein externer Experte soll jetzt prüfen, aus welchen Geschäften das Land verlustfrei aussteigen kann und welche Verträge noch weiterlaufen müssen.

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Riskante Geschäfte an Kontrollinstanzen vorbei

Die 45-Jährige hatte 2003 die Ermächtigung zu den Derivat-Geschäften bekommen - allerdings unter Beachtung des Vier-Augen-Prinzips und zahlreicher anderer Kontrollmechanismen.

Doch diese Kontrolle habe die Frau umgangen, betonte Brenner: „Sie hat die Politik über mehrere Legislaturperioden getäuscht. Sie hat den Bundesrechnungshof in zwei Prüfungen und auch den Landesrechnungshof in zahlreichen Berichten getäuscht. Und weil sie diese Buchverluste aufholen wollte - so stellt sich das heute dar -, hat sie, ohne dass sie ihre Vorgesetzten davon informiert hat, ohne dass sie die Genehmigung dafür gehabt hätte, vorbei am zuständigen Finanzbeirat, der solche Geschäfte autorisieren muss, zusätzliche Geschäfte abgeschlossen.“

Um den Riesenverlust auszugleichen, soll die Finanzmanagerin für die eigenmächtigen hochriskanten Finanzgeschäfte auch Politikerunterschriften gefälscht und die Kontrolleure des Rechnungshofs hinters Licht geführt haben: „Dafür muss sie viel Energie aufgewendet haben, sonst wäre das nicht möglich gewesen. Dem Landtag waren ihr Fleiß und ihre fachliche Brillanz seit Jahren bekannt“, sagte Landesrechnungshof-Direktor Manfred Müller.

„Bisher keine Bereicherungsabsicht nachzuweisen“

Dem Leiter der Finanzverwaltung des Landes, Eduard Paulus, fällt es schwer, die Motive der 45-Jährigen zu erkennen: „Ich kann nur sagen: Bis jetzt haben wir keine Bereicherungsabsicht nachweisen können. Ich glaube es auch bis jetzt nicht wirklich. Aber ausschließen kann ich natürlich gar nichts.“

„Menschlich ist das die größte Enttäuschung, die ich jemals erlebt habe“, ergänzte Brenner. „Die Frau genoss höchste Reputation, wir alle haben ihr vertraut. Wir haben ihr wichtige Aufgaben anvertraut, und sie hat uns über Jahre hinweg vorsätzlich getäuscht und belogen.“

Die 45-Jährige nahm auch über Jahre kaum Urlaub - vielleicht, weil bei längerer Anwesenheit das Kartenhaus zusammenbrechen hätte können, vermutete der Finanzreferent.

Staatsanwaltschaft, Rechnungshof eingeschaltet

Die Entlassung der Referatsleiterin wurde jetzt veranlasst, ihr Büro wurde versiegelt. Die Wirtschafts-Staatsanwaltschaft in Wien, Landes- und Bundesrechnungshof wurden eingeschaltet. Auch ein Mitarbeiter der Managerin, der Geschäfte gegenzeichnete, könnte suspendiert werden. Jetzt sollen alle Vorgänge rund um das Finanzmanagement des Landes bis ins Jahr 2001 zurückverfolgt werden.

Brenner will die Verwaltung der Finanzanlagen des Landes Salzburg auf neue Füße stellen: „Ich strebe an, dass das Land Salzburg aus allen risikoreichen Geschäften kontrolliert aussteigt und keine neuen Risiken eingegangen werden.“ Auch das Interne Kontrollsystem und das Vier-Augen-Prinzip für Verträge sollen überprüft werden - „denn auch das hat offensichtlich nicht funktioniert.“

Kritik: Bisher beschwichtigte SPÖ

Der Skandal sorgt für Kritik von ÖVP, FPÖ, Grünen und BZÖ: Das Vertrauen in die Geldgeschäfte des Landes sei „erschüttert“. Auf Anfragen habe es von der SPÖ nur beschwichtigende bzw. keine Antworten gegeben - mehr dazu in Nach Finanzskandal „Vertrauen erschüttert“ (salzburg.ORF.at, 6.12.2012)

Aktueller Rechnungshofbericht zum Thema

Am Donnerstag veröffentlichte auch der Bundesrechnungshof seinen Bericht zu den Derivatgeschäften des Landes Salzburg - darin lobten die Prüfer, dass sich das Land zumindest zum Teil aus risikoreichen Finanzgeschäften zurückgezogen hatte. Empfohlen wurde aber ein weiterer Abbau der Risiken - mehr dazu in 40 Millionen Spekulationsgewinn für Land Salzburg (salzburg.ORF.at, 1.12.2012).

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